Sitzung vom 6. März 1913 mehr einziehbar ſind, wieviel von den Leuten, die eigentlich zahlen müßten, aber nicht zahlen können oder behaupten nicht zahlen zu können, nicht ein⸗ ziehbar iſt. Wir möchten gern nach dieſer Richtung eine gewiſſe Ueberſicht haben. Stadtrat Boll: Meine Herren! Ich möchteé darauf aufmerkſam machen, daß es eine große Ar⸗ beit verurſachen würde, wenn wir das jetzt noch nachträglich feſtſtellen ſollten. Gegen den Antrag habe ich durchaus nichts einzuwenden, wenn es für das neue Etatsjahr geſchehen ſoll. Nachträglich müſſen jedoch ſämtliche Aktenſtücke der Armenver⸗ waltung durchgeſehen werden. Es läßt ſich gewiß machen, verurſacht aber unverhältnismäßig viel Arbeit. Stadtv. Dr. Bauer: Mein urſprünglicher Wunſch ging nur dahin, daß es für das nächſte Jahr ge⸗ macht werden möchte. Wenn das geſchieht, ſind wir vollkommen damit einverſtanden. Vorſteher Dr Frentzel: Ich darf darauf auf⸗ merkſam machen, daß der Antrag lautet: im kom⸗ menden Etatsjahre. Das Wort hat nochmals der Herr Referent. Berichterſtatter Stadtv. Zander: Meine Herren! Ich war vorhin nicht zu Ende gekommen, hatte nur die Ausgaben erwähnt. Die Krankenanſtalten haben auch Einnahmen. Der Etatsausſchuß empfiehlt Ihnen, in Abſchnitt 1 Nummer 2 Kur⸗ und Verpflerungsgelder — die Poſition „von dem Abonnementsverein von Dienſtherr⸗ ſchaften“ auf 60 000 ℳ und die Poſition „von ſonſtigen Verpflichteten“ auf 192 000 % zu er⸗ höhen. Gleichzeitig wird der Stadtverordnetenver⸗ ſammlung folgende Reſolution empfohlen: Der Magiſtrat wird erſucht, die Frage einer Erhöhung der Kurkoſtenſätze für Aus⸗ wärtige einer eingehenden Erwägung zu unterziehen. Stadtv. Ahrens: Meine Herren! Ich möchte Sie bitten, dieſer eben verleſenen Reſolution nicht zu⸗ zuſtimmen. Dieſe Reſolution richtet ſich, wie aus den Reden im Etatsausſchuß hervorging, in der Haupt⸗ ſache gegen die Stadt Wilmersdorf, die es noch nicht fertig gebracht hat, für ihre Gemeindemitglieder ein Krankenhaus zu bauen. Wenn Sie aber die Kranken betrachten, die als der Wilmersdorfer Gemeinde an⸗ gehörig dem Charlottenburger Krankenhauſe zuge⸗ wieſen werden, ſo ſind es etwa 50 im ganzen Jahre geweſen, und ich möchte behaupten, daß von dieſen 50 mindeſtens 80 % Krankenkaſſenmitglieder ſind. Daher hat es gar keinen Wert, daß Sie dieſe Reſolu⸗ tion faſſen, denn der Magiſtrat wird mit einer Er⸗ höhung der Kurkoſtenſätze niemals durchkommen, da die Krankenkaſſen das kann ich für ſämtliche Kran⸗ kenkaſſen erklären — ſich eine Erhöhung der Kur⸗ koſtenſätze nicht gefallen laſſen würden. Die Kranken⸗ kaſſen haben keine Verpflichtung, Krankenhauskoſten zu zahlen, ſie haben nur eine Berechtigung dazu. Die Stadt Schöneberg hat es vor einigen Jahren verſucht, ein derartiges Exempel zu ſtatuieren; ſie hat aber die Erfahrung machen müſſen, daß ſich die Krankenkaſſen geweigert haben, die erhöhten Kurkoſten zu zahlen und ſchon nach einem Vierteljahr mußte die Stadt Schöneberg von der Erhöhung wieder heruntergehen. 129 Ich bitte Sie alſo, meine Herren, aus dieſem Grunde der Reſolution nicht zuzuſtimmen. Statdv. Vogel: Ebenſo wie für die Arbeiter und Angeſtellten in anderen ſtädtiſchen Betrieben bean⸗ tragen wir für die in den Krankenanſtalten angeſtell⸗ ten Arbeiter, Pfleger und Pflegerinnen, deren Ge⸗ halt unter 2000 ℳ beträgt, eine Teurungszulage von 6 % bis zum 1. Oktober d. I. zu bewilligen. (Andauernde große Unruhe.) Vorſteher⸗Stellv. Dr Hubatſch: Meine Herren! Es iſt kaum zu verſtehen, was der Redner ſagt! Stadtv. Vogel (fortfahrend): Für diejenigen Arbeiter und Arbeiterinnen, die freie Station haben, könnte ja der Satz von 6% ermäßigt werden. Ich kann nicht überſehen, wieviel das ſind. Den anderen Angeſtellten und Arbeitern aber, die nicht freie Sta⸗ tion haben, beantragen wir, eine Teurungszulage von 6% zu gewähren. Stadtv. Dr. Borchardt: Meine Herren! Die Re⸗ ſolution, die mein Freund Ahrens bereits bekämpft hat, iſt uns hier empfohlen worden einfach mit den Worten: der Etatsausſchuß empfiehlt, den Magiſtrat zu erſuchen, die Frage einer Erhöhung der Kurkoſten⸗ ſätze für Auswärtige einer eingehenden Erwägung zu unterziehen. Weder der Herr Referent noch irgend⸗ einer der Herren Kollegen, die dieſer Reſolution zu⸗ geſtimmt haben, hat es für nötig gehalten, auch nur ein Wort zur Begründung der Reſolution gegenüber den Ausführungen meines Kollegen Ahrens vorzu⸗ bringen. Da muß ich doch ſagen: das ſieht ſo aus, als ob dieſe Reſolution von der Mehrheit als etwas ganz Selbſtverſtändliches angeſehen wird, ſo daß es die Mehrheit gar nicht mehr für nötig hält, auch nur mit einem begründenden Wort auf die Notwendig⸗ keit hinzuweiſen. Es klingt ja auch recht plauſibel, wenn man ſagt: der Magiſtrat möge doch mal er⸗ wägen, ob nicht die Kurkoſtenſätze für Auswärtige erhöht werden können. In der milden Form „der Magiſtrat möge erwägen“ kann man das ſo quasi als ſelbſtverſtändlich anſehen, namentlich wenn man ſich auf den Standpunkt ſtellt: der Magiſtrat wird ſchon mit ſeinen Erwägungen das Richtige treffen, — ein Standpunkt, den allerdings Herr Kollege Stadt⸗ hagen vorhin nicht einnehmen wollte, als er aus⸗ führte, daß alles, was vom Magiſtrat kommt, einer ſorgſamen Prüfung bedürfe. Meine Herren, dieſe Reſolution iſt keineswegs ſelbſtverſtändlich. Man kann ſie als ſelbſtverſtänd⸗ lich anſehen, wenn man der Meinung iſt, der Herr Kollege Stadthagen hier in der erſten Plenar⸗ beratung des Etats Ausdruck gegeben hat, der Mei⸗ nung nämlich, daß unſere Krankenhäuſer von Aus⸗ wärtigen geradezu überſchwemmt werden, — eine Aeußerung, die, um mich ganz milde parlamentariſch auszudrücken, auf einer durchaus mangelhaften In⸗ formierung beruhte oder richtiger auf keiner Infor⸗ mierung beruhte; denn tatſächlich werden unſere Krankenhäuſer von Wilmersdorf in keiner Weiſe überſchwemmt, es iſt ganz verſchwindend, was von Wilmersdorfer Kranken nach Charlottenburg kommt. Ich möchte Sie dringend warnen, dieſe Reſo⸗ lution anzunehmen, wenn Sie überhaupt Ihren Re⸗ ſolutionen irgendwelchen Nachdruck und Wert ver⸗ leihen wollen. Denn das Reſultat iſt ganz einfach,