146 Sitzung vom Zeit der Fall eintreten, daß die Räume für andere Iwecke gebraucht werden, und dann tritt das ein, was wir jetzt mit Leichtigkeit haben können, daß wir die Säuglinge, was uns vielleicht am unangenehmſten iſt, wieder anderweitig plazieren müſſen. 4 Nun haben wir die Gelegenheit, augenblicklich einem Verein die Unterbringung der Säuglinge über⸗ tragen zu können. Da begreife ich nicht, weshalb der Magiſtrat nicht zufaßt. Der Magiſtrat ſagt, es handle ſich hier nur um die Unterbringung für ein Jahr. Ich nehme an, daß es, nachdem ſich Wohl⸗ täter gefunden haben, die das Manko decken, auf ver⸗ ſchiedene Jahre hinaus geſchieht. Wenigſtens können wir erwarten, daß die Herren die Unterſtützung auf eine längere Reihe von Jahren geben. 2 Die Anſtalt verlangt von uns einen Zuſchuß von 3000 ℳ für jedes Kind. Wenn wir berechnen, welche Unkoſten uns daraus erwachſen, wenn wir dieſe 40 Kinder übernehmen, ſo komme ich auf un⸗ gefähr 15 000 ℳ; denn wir berechnen uns den Pflegeſatz im Krankenhaus pro Kopf zwiſchen 4,20 %ℳ und 4,60 ℳ, — ſo ungefähr, es kommt auf ein paar Pfennige und einen Groſchen nicht an. Wenn ich bei 40 Säuglingen nur 1 ℳ mehr rechne, ſo würde das allein ſchon 15 000 ℳ ausmachen, während wir jetzt mit einem Zuſchuß von 3000 ℳ fortkommen. Aber, meine Herren, die Sache hat doch noch einen anderen Haken. Wir ſollten doch wohltätige Beſtrebungen, die von privater Seite ausgehen, un⸗ bedingt unterſtützen, und wenn wir ſehen, wie die Leute, ſofern ſie unterſtützt werden, ſich darum be⸗ mühen, die Säuglinge zu erhalten, ſollten wir doch wirklich die Hand dazu bieten und nicht aus den vom Magiſtratstiſch angegebenen Gründen, die mich wahr⸗ lich nicht haben überzeugen können, ſagen: nein, die Säuglingsklinik ſoll ruhig eingehen, wir übernehmen das nicht. Ich glaube ſicher, es wird die Zeit kom⸗ men — und ſie wird vielleicht nicht allzu fern liegen —, daß wir ſagen, es wäre richtiger geweſen, die Hand dazu zu bieten, um das Weiterbeſtehen dieſer Säug⸗ lingsklinik zu ermöglichen. Sie wiſſen ganz genau, daß die Klinik nicht beſtehen kann, wenn die Stadt nicht den Zuſchuß gibt. Wenn wir ſo billig dabei fortkommen und außerdem das Fortbeſtehen der Klinik damit ermöglichen, ſo ſollten wir unbedingt die Hand dazu bieten. Ich befürworte deshalb den An⸗ trag des Herrn Stadtv. Kaufmann auf das Wärmſte. Stadtv. Kaufmann: Ich für meine Perſon habe gar kein Intereſſe an der Erhaltung dieſer Klinik; im Gegenteil, ich hätte den Wunſch, die Laſt und Verantwortlichkeit los zu werden. Nun beſtand aber für mich gar kein anderer Weg. Nachdem der Be⸗ ſcheid des Magiſtrats, datiert vom 27. Februar, am 2. März auf dem Umweg über die Herren Aerzte der Charlottenburger Säuglingsfürſorgeſtelle in meine Hände gelangt war, hielt ich es für meine Pflicht, eine Sache, die ich als im Intereſſe der Stadtgemeinde liegend anſah, wieder einzurenken. Wenn ſich der Magiſtrat darauf ſtützt, daß der Beſchluß vom 13. Fe⸗ bruar aufrecht erhalten werden müſſe, ſo hätte er, wenn er, wie Herr Stadtrat Dr Gottſtein ausführte, konſequent ſein wollte, den leitenden Aerzten ſagen müſſen: Wir bedauern, überhaupt auf die Sache nicht eingehen zu können — und man hätte ſie nicht an das Komitee verweiſen ſollen. Das Komitee iſt in⸗ folgedeſſen in die unangenehme Lage gekommen, ſich auf der einen Seite neuen Sukkurs zu holen, auf der 6. März 1913 andern Seite bei der Oberin und den Schweſtern den Gedanken wieder zu erwecken, daß die Sache fortge⸗ führt wird, nachdem ſie die neuen Helfer beſchafft hatten. Sicherlich ſind dieſe Damen nicht mehr darauf ausgegangen, ſich andere Stellen zu ſuchen; ſie ſind infolge des Beſchluſſes am Sonntag beruhigt ge⸗ weſen, weil ſie wußten, daß neue Mittel beſchafft würden. Nun bin ich der letzte, der, wenn ſtädtiſches Intereſſe beſſer durch ein Krankenhaus gewahrt würde, dann auch ſelbſt das Wohlfahrtsanerbieten an⸗ nehmen würde. Aber ich bin anderer Meinung. Ich glaube nicht, daß die ſtädtiſchen Intereſſen beſſer weg⸗ kommen, wenn Sie die Kranken nach Weſtend neh⸗ men würden. Herr Kollege Bergmann hat ſchon an⸗ geführt, daß das teurer iſt. Ich will auf die Ziffer nicht eingehen; daß es teurer iſt, iſt zweifellos. Ich will ferner darauf hinweiſen, daß ſich in unſerm jetzt feſtgeſtellten Etat die Bemerkung findet, daß ſchon im Jahre 1911 841 Kranke in fremde Pflege gegeben werden mußten, weil der Raum nicht vorhanden war. Im erſten Halbjahr 1912 waren es 497, alſo rund 500 Perſonen, ſo daß 1000 Perſonen von unſerm Krankenhauſe nicht untergebracht werden konnten, ſondern in fremden Anſtalten verpflegt wurden. Darunter befanden ſich auch die 200 und ſo und ſo viel, die Herr Stadtrat Gottſtein vorhin angab. Woher die Differenz zwiſchen meiner Angabe und der ſeinigen rührt, kann ich im Moment nicht feſtſtellen. Ich habe lediglich den ſtatiſtiſchen Bericht über die Ausgabe des Vorjahres vor mir, und da ſind 444,32 Kinder mit 13 261 Verpflegungstagen angegeben. Darunter können auswärtige ſein. Ich will das da⸗ hingeſtellt ſein laſſen, iſt auch für mich gleich. Ich habe eben angeführt, daß Sie eine große Anzahl Pa⸗ tienten ſchon in Weſtend nicht haben unterbringen können. Nun iſt das Merkwürdige für mich, daß Herr Profeſſor Umber am 8. Februar an Herrn Stadtrat Samter einen Brief gerichtet hat, worin er ſich wie folgt äußert: Daß 85 Kinderbetten in Weſtend leer ſtehen, iſt unrichtig. Im Gegenteil wird die Kinder⸗ ſtation in letzter Zeit beſonders ſtark in An⸗ ſpruch genommen. Wir haben insgeſamt im Krankenhauſe Weſtend 236 Kinderbetten plus Säuglingsbetten und können etwa 85 Säug⸗ linge (Infektionskranke, chirurgiſche und inner⸗ lich Kranke zuſammengerechnet) unterbringen. Es iſt ausgeſchloſſen, angeſichts unſerer ſtarken Belegung, daß die jetzt in der Säuglingsklinik befindlichen 45 Säuglinge ſofort übernommen werden können. Die in Ihrem Briefe erwähnte, durch eventuelle Schließung der Säuglingsklinik eintretende Lücke in der Verſorgung kranker Säuglinge der Stadt Charlottenburg läßt ſich zweifellos durch das Krankenhaus Weſtend all⸗ mählich ausfüllen. Meine Herren, das Wort „allmählich“ iſt für mich von großer Bedeutung; denn ich habe auch aus pri⸗ vaten Erkundungen erfahren, daß man ſich zum 1. April wohl in der Erwartung, daß die Zahl der augenblicklich im Krankenhaus befindlichen Säuglinge aller Art geringer geworden wäre, auf zehn ſchon eingerichtet habe. Aber ich mache darauf aufmerkſam, daß bei Aufrechterhaltung des Beſchluſſes, am 1. April zu ſchließen, auf einmal mindeſtens 40 Kin⸗ der nach Weſtend überwieſen werden.