138 Jetzt kommen wir zur Abſtimmung über das Kapitel IX und die vom Herrn Referenten ge⸗ ſtellten Anträge. (Die Verſammlung ſtellt Kapitel IX — Feuer⸗ löſch⸗ und Straßenreinigungsweſen — in Einnahme und Ausgabe nach dem Voranſchlage des Magiſtrats unverändert feſt und beſchließt nach dem Antrage des Etatsausſchuſſes: a) den Magiſtrat um eine Vorlage zu erſuchen, durch welche eine Verbeſſerung der Kün⸗ digungs⸗ und Urlaubsverhältniſſe der Feuer⸗ wehrleute herbeigeführt wird; im übrigen die Petition von Mannſchaften der Feuerwehr dem Magiſtrat als Material für die nächſte Reviſion des Normaletats zu überweiſen.) 5) Wir kommen dann zu Kapitel X. Volksgeſundheitspflege. Berichterſtatter Stadtv. Stulz: Meine Herren! Der Etatsausſchuß hat folgende Abänderung be⸗ ſchloſſen: Ausgabe, Abſchnitt 8 Nummer 2a — rohe Kindermilch in Flaſchen — wird herabgeſetzt auf 38 650 ℳ. Mit dieſer einen Abänderung empfiehlt der Ausſchuß die Annahme des Kapitels X. Vorſteher Dr Frentzel: Es iſt ein Antrag der Herren Ahrens, Bade und Gen. eingegangen: Kapitel X. Ausgabe, Abſchnitt 8 Num⸗ mer 2a — rohe Kindermilch in Flaſchen — wird in der Höhe der Magiſtratsvorlage mit 45 650 ℳ ſtatt 38 650 ℳ wiederhergeſtellt. Ueber dieſen Antrag iſt namentliche Abſtimmung beantragt. Die Anzahl der Unterſchriften reicht für dieſen Antrag aus. Stadtv. Dr. Borchardt: Meine Herren! Gerade bei dieſem Kapitel, ſpeziell bei dem Abſchnitt Nr. §, in welchem der Antrag auf Herabſetzung der Poſi⸗ tion 2a um 7000 ℳ beſchloſſen worden iſt, zeigt ſich ſo recht deutlich, daß Herr Kollege Stadthagen durch⸗ aus unrecht hat, wenn er vorhin ausführte, im Aus⸗ ſchuß ſeien von vornherein alle Poſitionen, die der Magiſtrat vorgeſchlagen hat, daraufhin geprüft wor⸗ den, ob ſie nicht nur notwendig, ſondern auch för⸗ derlich und nützlich ſind, und es ſei dann nachher nach dem geſamten Abſchluß und der dadurch beding⸗ ten Geſtaltung des Etats im Steuerkapitel die Her⸗ abſetzung der Steuern auf 100% vorgenommen wor⸗ den. Wäre das der Fall geweſen, hätte man in einer ſolchen rein objektiven Weiſe die verſchiedenen Poſitionen geprüft, ſo wäre der Ausſchuß nun und nimmer dazu gekommen, dieſe Poſttion um 7000 % herabzuſetzen, eine Herabſetzung, die allerdings nur mit der ganz ſchwachen Mehrheit von 8: 7, wenn mich meine Erinnerung nicht täuſcht, zuſtande ge⸗ kommen iſt, und die meine Freunde und hoffentlich auch recht viele von Ihnen aufs tiefſte beklagen, und von der wir hoffen, daß ſie trotz der kompakten Ma⸗ ſorität, die ſich bisher hier zuſammengefunden hat, doch noch wieder rückgängig gemacht werden wird. Gerade bei der Beratung dieſes Kapitels zeigte ſich von vornherein, wie die ganzen Beratungen aus⸗ ſchließlich unter dem Geſichtspunkt geſtanden haben: im Steuerkapitel müſſen wir auf 100% ſtehen blei⸗ ben, mag es biegen oder brechen, mag es kommen, wie es will, die Abſtriche müſſen gemacht werden. Sitzung vom 4. März 1913 Meine Herren, beim Kapitel Säuglingsfürſorge haben wir im ganzen eine Ausgabe von 183 000 ℳ. Die Herren von der kompakten Majorität wieſen auf dieſe koloſſalen Ausgaben hin im Vergleich mit den viel geringeren Ausgaben anderer Gemeinden. Sie ſprachen davon, daß auf dem Gebiete der Säuglings⸗ fürſorge in Charlottenburg ſo außerordentlich viel geſchieht, daß viel zu viel auf dieſem Gebiete ge⸗ ſchehe, daß die Erfüllung ſozialer Aufgaben ja eine ganz ſchöne, angenehme Sache ſei, daß man aber darin um Gottes willen nicht zu weit gehen ſolle, und daß Charlottenburg bereits auf dieſem Stand⸗ punkt angekommen ſei und viel zu weit gehe. 183 000 ℳ für dieſen Zweck auszugeben, das ſei ganz unerhört. Man müſſe dem Magiſtrat durch Herunterſtreichung der Summe ein „Bis hierher und nicht weiter!“ zurufen. Man dürfe etwa nur bis zu 150 000 gehen und müſſe ſagen: Mit dieſen 150 000 %ℳ richte dich ein für dieſen Zweck. Natürlich kann dabei von einer eingehenden Prü⸗ fung der Bedürfniſſe, einer eingehenden Prüfung der Berechtigung der einzelnen Poſitionen gar keine Rede mehr ſein, wenn man dem Magiſtrat ſagt, er ſoll ſich mit einem beſtimmten Dispoſitions⸗ quantum einrichten. Das verdichtete ſich denn auch nicht gerade bis zu einem Antrage, es blieb bei dieſer Anregung. Den Herren von der Mehrheit war es dabei vollkommen entgangen, daß bereits im vorigen Jahre dieſes Kapitel Säuglingsfürſorge eine Höhe von 176 000 /ℳ erreicht hatte, daß jetzt eine neue Säug⸗ lingsfürſorgeſtelle im Etat eingerichtet wird, die allein ſchon 9000 ℳ erfordert mit allem, was dazu gehört, daß alſo aus dieſen beiden Zahlen allein ſchon hervorgeht, daß gerade auf dieſem Gebiet der Magiſtrat mit ſorgſamſter Prüfung vorgegangen iſt. Jeder, der ſich dieſen Abſchnitt im einzelnen an⸗ ſieht, wird auch ſehen, wie der Magiſtrat bereits die Poſitionen gegenüber denen des Vorjahres zum Teil nicht unerheblich herabgeſetzt hat. Um ſo unberech⸗ tigter wäre es, wenn auf dieſem Gebiet von der Stadtverordnetenverſammlung noch weitere Ab⸗ ſtriche geſchähen, und gerade bei der Poſition rohe Kindermilch müſſen meine Freunde ſich mit allem Nachdruck dagegen wenden, daß im Etatsausſchuß geſagt worden iſt: für dieſe Kinder brauche man nicht die gute Milch zu 32 Pf., für dieſe Kinder genüge durchaus die Milch zu 22 Pf., (Stadtv. Hirſch: Hört! hört!) wodurch eben die Erſparnis von 7000 ℳ herbeige⸗ führt worden iſt. Um feſtzuſtellen, ob das, was im Ausſchuß eine ſo ſchwache Mehrheit gefunden hat, hier im Plenum nicht doch abgelehnt werden wird, genen wir den Antrag auf namentliche Abſtimmung geſtellt. (Bravo! Bravo! bei den Liberalen.) Stadtv. Vogel: Ich muß die Ausführungen noch etwas ergänzen. Statt daß man die Summe ernie⸗ drigt, iſt es notwendig, ſie zu erhöhen, und zwar einfach deshalb, weil noch eine ſiebente Fürſorgeſtelle eingerichtet worden iſt. Das iſt ja erſt in der letzten Sitzung beſchloſſen worden. Wenn eine neue Für⸗ ſorgeſtelle eröffnet wird, kommen doch weitere Mütter mit ihren Kindern hin, und dann wird doch mehr Milch gebraucht. Das iſt aanz ſicher. Wenn ſie die Kinder nicht ſelbſt ſtillen können, ſo muß doch Kuh⸗