123 Sitzung vom 6. März 1913 Wenn Sie hier eine verhältnismäßig hohe Summe für den Nachhilfeunterricht angeſetzt finden, ſo bitte ich, doch zu berückſichtigen, daß wir damals, als wir den Nachhilfeunterricht einzuführen be⸗ ſchloſſen, gleichzeitig eine Reviſion unſeres Lehr⸗ planes vorgenommen haben, die dazu führte, daß eine ganze Anzahl von lektionsplanmäßigen Stunden geſtrichen wurde, und zwar iſt das in den Beratungen, die hierüber gepflogen worden ſind, unter ausdrück⸗ lichem Hinweis darauf geſchehen, daß es durch den Nachhilfeunterricht ermöglicht würde, den lektions⸗ planmäßigen Unterricht für ſämtliche Schüler etwas zu verkürzen. Wenn Sie erwägen, wie viel Stunden in den Lehrplänen der einzelnen Klaſſen damals ge⸗ ſtrichen worden ſind, ſo ſtellt ſich das Reſultat bei der heutigen Klaſſenzahl folgendermaßen. Es werden in der Grundklaſſe 311,5 Stunden weniger erteilt, dann 146 Stunden in den 5. Klaſſen, 68 Stunden in den 3. Klaſſen und 34 in den 2. Klaſſen. Die Geſamtſtundenzahl, die in den Char⸗ lottenburger Gemeindeſchulen weniger zu erteilen iſt, beträgt alſo 560. Um dieſen Unterricht zu erteilen, würden 22 Lehrkräfte nötig ſein, und das würde be⸗ deuten, daß allein an den Lehrkräften eine Summe von 82 000 % geſpart wird. Es iſt zuzugeben, daß die neuen Maßnahmen nach anderen Richtungen hin gewiſſe Mittel erfordern, und zwar deshalb, weil die B-Klaſſen wegen ihrer geringen Frequenz mehr Lehrer und mehr Schulräume brauchen. Aber gerade dieſer Nachhilfeunterricht koſtet, wenn er unter dem oben angegebenen Geſichtspunkt betrachtet wird, re⸗ lativ wenig. Meine Herren, ich möchte Sie bitten, noch ein⸗ mal zu vergleichen, was denn in dieſem neuen Etat für das Volksſchulweſen ausgeworfen wird. Der Etat des vorigen Jahres betrug bereits mehr als 4 Millio⸗ nen Mark, und in dieſem Jahre ſind ganze 31 800 %ℳ hinzugekommen. Das iſt eine ſo außer⸗ ordentlich winzige Erhöhung, wie ſie noch niemals vorgekommen iſt, ſolange ich die Ehre habe, hier zu ſtehen, wahrſcheinlich überhaupt noch nie vor⸗ gekommen iſt; denn dieſe Erhöhung, alles in allem genommen, beträgt noch nicht einmal 1%, (Hört, hört!) und dabei müſſen wir doch damit rechnen, daß die Schülerzahl von Jahr zu Jahr und infolgedeſſen auch die Zahl der Lehrer und Klaſſen wächſt. Sie werden, wenn Sie erwägen, in welchem Maße das bisher geſchehen iſt, zu dem Reſultat kommen, daß wir mit einer Erhöhung von 3 bis 4% rechnen müſſen. Die Erhöhung in dem Etat beträgt aber nur 4. Das iſt ganz außerordentlich niedrig. Ich möchte Sie bitten, einmal zu vergleichen, ob irgend ein Etat auch nur annähernd ſo wenig Zuſchuß bekommen hat, wie hier der Volksſchuletat. Deshalb möchte ich diejenigen, welche aus finan⸗ ziellen Erwägungen noch etwas ſtreichen wollen und vielleicht meinen, bei der großen Poſition werde ſich leicht etwas abſetzen laſſen, dringend bitten dieſem außerordentlich wichtigen Kapitel der Volksbildung nichts zu entziehen. Ich möchte auch die Herren von der Majorität, die ſonſt immer energiſch für das Volksſchulweſen eingetreten ſind, bitten, ſich diesmal nicht untreu zu werden. Ich bitte, die Poſition in vollem Umfange bewilligen zu wollen. (Bravo!) Stadtv. Schwarz: Meine Herren! Ich muß noch kurz auf die pädagogiſchen Erwägungen zurück⸗ kommen. Der Nachhilfeunterricht kommt am meiſten den B⸗Klaſſen zu gute. Die B⸗Klaſſen ſind wie Pilze aus der Erde geſchoſſen. Wir brauchten für dieſen Nachhilfeunterricht nicht ſo viel auszugeben, wenn die B⸗Klaſſen nicht ſo ſchnell ins Kraut ſchöſſen. Das liegt daran, daß die Kinder nicht erſt 2 Jahre in einer und derſelben Klaſſe ſitzen müſſen, ehe feſtge⸗ ſtellt wird, daß ſie für eine B⸗Klaſſe qualifiziert ſind. Nach meinen Feſtſtellungen iſt ein zweijähriges Sitzenbleiben Vorbedingung für die Ausſchließung nicht nur von den höheren Lehranſtalten für die männliche IJugend, ſondern nach einem Miniſterialerlaß aus der jüngſten Zeit iſt es auch für die höheren Lehranſtalten für die weibliche Iugend vorgeſchrieben. Auch in Mittel⸗ ſchulen, z. B. in Frankfurt a. M., wird es ſo ge⸗ halten, und endlich kommt aus vielen Ge⸗ meindeſchulen kein Kind in die Hilfs⸗ ſchule, wenn es nicht erſt 2 Jahre ver⸗ gebens in einer und derſelben Klaſſe geſeſſen hat. Wir könnten alſo analoger Weiſe das Tempo mäßigen, in welchem Kinder in die B⸗Klaſſen kommen, d. h. das Tempo, in welchem letztere ſich vermehren. Dann bin ich grundſätzlich der Meinung, daß an dem B-Syſtem nicht alles einwandfrei iſt — ich bin nun zur Klarſtellung des pädagogiſchen Motivs meines Antrages gezwungen, darauf einzugehen —, denn es ſtellen ſich heute bereits Anzeichen dafür ein, daß durch die fortgeſetzten Umſchulungen, nämlich durch die aus Abfüllung in B⸗Klaſſen reſultierende halbjährige Auffüllung der N⸗Klaſſen die Ver⸗ ſetzungsreſultate in dieſen Normalklaſſen nunmehr zurückgehen, und doch war die Steigerung der Ver⸗ ſetzungsziffern der Zweck, dem das B⸗Syſtem ſeine Entſtehung verdankt. Vorſteher Dr Frentzel (unterbrechend): Herr Kollege Schwarz, darf ich Sie darauf aufmerkſam machen, daß das B-Syſtem nicht zur Debatte ſteht. Stadtv. Schwarz: Ganz recht, die Nachhilfe wird aber auch dadurch bedingt, daß alle halbe Jahre Kinder in jede Klaſſe kommen können und daß die Verſetzung in den betreffenden Klaſſen dadurch ge⸗ fährdet iſt. Von dieſem Geſichtspunkte aus habe ich die Finanzſeite geprüft und bin bei dieſer Gelegenheit zu meinen Prozentſätzen gekommen, die im Durch⸗ ſchnitt 12 % ergeben, und das macht 10 000 %] aus. Stadtv. Dr. Crüger: Meine Herren! Nur ein paar kurze Bemerkungen! Ich gehöre in dieſem Falle nicht zu der Mehrheit meiner Fraktion, die hinter dem Antrag Schwarz ſteht. Ich möchte auf fol⸗ gendes aufmerkſam machen. Die Herren reden etwas aneinander vorbei. Es wird hier von der Finanzfrage geſprochen. Mit Recht iſt da gleich von anderer Seite darauf aufmerkſam gemacht worden: welche merkwürdige Idee, hier bei dieſen Dingen Erſparniſſe erzielen zu wollen! Dage⸗ gen wenden ſich nun wieder die, die den Finanzſtand⸗ punkt geltend gemacht haben, und ſagen: nein, es handelt ſich hier um eine pädagogiſche Frage. Nun