170 dus, was ſie uns als Material übergeben haben, nach jeder Richtung hin vertreten können. Wir anerkennen die Wahrung der Neutralität in jeder Beziehung; aber hier iſt man doch wohl im Eifer, dieſelbe zu wahren, zu weit gegangen, hat ſich einſeitig auf die Seite der Unternehmer im Malergewerbe geſchlagen und nur die Intereſſen der Unternehmer geſtützt. Wenn Sie die Geſchichte ſo kennten wie wir, ſo wür⸗ den Sie uns Recht geben. Nun kann es aber ſein, daß einige Herren unter uns ſind, die über die ganze Angelegenheit nicht orientiert ſind. Da möchte ich erwähnen, daß es tatſächlich ſo liegt, daß die Frage, die heute im Malergewerbe ausgetragen wird, zu einer Macht⸗ frage, zu einer Prinzipienfrage durch die Unter⸗ nehmer geſtempelt iſt und man mit allen Mitteln verſucht, den Arbeitern das Koalitionsrecht zu nehmen, indem man von ihnen verlangt, ſie ſollten aus der Organiſation austreten. Und in dieſem Kampf hat ſich der Arbeitsnachweis — vielleicht un⸗ bewußt — auf die Seite der Unternehmer geſtellt. (Hört, hört! bei den Sozialdemokraten.) Die Arbeiter im Malergewerbe — Sie werden wahr⸗ ſcheinlich alle wiſſen, daß im Malergewerbe eine Aus⸗ ſperrung, ein wirtſchaftlicher Kampf beſteht — haben im Intereſſe des ſozialen Friedens, im Intereſſe der Förderung des Tarifgedankens die Schiedsſprüche angenommen, trotzdem ſie ihnen nicht das boten, was die Arbeiter nach den heutigen Verhältniſſen glaubten beanſpruchen zu können. Aber die Unternehmer haben die Schiedsſprüche, die von Unparteiiſchen ge⸗ fällt ſind, ohne weiteres abgelehnt, nicht etwa abge⸗ lehnt, weil ihnen die darin feſtgelegte Lohnerhöhung zu hoch war, ſondern meiſt deswegen, weil ſie die Abſicht hatten, den Verband der Maler zu zertrüm⸗ mern, ihn aus der Welt zu ſchaffen, überhaupt die Organiſation der Gehilſenſchaft zu zerſtören. Meine Herren, das ſind die Tatſachen. Wenn Sie die Aus⸗ laſſungen der Unternehmervertreter kennten, würden Sie mir beipflichten. Es iſt von der Organiſation der Malermeiſter in einem Rundſchreiben an ihre Mitglieder ausge⸗ ſprochen worden, daß ſie auf Grund eines Beſchluſſes verpflichtet ſind, alle organiſterten Gehilfen, gleich⸗ viel welchem Verbande ſie angehören, ſofort zu ent⸗ laſſen und keinen Mann in Arbeit zu ſtellen, der organiſtert iſt, bis die Ausſperrung aufgehoben iſt. Alſo die Unternehmer haben hier ihren Mitgliedern diktiert, daß ſie keine organiſterten Arbeiter einſtellen dürften, daß ſie vielmehr alle organiſierten Arbeiter zu entlaſſen haben, und zwar nicht nur Arbeiter der Organiſation, die uns naheſteht, ſondern es ſollen, weil bei dieſem wirtſchaftlichen Kampfe alle organi⸗ ſierten Arbeiter miteinander zum gemeinſamen Handeln gedrängt ſind, auch diejenigen Arbeiter nicht eingeſtellt werden, die der Hirſch⸗Dunckerſchen und ſelbſt der chriſtlichen Gewerkſchaft angehören. Und weshalb tut man das? Weil man, wie offen und frei ausgeſprochen worden iſt, die Organiſationen der Malergehilfen zertrümmern und ſoweit bringen will, daß ſie aufhören zu eriſtieren. Sie ſehen daher, daß es ſich dei dem Verlangen nach unorganiſierten Arbeitskräften nicht um per⸗ ſönliche Wünſche der Arbeitgeber handelt, ſon⸗ dern um Verfechtung eines beſtimmten Prinzips. Die Herren Unternehmer, die ſelbſt Sitzung vom 19. März 1913 an ihre Organiſationsbeſchlüſſe gebunden ſind, kom⸗ men her und verlangen, daß das, was ſie für ſich in Anſpruch nehmen und worauf ſie ſich ſtützen — ihre Organiſation —, den Arbeitnehmern unmög⸗ lich gemacht werden ſoll. Sie verlangen, daß die Leute ihrem Verband abſchwören und, wenn ſie es nicht tun, keine Arbeit bekommen ſollen. Sie gehen zum Arbeitsnachweis und ſagen zu dem Vermittler: wir wollen nur unorganiſierte Malergehilfen haben, und wenn ihr uns die nicht ſchicken könnt, wollen wir überhaupt keine nehmen. So iſt es gekommen, daß organiſierte Maler überhaupt nicht, ſondern immer nur unorganiſierte verlangt ſind. Ein Eingehen des Arbeitsnachweiſes auf ſolche Wünſche bedeutet zweifel⸗ los Parteinahme zugunſten des Unterneh⸗ mers. Betrachten wir aber auch die moraliſche Wirkung ſolchen Verlangens, ſo müſſen wir zu dem Reſultat kommen und zugeſtehen, daß auf der anderen Seite die Heuchelei groß gezogen wird. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Denn wer will dafür garantieren, daß nicht etwa Malergehilfen oder Arbeiter, die angeben, nicht orga⸗ niſiert zu ſein, doch ſchließlich organiſiert ſind und zu dem Unternehmer hingehen und die Arbeit auf⸗ nehmen. Oder es kann der Fall eintreten, daß Unternehmer den Arbeitsnachweis anrufen und ſagen, ſie wollen nur organiſierte Arbeiter haben. In welche Lage kommen dann die Arbeiter, die unorganiſtert ſind? Mancher würde es vielleicht unangenehm und als Beläſtigung empfinden, daß er auf dem Arbeitsnach⸗ weis nach ſeiner Organiſationszugehörigkeit gefragt, daß überhaupt dort von leitender Stelle darüber ge⸗ ſprochen wird. Wozu daher die Fragen! Wir ſtehen auf dem Standpunkt, daß in vor⸗ liegendem Fall der Arbeitsnachweisvermittler, viel⸗ leicht im guten Glauben, etwas getan hat, was er nicht tun durfte. Er durfte den Wünſchen der Unter⸗ nehmer nicht Rechnung tragen und den Leuten ſagen: es werden nur unorganiſierte Arbeiter geſucht, und wenn ihr organiſtert ſeid, kann ich euch nicht hin⸗ ſchicken. Aus dieſen Gründen bitten wir Sie, meine Herren, unſeren Antrag anzunehmen, damit man nicht ſagen kann, daß der Arbeitsnachweis mit unſerem Einverſtändnis parteiiſch zugunſten einer ganz beſtimmten Klaſſe arbeitet, und Abhilfe ge⸗ ſchaffen wird. (Bravo! bei den Sozialdemokraten.) Stadtrat Dr Spiegel: Meine Herren! Ich hätte gegen den Antrag gar nichts einzuwenden, wenn er dahin ginge, daß die Vermittlung ſo ausgeübt wer⸗ den ſolle, daß ſie unparteiiſch i ſt; dann würde dieſer Antrag nichts weiter beſagen, als daß der ſtädtiſche Arbeitsnachweis nach ſeinen bisherigen Grundſätzen weiter verfahren möchte. Denn wie ich Ihnen als⸗ bald darlegen werde, ſind das die Grundſätze abſo⸗ luter Unparteilichkeit. Wenn aber die Herren An⸗ tragſteller ſagen: die Vermittlung ſoll ſo geſchehen, daß ſie nicht parteiiſch erſchein t, dann entſteht natürlich die Frage, wem ſie nicht parteiiſch er⸗ ſcheinen ſoll, und da allerdings werden wir, wie ich mue uns nicht ohne weiteres verſtändigen önnen.