Sitzung vom 19. März 1913 — Ja, infolge der Zwangslage, in die uns der Ma⸗ giſtrat gebracht hat, (Heiterkeit.) glaube ich trotz der ſchiefen Begründung die Annahme der Vorlage empfehlen zu müſſen. Am 1. April läuft nämlich der Vertrag mit der Frankfurter Geſellſchaft ab, und es iſt unmöglich, in dieſer kurzen Zeit ſolche Vorkehrungen zu treffen, um eventuell die Selbſtver⸗ ſicherung einzuführen. Es hat ſich noch eine ganze Reihe anderer Geſellſchaften außer der Frank⸗ furter gemeldet; aber die geforderten Prämien ſind bei dieſen Geſellſchaften meiſt höhere. Wie ich hörte, iſt heute oder geſtern noch ein neuer Antrag von der Germania eingegangen, der unter die Prämienforde⸗ rung der „Frankfurter“heruntergegangen iſt. Da aber die Differenz zwiſchen den Prämien nur eine kleine iſt, würde ich doch dafür ſein, es bei dem Vertrag mit der Frankfurter Geſellſchaft zu belaſſen, weil ſich dieſe im allgemeinen ganz kulant gegen uns gezeigt hat. Die Prämienforderungen der Frankfurter Ge⸗ ſellſchaft ſind gegen früher ſehr in die Höhe gegangen. Früher ſchloß ſie die zehnjährige Verſicherung mit etwas über 30 000 % Prämienzahlung ab, jetzt for⸗ dert ſie dafür mehr als 65 000 ℳ, trotzdem ſie einen Rabatt von 50% und außerdem einen weiteren von 25% gegeben hat. Meine Herren, auf eine Klauſel in dem Vertrage möchte ich noch aufmerkſam machen. In dem Vertrage behielt ſich die Frankfurter Verſicherungsanſtalt vor, von dem Vertrage zurückzutreten, wenn bei dem dritten Unfalle die Summe der Entſchädigung höher iſt als die eingezahlte Prämie. Iſt das der Fall, dann iſt die Stadt Charlottenburg doch nicht jeglichen Riſikos überhoben. Es kann eventuell vorkommen, daß wir, wenn eine größere Unfallentſchädigung zu zahlen iſt, für mehrere Jahre noch die Selbſtverſiche⸗ rung übernehmen müſſen. Ganz iſt alſo durch dieſe Verſicherung das Riſiko der Stadt nicht ausgeſchaltet. Auf welche Zweige ſich die Verſicherung erſtreckt, iſt in der Vorlage genau angegeben; ebenſo, bis zu welcher Grenze verſichert iſt, welche Verſicherungen neu hinzutreten und daß auch bei der Diebſtahlver⸗ ſicherung die Stadt verpflichtet iſt, bis zu 10% ſich an der Riſikoaufbringung ſelbſt zu beteiligen; nur bei Diebſtahlſchäden unter 30 ℳ trägt die Frankfurter Geſellſchaft die Schäden allein. Als Berichterſtatter möchte ich nicht direkt einen Antrag ſtellen; immerhin empfehle ich für meine Per⸗ ſon mit Rückſicht auf die Verhandlungen des Branden⸗ burgiſchen Städtetages, die die Einführung einer Selbſtverſicherung für die Städte von Brandenburg bezwecken, den Vertrag mit der Frankfurter Geſell⸗ ſchaft nicht auf zehn Jahre, ſondern nur auf fünf Jahre zu verlängern. Vielleicht wird aus der Ver⸗ ſammlung heraus ein derartiger Antrag eingebracht werden. Dann haben wir die Möglichkeit, nach fünf Jahren dem etwa zu ſtande gekommenen branden⸗ burgiſchen Städtebund beizutreten. Stadtrat Seydel: Meine Herren! Der Herr Re⸗ ferent hat dem Magiſtrat den Vorwurf gemacht, daß er zu gründlich geweſen ſei, indem er Material ge⸗ ſammelt und es dann der Verſammlung unterbreitet habe; er iſt alſo nicht damit zufrieden, daß wir ſorg⸗ fältig verfahren ſind, was doch ſonſt als etwas Er⸗ wünſchtes gilt. Im übrigen möchte ich bemerken, daß es keineswegs überflüſſig war, das Material zu 167 ſammeln; denn das geſchah ja durch den Dezer⸗ nenten, der nicht wiſſen konnte, wie ſich das Kol⸗ legium und ſpäter die Stadtverordnetenverſammlung zu der Frage der Selbſtverſicherung ſtellen würde. Er hatte deshalb die Verpflichtung, das erforderliche Material zu ſammeln, ehe der Magiſtrat einen Stand⸗ punkt zu der Sache einnahm. Inſofern war die Sammlung des Materials ebenſo wie das Eingehen darauf nicht zu entbehren. Der Herr Referent vermißt ferner eine Erklärung darüber, warum die „Frankfurter“ jetzt ſo viel mehr verlange als früher. Meine Herren, daß iſt ſehr ein⸗ fach: weil ſie behauptet, bei den früheren Sätzen nicht beſtehen zu können. Wenn man ſich anſieht, wieviel mehr die übrigen Geſellſchaften, die doch auch Erfah⸗ rung in dieſen Verſicherungszweigen haben, verlan⸗ gen, muß man anerkennen, daß jene Behauptung der „Frankfurter“ entſchieden berechtigt und begründet iſt. Das ergibt ſich auch ohne weiteres, wenn man gegenüberſtellt, was wir der „Frankfurter“ geleiſtet haben und was ſie uns dafür geleiſtet hat. Vor 10 Jahren beſtanden aber noch keine Erfahrungen auf dieſem Gebiete, und ſehr viele Geſellſchaften haben anfangs ihre Sätze zu niedrig geſtellt. Noch ein Wort dazu, warum erſt heute die Vor⸗ lage der Verſammlung zugegangen iſt. Das iſt dar⸗ auf zurückzuführen, daß wir immer wieder Neuange⸗ bote der letzten beiden Konkurrenten bekommen haben, die ſchließlich das Rennen machen wollten, nämlich der „Germania“ und der „Frankfurter“. Wir waren immer wieder genötigt, auf dieſe Angebote einzu⸗ gehen, ſie in Erwägung zu ziehen. So kamen wir über die Termine der vorigen Sitzungen hinweg und konnten erſt heute die Vorlage bringen. Es wäre im übrigen kein ſo großer Schaden, wenn wir, falls Sie einen Ausſchuß wünſchten, bis zur nächſten Sitzung, d. h. 9 Tage lang, uns ſelbſt verſicherten. Das iſt ein verhältnismäßig geringes Riſiko, und wenn Sie das eingehen wollen, ſo iſt dagegen, glaube ich, nichts ein⸗ zuwenden, zumal ja der Herr Referent die ganze Sache eigentlich auf die Stadt übernehmen will. Im Anſchluß an meine Bemerkungen über die beiden Konkurrenten, die ſchließlich übrig geblieben ſind, bin ich genötigt, hier noch mitzuteilen, daß nach Abgang der Vorlage noch ein Nach⸗Angebot der „Ger⸗ mania“ eingegangen iſt, das ſich um ca. 400 ℳ jähr⸗ lich geringer ſtellt als das der „Frankfurter“; es war uns nicht möglich, Ihnen das eher mitzuteilen, weil das Angebot erſt in den letzten Tagen eingegangen iſt. Die Prämie ſtellt ſich danach auf ca. 8100 ℳ pro Jahr gegen 8500 ℳ, wie ſie in der Vorlage angegeben iſt. Die „Germania“ will eben als junges Haft⸗ pflichtunternehmen — auf anderen Gebieten hat ſie ſich ſchon länger betätigt — alles unterbieten; ſie will in das Geſchäft hineinkommen, wie man ſo ſagt, und da kommt es ihr nicht darauf an, auch einmal unter dem zu bleiben, was vielleicht ſonſt ein vorſichtiger Kaufmann bieten würde. Die „Frankfurter“ iſt, wie ja bekannt, bis auf das in der Vorlage behandelte letzte Angebot der „Germania“ heruntergegangen, wenn auch ſchweren Herzens und mit der Verſiche⸗ rung, daß ſie dabei kein Geſchäft machen könne, le⸗ diglich in dem Wunſche, mit uns in Beziehung zu bleiben. Wir haben daher vorgeſchlagen, der „Frank⸗ furter“ als unſerer langjährigen Kontrahentin den Zu⸗ ſchlag zu geben. Ich ſtelle anheim, ob es die Ver⸗ ſammlung noch für nötig hält, zu dem Nachgebot, das, wie geſagt, 400 ℳ weniger beträgt, Stellung zu nehmen und die Sache in einem Ausſchuß zu be⸗ ſprechen.