Sitzung vom 6. März 1913 Damit iſt für mich die Angelegenheit erledigt. Ich bedaure, daß ich keinen andern Weg hatte, als beim Etat durch Einbringung des Antrages auf Ge⸗ währung von 3000 ℳ die Sache in Fluß zu brin⸗ gen. Ich bedaure, daß ich darum hier im Plenum eine Auseinanderſetzung herbeiführen mußte, die durch den Beſchluß des Magiſtrats, von dem ich erſt heute Abend Kenntnis bekommen habe, notwendig war. Da der Magiſtrat ſagt: ich will dieſe 3000 ℳ nicht eingeſtellt ſehen —, es aber ſeiner Zuſtimmung bedarf, ſo ziehe ich den Antrag, die Summe in den Etat einzuſtellen, zurück. Sollte der Magiſtrat bei nochmaliger Prüfung der Gründe zu der Erwägung kommen, die Erhaltung der Klinik würde wünſchens⸗ wert ſein, ſo dürfte es ſich für ihn empfehlen, ſich unverzüglich mit dem Vorſtand der Klinik in Ver⸗ bindung zu ſetzen, da ich nach der heutigen Erklärung des Magiſtrats ſchon morgen die Schweſtern benach⸗ richtigen muß: es iſt unmöglich, ihr müßt euch um⸗ ſehen, es bleibt bei der Kündigung zum 1. April. Stadtrat Dr. Gottſtein: Ich gehe zuerſt auf den Brief des Herrn Profeſſor Umber ein, der mir, bevor er in die Hände des Adreſſaten kam, ſchon bekannt war. Der Brief iſt mißverſtändlich aus⸗ gelegt worden. Erſtens iſt Profeſſor Umber gefragt worden, ob es zutrifft, daß in Weſtend 85 Säug⸗ lingsbetten leer ſtänden. Er ſagt: davon kann gar keine Rede ſein, denn die Belegung von Weſtend ſteigt ſtändig. Das trifft natürlich zu. In einem ſo ſtark belegten Krankenhauſe iſt es ausgeſchloſſen, daß der geſamte Bettenbeſtand einer Abteilung leer ſteht. Zweitens ſagt er: es iſt ausgeſchloſſen, daß der ganze Beſtand eines Krankenhauſes, wie des in der Chriſtſtraße, innerhalb 48 Stunden nach Weſt⸗ end verlegt würde; eine ſolche Ueberführung könnte nur allmählich ſtattfinden. Auch das iſt von uns in allen Beratungen ausdrücklich feſtgeſtellt worden; es ſteht auch in unſerer heutigen Vorlage. Selbſtver⸗ ſtändlich hat an dieſe Möglichkeit keiner gedacht, außer vielleicht der Vorſtand der Säuglingsklinik, der dieſe innerhalb 48 Stunden ſchließen wollte. Eben das zu verhindern, haben wir das Abkommen mit ihm getroffen, das durch die heutige Vorlage beſie⸗ gelt werden ſoll. Das „allmählich“ bezieht ſich ſelbſt⸗ verſtändlich auf diejenige Form der Belegung mit Umgehung der Chriſtſtraße direkt durch die Stadt⸗ ärzte nach Weſtend, die wir eingeſchlagen haben. Daß aber dieſer Weg gangbar iſt, beweiſt die füngſte Er⸗ fahrung; denn wir haben den Stadtärzten und Säualingsärzten aufgegeben, vom 13. Februar ab die Chriſtſtraße nicht mehr zu belegen, ſondern die Kinder nach Weſtend zu ſchicken, um zu verhindern, daß wir am 31. März durch eine größere Zahl Auf⸗ nahmebedürftiger überflutet werden. Wenn alſo am 31. März, wie Herr Stadtv. Kaufmann ſagt, 40 Kinder dort ſind, ſo ſind das Privatpatienten der Aerzte, aber nicht ſolche, die von unſeren Aerzten dorthin geſchickt ſind, denn die ſind nach Weſtend verlegt worden. In Weſtend und das iſt die Probe aufs Exempel — hat die Belegung der in⸗ neren Säuglingsklinik in den letzten Wochen ſeit un⸗ ſerer Verfügung mehr als die doppelte Zahl der frü⸗ heren betragen, und trotzdem war es in keinem ein⸗ zigen Falle erforderlich, auch nur einen einzigen Säuagling abweiſen zu müſſen. Wir ſind alſo für die Gegenwart in der Tat ge⸗ rüſtet, und wir werden auch für die Zukunft die⸗ jenigen Maßnahmen zu treffen haben, die erforder⸗ lich ſind. Das ſchließt natürlich nicht aus, daß wir 147 das Beſtehen einer ſo gut geleiteten Privatſäuglings⸗ klinik ebenſo wie dasjenige zahlreicher anderer Pri⸗ vatkliniken in Charlottenburg recht gern ſehen. Für Notfälle iſt das eine Reſerve. Aus den Gründen, die der Herr Bürgermeiſter angeführt hat, können wir uns nicht in Widerſprüche mit unſeren frü⸗ heren Beſchlüſſen und der heutigen Vorlage ſetzen. Die Berechnungen des Herrn Stadtv. Berg⸗ mann — dem ich noch zu entgegnen habe, daß ſeine Vermutung, wir wollten erſt zum 1. April die not⸗ wendigen Einrichtungen für Weſtend ſchaffen, nicht zutrifft, — die Berechnunaen, von denen er ausging, habe ich nicht ganz verſtanden. Für die Chriſtſtraße würden wir, wie für jedes Kind, das wir in eine Privatklinik geben, 3 % und bei 13⸗ bis 16 000 Krankentagen noch weitere 18 „ aus den 3000 %ℳ, alſo etwas mehr als den anderen Anſtalten zahlen. Wieviel uns ein Säuoling in Weſtend koſtet, iſt nicht genau zu berechnen, weil wir die Verteilung der Einrichtungen auf eine einzelne Station ſehr ſchwer durchführen können. Die Beköſtigung wird etwa 25 5 betragen gegenüber der Beköſtigung eines Er⸗ wachſenen von 1 %ℳ. Es wird wahrſcheinlich kein erheblicher Unterſchied in Weſtend gegenüber der Chriſtſtraße ſein. Meine Herren, ich muß mich unter Bezug⸗ nahme auf die Ausführungen des Herrn Bürger⸗ meiſters und auf unſere grundſätzlichen Erwägungen auf dieſe Bemerkungen beſchränken. Es iſt eine an⸗ dere Frage, ob ſich der Vorſtand an die Armen⸗ direktion mit dem Erſuchen um Belegung der An⸗ ſtalt wendet, wie das alle anderen Privatkliniken tun. Dazu wird die Armendirektion vorausſichtlich bereit ſein. Vorſteher Dr Frentzel: Es iſt ein Schlußantrag eingegangen. (Stadtv. Zander: Zur Geſchäftsordnung!) — Zum Schlußantrag kann ich Ihnen nicht das Wort geben. — Es iſt ein Schlußantrag eingegan⸗ gen. (Zuruf des Stadtv. Zander.) — Herr Kollege Zander, laſſen Sie mich jetzt ſprechen. — Ich bitte diejenigen, welche den Schlußantrag unterſtünren wollen, die Hand zu erheben. (Geſchieht.) Die Unterſtützung reicht nicht aus. Stadtv. Zander (zur Geſchäftsordnung): Ich möchte bemerken, daß der Schlußantrag eingegan⸗ gen war, ehe Herr Stadtrat Gottſtein geſprochen hatte, und da Herr Stadtrat Gottſtein geſprochen hatte, war meiner Ueberzeugung nach die Debatte wieder aufgenommen. Vorſteher Dr. Frentzel: Sie irren. Der Magi⸗ ſtratsvertreter bekommt jederzeit das Wort, und der Schlußantrag iſt von mir erſt nachher verkündet worden. (Zuruf: Aber vorher eingegangen!) — Ihre Meinung iſt in dieſer Beziehung nicht der meinigen gleich, und die meinige iſt hier maßgebend.