Sitzung vom Stadtbaurat Bredtſchneider: Meine Herren! Da Sie, wie ich annehme, die Vorlage einem Ausſchuß zur Vorberatung überweiſen werden, kann ich mich über die Materie ſelbſt ſehr kurz faſſen. Ich will mich nur auf das einlaſſen, was hier beſonders hervorge⸗ hoben iſt, und was vielleicht zur Klärung der Sach⸗ lage beitragen möchte. Der Magiſtrat ſteht nicht auf dem Standpunkt, daß er ſagt: Märkte auf offenen Plätzen wollen wir nicht mehr dulden, wir wollen prinzipiell alle Märkte von den offenen Plätzen verweiſen. Aber, meine Herren, der Markt muß mit Rückſicht auf den Verkehr von jener Stelle fort. Wer die Verhältniſſe von früher her, als noch der Platz größer war, als er jetzt iſt, mit Aufmerkſam⸗ keit betrachtet hat, der wird bemerkt haben, daß die Wagen, die um den Markt herumſtehen und, wie wir gehört haben, ſtehen müſſen, weil ſie wo anders nicht untergebracht werden können, den Verkehr ganz erheb⸗ lich geſtört haben, (Sehr richtig!) — nicht allein in den Nebenſtraßen, in der Bay⸗ reuther Straße, Ansbacher Straße und nördlichen Platzſtraße, ſondern auch auf dem Wittenbergplatz ſelbſt, d. h. in der Tauentzien—Kleiſtſtraße, und zwar ſo erheblich, daß lebhafte Klagen bei der Polizei und auch bei der Tiefbauverwaltung eingegangen ſind, und daß wir uns alle erdenkliche Mühe gegeben haben, die Mißſtände, die eingetreten ſind, zu beſeitigen. Das iſt uns nicht gelungen. 2 Nun wird der Markt ganz erheblich eingeſchränkt. Die Wagen müſſen aber nach wie vor dort rings⸗ herum ſtehen, da ihre Anzahl kaum erheblich ver⸗ mindert werden wird; denn das, was von dem Markt verſchwindet, ſind diejenigen Verkaufsſtände, die keine Wagen nötig haben, alſo das Kramzeug. Das, was Wagen nötig hat, die Lebensmittelhändler uſw., bleiben auf dem Markt ſtehen und erfordern gegen früher etwa die gleiche Anzahl von Wagen. Es kommt hinzu, daß dort das Kaufhaus des Weſtens etabliert iſt und der Verkehr an jener Stelle tatſächlich ein ganz lebhafter geworden iſt; er ſteigt von Tag zu Tag. Es nimmt nicht allein der Fuhr⸗ werksverkehr mit jedem Jahre zu, wie unſere Zah⸗ lungen ergeben, ſondern beſonders auch der Fuß⸗ gängerverkehr. Es kommt weiter hinzu, daß auf dem Platz das Untergrundbahngebäude errichtet wird un) daß der nicht unerhebliche Fußgängerverkehr von und nach dem Gebäude nach allen Richtung hin, alſo auch quer über den Platz ausſtrahlt. Wenn nunnehr der Markt beſtehen bleibt, dann behindert er gleichzeitig dieſen Querverkehr zum Kaufhaus und zur Unter⸗ grundbahn. Wenn alſo der Fußgängerverkehr jebt ſchon ſchwierig war, ſo wird er nach der neuen Her ſtellung des Wittenbergplatzes noch unbequcme: werden, und aus dieſem Grunde ſehen wir die Sache ernſt an. Es wird deshalb ſchon aus Verkehrsrück⸗ ſichten an und für ſich nicht möglich ſein, den Morkt dort auf eine längere Reihe von Jahren aufrechlzu⸗ erhalten. Würde die Stadtverordnetenverfammlung unſere Vorlage ablehnen, ſo würden wir natürlich den Markt weiter führen; aber ich bin der feſten Ueber⸗ zeugung, daß das die Polizei auf lange Zeit hinaus nicht dulden wird. Das iſt die eine Frage, die ich hier beantworten möchte; nun komme ich zu der zweiten Ich bin gegen Fremdwörter und wanr nicht, das Wort „Paſſerelle“ auszuſprechen. Was iſt unter der Bezeichnung Paſſerelle zu verſtehen? In Paris hat 9. April 1913 189 man die Untergrundbahn ſo eingeführt, daß man über ihren Gleiſen, aber unter der Erdoberfläche, ein Plateau geſchaffen hat, auf dem der Billetverkauf ſtatt⸗ findet. Von dieſem Plateau geht man rechts nach dem einen Perron zu dem Untergrundbahngleiſe und links nach dem andern. Das hat man in Paris Paſſe⸗ relle genannt. Wir in Deutſchland ſind immer ſchwach genug, Fremdwörter zu übernehmen, und ſo hat auch die Hochbahngeſellſchaft das, was auf dem Wittenbergplatz errichtet werden ſoll, Paſſerelle ge⸗ nannt, weil es eine gewiſſe Aehnlichkeit mit der Pariſer Einrichtung hat. Nun, meine Herren, nehmen Sie es der Hochbahngeſellſchaft nicht übel; der Aus⸗ druck iſt nach meiner Auffaſſung ſchlecht gewählt. Herr Stadtv. Dunck hat das Lexikon zu Rate ziehen müſſen, um ſtenſtellen, was Paſſerelle iſt, und hat dort ge⸗ funden, daß es ein ein bis zwei Meter hoher Ve⸗⸗ bindungsgang iſt. Meine Herren, was ſoll denn bei uns geſchaffen werden? Wir haben bei der Untergrundbahn vier Bahnſteige. Wenn man von einem zum andern über⸗ gehen will, muß man die Treppe in die Höhe gehen, oben über die Gleiſe hinwegſchreiten und die nächſte Treppe herunterſteigen. Damit nun das Publikum dieſen Weg, deſſen Niveau übrigens nur ein klein wenig tiefe als das Straßenniveau liegt, nicht im Freien geht, wenn es umſteigen will, hat man ihn überdacht; gleichzeitig ſollen unter dem Dach der Fahr⸗ kartenverkauf und die Fahrkartenkontrolle unterge⸗ bracht werden. Alſo das, was auf dem Wittenberg⸗ platz gebaut werden ſoll, iſt weiter nichts als ein über⸗ dachter Gang, auf dem man, nachdem man ſich ein Billet gelöſt hat oder wenn man umſteigen will, zu dem betreffenden Bahnſteig geht, von dem man abzu⸗ fahren beabſichtigt. Nun iſt der Grundriß dieſes überdachten Ganges, dieſer Halle, dieſes Stationsgebäudes oder Empfangsgebäudes, oder wie Sie es ſonſt nennen wollen, in den urſprünglichen Plänen, die der Stadt⸗ verordnetenverſammlung vorgelegen haben, eingetra⸗ gen, und ich verſichere Sie, daß jetzt nicht ein Quadrat⸗ meter an Grundfläche mehr gebraucht wird, als in jenen Plänen eingezeichnet iſt. Die Höhe iſt ſeiner⸗ zeit nicht eingetragen worden. Aber ſie ergibt ſich ge⸗ rade aus äſthetiſchen Rückſichten. An dieſem Projekt iſt im Schoße des Magiſtrats derartig viel herum⸗ gedoktort worden, daß ich Ihnen das gar nicht aus⸗ einanderſetzen möchte. Wir haben ja geſehen, daß dieſes Bauwerk, weil es in der Achſe der Tauentzien Kleiſtſtraße liegt, für das Städtebild eine hervor⸗ ragende Bedeutung haben wird. Wir haben Zeich⸗ nungen und Modelle der verſchiedenſten Art anferti⸗ gen laſſen und alle möglichen Vorſchläge gemacht. Das, was jetzt gebaut wird, iſt das Reſultat aller dieſer Erwägungen und Beratungen. Dabei hat ſich dann herausgeſtellt, daß es am beſten iſt, wenn die ganze Halle bis zum Geſims — ſie bekommt ein ganz flaches Dach — etwa 6 Meter hoch wird. Nun, meine Herren, zwiſchen 6 Metern und 18 Metern und 20 Metern, von denen Herr Stadtv. Dunck ſprach, iſt wahrhaftig ein großer Unterſchied. Nur in der Mitte, wo der Eingang im Zuge der Kleiſt⸗ und Tauentzien⸗ ſtraße mit dem Queraana zuſammenſtößt, iſt ein erhöhter Aufbau ans⸗ äſthetiſchen Gründen vorgeſehen. Ich weiß nicht, ob er 10 Meter hoch iſt oder höher ſein wird. (Stadtv. Dunck: Höher, 4 Etagen hoch!) — Das ſieht nur ſo hoch aus. Sie ſehen jetzt nur dünne eiſerne Stangen, die, weil ſie ſo dünn ſind,