Sitzung vom 6. März 1913 Meine Herren, mit dieſen Kreiſen hat man zu rechnen, und für dieſe Kreiſe war die Summe aus⸗ geworfen, und das Gute, das wir ſtiften, kommt in letzter Linie doch wieder der Geſamtheit zugute. Wenn wir dafür ſorgen, daß eine kräftige Generation heranwächſt, dann dienen wir damit einmal unſeren eigenen Intereſſen, dann zeigen wir damit aber zu⸗ gleich auch, daß wir wirklich vaterländiſche Geſinnung haben, daß wir das Wort Patriotismus nicht nur im Munde führen, ſondern uns auch in patriotiſchem Sinne betätigen. Dann verhindern wir auch, daß ſo viele Leute ſpäter infolge von Krankheit früh dahin⸗ ſterben oder lange krank dahinſiechen und der Armen⸗ verwaltung zur Laſt fallen. Herr Kollege Wöllmer ſagte, ſeine Freunde hätten ſtets gezeigt, daß es ihnen mit der Erfüllung ihrer ſozialen Pflichten ernſt ſei. Meine Herren, ſtets haben Sie das nicht gezeigt. Wenn Charlottenburg auf ſozialem Gebiete anderen Gemeinden voran iſt, ſo verdankt es das wahrhaftig nicht den Freunden des Herrn Kollegen Wöllmer in erſter Linie. (Widerſpruch.) Sehen Sie ſich doch bitte in der Geſchichte der Stadt Charlottenburg um! (Zuruf.) —. Herr Kollege Jolenberg, Sie haben doch nie für eine ſoziale Aufgabe geſtimmt. (Sehr gut!) Ich glaube auch nicht, daß Herr Kollege Wöllmer, als er das ſagte, Sie im Auge gehabt hat; da ſprach er nicht für den ganz reaktionären Teil ſeiner Fraktion, dem Sie angehören. — Wenn Sie ſich in der Geſchichte der Stadt Charlottenburg umſehen, werden Sie fin⸗ den, daß die Anregungen auf ſozialem Gebiete ab⸗ geſehen von den Anregungen, die von meinen Freun⸗ den ausgegangen ſind — faſt immer vom Magiſtrat aus erfolgt ſind, und daß es oft ſchwerer Kämpfe be⸗ durfte, um die Vorlagen des Magiſtrats durchzu⸗ bringen. Sie wären in ſehr vielen Fällen nicht zur Annahme gelangt, wenn wir nicht dafür geſtimmt hätten. (Ahal) Ich tann ſagen: trotz des Widerſtandes, den einige Freunde des Herrn Kollegen Wöllmer — nicht alle — leiſten, iſt es doch gelungen, in Charlottenburg auf ſo⸗ zialem Gebiete etwas zu tun. Auber ſelbſt, wenn das richtig wäre, daß Sie ſich ſtets Ihrer ſozialen Pflichten bewußt geweſen ſind, ſo würden Sie den ganzen Ruhm, den Sie bisher er⸗ worben haben, auslöſchen, wenn Sie es fertig be⸗ fämen, gegen die vom Magiſtrat verlangte Summe zur Bekämpfung der Säuglingsſterblichkeit zu ſtimmen. (Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.) (Ein Antrag auf Schluß der Beſprechung wird angenommen.) Stadtv. Dr 2 . (zur Geſchäftsordnung): Ich bedaure, durch den Schluß der Debatte verhin⸗ dert zu ſein, meine Abſtimmung und die eines Teils meiner Freunde begründen zu können. 141 Stadtv. Dr. Borchardt (zur Geſchäftsordnung): Ich wollte nur darauf aufmerkſam machen, daß uns früher bei Anträgen auf Schluß der Debatte vor der Abſtimmung die Rednerliſte bekannt gegeben wurde. Vorſteher Dr Frentzel: Es iſt das auch von mir bisher ſo gehandhabt worden; in dieſem Falle habe ich es leider vergeſſen. Da neue Anträge nicht vorliegen, kommen wir nunmehr zur namentlichen Abſtimmung über den Abſchnitt § Nr. 2a — rohe Kindermilch in Flaſchen —, und zwar dahingehend, daß die Magiſtratsvorlage in Höhe von 45 650 ℳ wiederhergeſtellt werden ſoll, während der Ausſchuß hier nur 38 650 ℳ eingeſetzt hat. Wir beginnen bei der namentlichen Abſtimmung mit Spalte 3. Ich bitte diejenigen Herren, welche die Poſition in der Höhe der Magiſtratsvorlage, alſo den ſozialdemokratiſchen Antrag, annehmen wollen, mit Ja zu ſtimmen, die andern mit Nein. Stadtv. Kaufmann (zur Frageſtellung): Ich möchte bitten, den Antrag nicht den ſozialdemokrati⸗ ſchen Antrag zu nennen, ſondern Antrag auf Wieder⸗ herſtellung der Magiſtratsvorlage. Vorſteher Dr Frentzel: Ich bitte alſo diejenigen, welche dem Antrag, die 45 650 ℳ wieder einzuſetzen, zuſtimmen wollen, mit Ja zu antworten, und die⸗ jenigen, welche ihn ablehnen wollen, mit Nein zu ſtimmen. Stadtv. Dr. Stadthagen (zur Geſchäftsordnung): Ich bitte, doch mitzuteilen, daß diejenigen mit Nein zu ſtimmen haben, die dem Antrag des Etatsaus⸗ ſchuſſes zuſtimmen wollen. Vorſteher Dr Frentzel: Ich glaube, das iſt doch wohl fünf Mal geſagt worden. (Stadtv. Hirſch: So klug iſt doch jeder!) Wir beginnen mit Spalte 2. Herr Kollege Marzahn wird die Namen verleſen. (Der Namensaufruf erfolgt. Es ſtimmen mit Ia die Stadtverordneten Dr Borchardt, Erd⸗ mannsdörffer, Gebert, Guttmann, Hirſch, Ja⸗ cobi, Kaufmann, Klick, Dr Landsberger, Leh⸗ mann, Richter, Scharnberg, Scheel, Stulz, Vogel, Wilk; mit Nein die Stadtverordneten Bergmann, Boll⸗ mann, Braune, Dunck, Dr. Frentzel, Dr Genz⸗ mer, Gredy, Harniſch, Imberg, Jolenberg, Kerb, Kern, Laskau, Dr. Liepmann, Litten, Marzahn, Mosgau, Neukranz, Otto, Panſchow, Protze, Dr. Rothholz, Schwarz, Dr. Stadthagen, Walther, Weiſe, Wenig, Wenzke, Wöllmer, Zander. (Das Ergebnis der Abſtimmung wird ermittelt.) Das Reſultat der Abſtimmung iſt folgendes. Es haben 16 Herren mit Ja und 30 Herren mit Nein geſtimmt; der Antrag auf Wiederherſtellung der Ma⸗ giſtratsvorlage iſt alſo abgelehnt. (Stadtv. Hirſch: Die Verſammlung iſt nicht beſchluß⸗ fähig!) — Mit 46 Stimmen iſt ſie immer beſchlußfähig.