110 Amtlicher Bericht über die Derhandlungen der Charlottenburger Stadtverordneten⸗Verſammlung in der außerordentlichen Sitzung am Freitag, den 28. Februar 1913 nach ſtenographiſcher Aufnahme Herausgegeben Tagesordnung. Seite Vorlage betr. Leichenbegängnis des Herrn Oberbürgerm eiſters Schuſtehrus. 111 Rednerliſte. Dr. Frentzel 110 Beginn der Sitzung 6 Uhr 9 Minuten. Vorſteher Dr Frentzel: Meine Herren! Ich bitte die Plätze einzunehmen. Ich eröffne die außerordentliche öffentliche Sitzung und ſtelle zunächſt feſt, daß gegen die Dring⸗ lichkeit unſerer Beratungen von keiner Seite Ein⸗ ſpruch erhoben worden iſt. Als Beiſitzer walten die Herren Stadtverord⸗ neten Dunck und Marzahn. Herr Stadtverordneter Marzahn führt die Rednerliſte. Entſchuldigt ſind die Herren Stadtverordneten Dr Frank, Dr Friedländer, Gersdorff, Harniſch, Hirſch, Dr Perl, Rackwitz, Rieſenberg, Ruß und Schwaß. Meine Herren! In ſchmerzlichſter Trauer, in aufrichtig gefühltem Kummer tief erſchüttert ver⸗ ſammeln wir uns heute an der Stätte unſerer ge⸗ wöhnlichen Arbeit. Der Mann, der ſeit dem 1. Februar 1899 an der vom Magiſtrat. den wir erlitten, zu klagen und offen mit unſerem Schmerze zu bekennen, daß wir wiſſen, was wir an dem Verſtorbenen verloren haben. Der Schlag iſt zu jäh und zu ſchnell auf uns herabgefallen, als daß in uns ſchon die ruhige Beſonnenheit Platz greifen könnte, die nötig wäre, um des Mannes ganzes Wir⸗ ken in allen Punkten zu würdigen. Aber ehe wir uns an die Arbeit des heutigen Abends, dem Toten eine würdige Feier zu bereiten, begeben, geſtatten Sie, daß wir uns noch einen Augenblick bei dem Bilde aufhalten, das der Lebende in uns hinterlaſſen hat. Dieſes Bild war das einer ſtarken, machtvollen und charaktervollen Perſönlich⸗ keit; es war das Bild, das auf jeden, der mit Schuſtehrus in Berührung kam, einen bedeutenden Eindruck machen mußte und machte. Und trotzdem war dieſer Eindruck ſtets ein wohltuender, ein ſolcher, der die Herzen und die Menſchen zu ſich heranzog und der ſchon im erſten Augenblick der Bekanntſchaft Vertrauen und Offenheit erweckte. Denn bei aller Würde und Feſtigkeit, die Schuſtehrus unleugbar in hohem Maße beſaß, war doch der hervorſtechendſte Zug ſeines Weſens eine offene und freundliche Herz⸗ lichkeit, die nichts anderes war als der Ausdruck und der Abglanz ſeines wahren innerſten Seins. Denn der tiefſte Kern dieſes Menſchen war eine edle und offene, ſchöne und warme Menſchlichkeit und Nächſtenliebe. Er liebte die Menſchen und ihr Tun und Treiben. Darum war er auf den richtigen Platz geſtellt, auf den Platz, an dem er für Tauſende und Hundert⸗ tauſende ſorgen und ſchaffen konnte, mitten hinein in die Fülle werktätigen Werdens und Wachſens. Spitze unſerer ſtädtiſchen Verwaltung ſtand und den] Er liebte die Menſchen und darum war er gerecht wir mit Stolz auf dieſem Platze ſahen, iſt uns durch den Tod genommen worden. All die bangen Sorgen und Befürchtungen, die wir ſeit mehr als einer Woche um ihn empfinden mußten, ſind nicht unbegründet geweſen, und alle unſere Hoffnungen und Wünſche, die wir für ihn hegten, ſind umerfüllt geblieben. Eine jede Stunde hat ihr eigenes Recht, und das Recht dieſer Stunde wahrlich iſt es, um den Verluſt, zu ihnen und achtete ſie, er achtete ſie, ob hoch oder niedrig. Er ſah in den vielen Hunderten, die in unſerem ſtädtiſchen Dienſt beſchäftigt ſind, niemals bloße Werkzeuae und Handlanger, ſondern er ſah in ihnen ſeine Mitarbeiter, Männer, die mit ihm an dem gleichen Ziele tätig ſind. Aber ſein warmes Herz ſchlug am wärmſten für diejenigen, die an der Not und Mühe dieſes Lebens