158 Stadtv. Hirſch (zur Geſchäftsordnung): Ich kann nur annehmen, daß Herr Kollege Meyer der Dringlichkeit widerſprochen hat, weil er den Wort⸗ laut des Antrags nicht kennt oder vielleicht bei ſeiner Verleſung nicht genau zugehört hat. Ich möchte Herrn Kollegen Meyer bitten, ſeinen Widerſpruch zurückzuziehen. Der Antrag würde ja ſeinen Zweck vollkommen verfehlen, wenn er heute nicht beraten wird. Wenn wir vielleicht 3 bis 4 Wochen, bis zur nächſten Sitzung, warten müſſen, dann iſt er natürlich gegenſtandslos. Bürgermeiſter Dr. Maier (zur Geſchäftsord⸗ nung): Ich möchte meinerſeits namens des Magi⸗ ſtrats befürworten, daß heute bereits über den Antrag verhandelt wird. Der Dezernent, Herr Stadtrat Spiegel, will verreiſen, und ich lege Wert darauf, daß er in der Lage iſt, ſelbſt die Interpellation zu beant⸗ worten. Stadtv. Meyer (zur Geſchäftsordnung): Ich habe den Antrag ſehr wohl verſtanden und halte meinen Widerſpruch in der Hinſicht für begründet; aus den von Herrn Bürgermeiſter Dr Maier dar⸗ gelegten Zweckmäbiakeitsgründen ziehe ich aber meinen Widerſpruch zurück. Vorſteher Dr Frentzel: Sonſt wird gegen die Dringlichkeit von keiner Seite Widerſpruch erhoben. — Ich ſtelle das hiermit feſt. Wir werden den An⸗ trag nach Abſolvierung unſerer ſonſtigen Tagesord⸗ nung verhandeln. Ich müchte Ihnen weiter mitteilen, daß der Be⸗ richterſtatter zu Nr. 5 der Tagesordnung im Einver⸗ nehmen mit dem Magiſtrat und dem Dezernenten gebeten hat, dieſen Punkt von der Tagesordnung ab⸗ zuſetzen und in der nächſten Sitzung zu verhandeln, da noch gewiſſe Vorführungen in dieſer Beziehung gemacht werden ſollen. — Das Wort wird hierzu nicht gewünſcht. Ich nehme an, daß Sie mit der Abſetzung des Punktes 5 von der Tagesordnung ein⸗ verſtanden ſind. — Es iſt ſo beſchloſſen. Wir treten nunmehr in die Tagesordnung ein. Punkt 1: Vorlage betr. Teilung eines Armenkommiſſions⸗ bezirks. — Druckſache 73. (Die Verſammlung beſchließt nach dem Antrage des Magiſtrats, wie folgt: Der Teilung des Armen⸗Kommiſſions⸗Bezirks I in I A „We und Am Spandauer Berg“ und I B „Schloßviertel 9“ zum 1. April 1913 wird zugeſtimmt.) Punkt 2: Vorlage betr. Zahlungen aus der Raußendorff ſchen Erbſchait. — Drucſache 74. (Die Verſammlung beſchließt nach dem Antrage des Magiſtrats, wie folgt: Der Magiſtrat wird ermächtigt, aus den Mitteln des Raußendorff ſchen Nachlaſſes an den Verein gegen Verarmung zugu des Erholungsheims „Charlottenburger Raußen⸗ Sitzung vom 19. März 1913 vom 30. Oktober 1912 (Druckſache Nr. 271) feſtgelegten Bedingung Zahlungen im Rahmen des nach den teſtamentariſchen Verfügungen der Raußendorff ſchen Eheleute zugunſten der Charlottenburger Ferienkolonien zu verwen⸗ denden einen Achtels des Reinnachlaſſes zu leiſten.) Punkt 3: Bericht des Ausſchuſſes über die Vorlage betr. Bei⸗ trag für die Charlottenhurger Sänglingskninik. Druckſache 70, 75. 1 4 Stadtv. Dr Landsberger: Meine Herren! ie Säuglingsklinik in der Chriſtſtraße, bei ihrem Entſtehen als dankenswerte Wohlfahrts⸗ einrichtung von der Stadt freudig begrüßt und ſeit ihrem ganzen Beſtehen — ſie beſteht ſchon 6 Jahre — durchaus von der Sympathie der geſamten Bevölke⸗ rung, auch von der Anerkennung der ſtädtiſchen Be⸗ hörden, die der Klinik ihren weſentlichſten Kranken⸗ beſtand hergaben, getragen, iſt in den letzten Wochen durch eine Reihe von Irrungen in arge Bedrängnis geraten. Sie hatte noch vor kurzem, im Herbſt des vorigen Jahres, infolge der dauernden Erhöhung des Beſtandes, der durch die Ueberweiſungen der Armen⸗ direktion bedingt war, eine Erweiterung ihrer Ein⸗ richtungen vorgenommen und hatte, da das der Fall war und die Verſorgung der kleinen Patienten, der Säuglinge, täglich nicht nur das koſtete, was die Stadt dafür zahlte, ſondern noch einen Zuſchuß er⸗ forderte, allmählich finanzielle Schwierigkeiten be⸗ kommen. So geſchah es, daß die Belegungsgiffer ſtieg, die für die Stadt in Frage kam — die Verpflegungs⸗ tage im Kalenderjahr 1912 hatten etwa 13 000 be⸗ tragen —, und wenn man auf dieſe Belegungsgiffer die Leiſtungen der Stadt verteilt, ſo ergibt ſich, daß ſeitens dieſes von privaten Helfern und Gönnern un⸗ terſtützten Inſtituts in der Tat noch ein beträchtlicher Zuſchuß erforderlich war. Denn die bisherigen Bedingungen waren die, daß die Stadt pro Säugling und Tag 3 %D zahlte. Außerdem war im Etat für das Inſtitut eine Sub⸗ vention von 3000 %ℳ eingeſtellt. Wenn man dieſe 3000 ℳ. zu den 13 000 Verpflegungstagen, die im Jahre 1912 von der Stadt in Anſpruch genommen waren, in Beziehung bringt, ſo ergibt ſich, daß im Aar 1912 faktiſch nicht 3 ℳ, ſondern 3,25 ℳ pro opf und Tag gezahlt worden ſind. Nun betragen die Sel b ſt koſten des Inſtituts pro Kopf und Tag 3,76 ℳ, und daher war es ver⸗ ſtändlich, daß unter dem 3. Februar der Vorſtand der Klinik an den Magiſtrat mit der Bitte heran⸗ trat, den Tagesſatz von 3 ℳ pro Kopf um 50 5 zu erhöhen, zumal durch die Beiträge der Angeſtellten⸗ verſicherung und durch weiter zu erwartende Aus⸗ gaben noch eine weitere Steigerung der Auf⸗ wendungen vorauszuſehen war. Der Magiſtrat lehnte drei Tage ſpäter, am 6. Februar, dieſes Geſuch ab, und am 10. Februar erklärte darauf der Vorſtand der Klinik, daß er, da ſchon ein Defizit vorhanden war und der 2.14 Zu⸗ ſchuß nicht gewährt würde, in Ausſicht nehmen müßte, die Klinik zu ſchließen, den Weiterbeſtand alſo nicht fortſetzen zu können. Er erklärte aber gleichzeitig, daß er bereit ſei, die vorhandenen kleinen bis 1. April immerhin weiter in dorff⸗Stiftung“ in Seebad Horſt unter der im] Patienten Beſchluß der Stadtverordnetenverſammlung tien zum 1. April immerhin weiter in Behandlung zu halten; aber er müßte, da er mit