Sitzung vom 19. März 1913 vorher Mitteilung davon gemacht worden; wir konnten alſo mit unſeren Freunden darüber beraten. Diesmal ſind wir gar nicht dazu in der Lage geweſen. Wir hören hier plötzlich, daß das Gehalt 4500 ℳ über den Normaletat hinaus bemeſſen werden ſoll. Damals betrug die Differenz nur 2000 ℳ, da erſchien es uns nicht notwendig, Widerſpruch zu erheben. Heute aber, wo eine ſo große Differenz vorliegt, glauben wir, daß es doch angebracht iſt, daß wir die Frage in einem Ausſchuſſe prüfen. (Stadtv. Zietſch: Sehr richtig!) Dazu kommt, daß wir heute einen Ausſchuß einſetzen wollen, dem wir eine viel weitere Vollmacht geben als dem Ausſchuß, der im Jahre 1912 zur Wahl des Bürgermeiſters beſtimmt war. Damals hat die Stadtverordnetenverſammlung beſchloſſen, die Stelle auszuſchreiben, und der Ausſchuß hatte ledig⸗ lich die Geſuche zu prüfen und darüber der Stadt⸗ verordnetenverſammlung Bericht zu erſtatten. Heute wollen Sie jedoch den Ausſchuß mit der Vollmacht ausſtatten, zunächſt ſelbſt darüber zu entſcheiden, ob die Stelle ausgeſchrieben werden ſoll oder nicht. Wenn das der Fall iſt, wenn Sie dem Ausſchuß eine ſo weitgehende Befugnis einräumen, dann können Sie doch wohl auch weiter gehen und ihm das Recht einräumen, erſt einmal zu prüfen, welches Gehalt für die Stelle des Erſten Bürgermeiſters in Frage kommt. Es iſt ja möglich, daß wir durchaus eine Perſon haben wollen, die nach unſer aller Anſicht für die Intereſſen der Stadt Charlottenburg unbedingt notwendig iſt, aber ſagt: für 24 000 ℳ mache ich es nicht. Was dann? Dann müſſen wir wieder vor die Stadtverordnetenverſammlung treten und wiederum eine Gehaltserhöhung beantragen. Dadurch kommen wir in eine ſehr unangenehme Lage. Deshalb bitte ich Sie, es ſich doch reiflich zu überlegen, ob es nicht taktiſch viel richtiger iſt — ich habe vorläufig keinen Einſpruch dagegen erhoben, daß wir überhaupt das Gehalt erhöhen —, ob es nicht taktiſch auch von Ihrem Standpunkt aus viel richtiger iſt, daß wir dem Ausſchuß mit Rückſicht darauf, daß er auch das Recht hat, ſich nach geeigneten Bewerbern umzuſehen und mit ihnen zu verhandeln, die Vollmacht geben, ſelbſt Vorſchläge auf Gehaltserhöhung zu machen. Das ſind die Gründe, von denen ich mich leiten laſſe. Ich glaube, Herr Kollege Otto wird aner⸗ kennen, daß es rein ſachliche Gründe ſind, und wird ſie bei näherer Prüfung auch als ſtichhaltig anſehen müſſen. Vorſteher Dr Frentzel: Herr Kollege Hirſch! Ich glaube Ihren letzten Ausführungen entnehmen zu können, daß Sie vorläufig einen Widerſpruch 8een die Abſtimmung in der Gehaltsfrage nicht er⸗ eben. (Stadtv. Hirſch: Ich habe meinen Widerſpruch nicht zurückgezogen!) — Zuerſt hatten Sie einen Widerſpruch dagegen erhoben, ſo daß über dieſe formelle Frage zunächſt die Abſtimmung nötig geworden wäre. Stadtv. Otto: Meine Herren! Ich habe aller⸗ dings vorausgeſetzt — und es war mir überraſchend zu hören, daß dieſe Vorausſetzung nicht zutrifft —, daß Herr Kollege Hirſch und ſeine Freunde von unſeren Beſchlüſſen in dieſer Angelegenheit in Kennt⸗ 165 nis geſetzt wären, weil wir es nach meiner Kenntnis gewöhnlich immer ſo gemacht haben, Ihnen unſere Beſchlüſſe zuzuſenden. Wenn es diesmal nicht ge⸗ ſchehen iſt, ſo muß hier ein Verſehen vorliegen, das aufzuklären ich mir Mühe geben werde. Unter dieſen Umſtänden erkenne ich an, daß der Wunſch des Herrn Kollegen Hirſch und ſeiner Freunde, die Erhöhung erſt in einem Ausſchuß zu prüfen, berechtigt iſt. Wir halten grundſätzlich daran feſt, daß wir berechtigt geweſen wären, in Form eines Amendements zur Magiſtratsvorlage den Antrag auf Erhöhung zu ſtellen. Mit Rückſicht auf den Umſtand, daß von dieſer unſerer Abſicht die Freunde des Herrn Kollegen Hirſch vorher keine Kenntnis gehabt haben, bin ich loyal genug, ſelbſt zu beantragen, daß wir auch die Frage der Gehaltserhöhung dem zu bildenden Aus⸗ ſchuß überweiſen. Stadtv. Dr. Borchardt (zur Geſchäftsordnung): Meine Herren! Der Herr Vorſteher hat vorhin ge⸗ äußert, er würde, falls der Widerſpruch nicht zurück⸗ gezogen worden wäre, die Verſammlung darüber haben entſcheiden laſſen, ob über die Gehaltsfrage nach dem Antrag Otto abzuſtimmen ſei. Ich möchte doch den Herrn Vorſteher bitten, in einem ſolchen Falle den zum Schutze der Minoritäten getroffenen Beſtimmungen in der Weiſe zu folgen, daß nicht durch eine Abſtimmung per majora ſolche zum Schutze der Minorität getroffenen Beſtimmungen einfach übergangen werden können. Vorſteher Dr. Frentzelt Herrn Kollegen Borchardt kann ich zuſagen, daß ich ſelbſtverſtändlich niemals die Abſicht und den Wunſch haben werde, durch Abſtimmung die Geſchäftsordnung zu verge⸗ waltigen. Meiner Auffaſſung nach liegt hier — und das hätte ich der Verſammlung zur Beſchlußfaſſung unterbreitet — eine Differenz der Auffaſſungen da⸗ hin vor, ob es ſich hier tatſächlich, wie der Herr Kollege Hirſch annimmt, um einen Initiativantrag handelt oder nicht. Wird dieſe Frage bejaht, ſo tritt meiner Meinung nach automatiſch dasjenige in Kraft, was unſere Geſchäftsordnung vorſchreibt. Ob dieſer Fall vorliegt oder nicht, darüber konnte man im Zweifel ſein. Die Angelegenheit iſt alſo damit erledigt. Ich ſchließe die Debatte. Wir kommen zur Abſtimmung. Es liegt lediglich der Antrag vor, die Vorlage des Magiſtrats einem Ausſchuſſe zu überweiſen, und zwar — hierzu liegen zwei Anträge vor — ſie ent⸗ weder einem Ausſchuſſe von 15 Mitgliedern oder einem Ausſchuß von 15 Mitgliedern und 8 Stell⸗ vertretern zu überweiſen. — Nicht wahr, Herr Kol⸗ lege Stadthagen, ſo war doch Ihr Antrag? (Zuſtimmung.) Der Antrag Dr. Stadthagen iſt entſchieden der weiter⸗ gehende Antrag, er ſieht eine größere Anzahl von Ausſchußmitgliedern vor. Ich laſſe deswegen zuerſt über ihn abſtimmen. (Der Antrag wird abgelehnt.) RNunmehr laſſe ich über den Antrag abſtimmen, die Vorlage des Magiſtrats einem Ausſchuſſe von 15 Mitgliedern zu überweiſen. (Die Verſammlung beſchließt demgemäß.)