Sitzung vom 23. April 1913 vollinhaltlich den Ausführungen des Herrn Kollegen Dr Crüger an. Wir werden danach verfahren. Ich will nochmals rekapitulieren: Wir werden zunächſt über das Amendement Wöllmer abſtimmen, dann über den Magiſtratsantrag und im Falle der Ab⸗ lehnung über die Abänderung des Ausſchußantrages nach dem Antrage Wenzke, und ſollte das abgelehnt werden, über den Antrag ſelbſt. Ich bitte, meine Herren, die Plätze einzunehmen, da ich glaube, daß ſich hier nur eine geringfügige Majorität für die einzelnen Vorſchläge ergeben wird, damit die Auszählung für die Herren Beiſitzer mög⸗ lichſt erleichtert wird. (Die Verſammlung nimmt zunächſt den An⸗ trag der Stadtv. Dunck⸗Wöllmer an, lehnt darauf die Magiſtratsvorlage mit dem Amende⸗ ment Dunck⸗Wöllmer ab und erſucht nach dem Antrage des Ausſchuſſes, unter gleichzeitiger Annahme des Zuſatzantrages des Stadtv. Wenzke, den Magiſtrat, den Wochenmarkt auf dem Wittenbergplatz ſolange beſtehen zu laſſen, bis in der Nähe dieſes Platzes ein anderer geeigneter Platz zur Abhaltung des Marktes ge⸗ ſichert iſt. Die eingegangenen PNetitionen ſind hierdurch erledigt.) Damit iſt Punkt 7 erledigt, und wir kommen zu Punkt 8: Bericht des Ausſchuſſes über die Vorlage betr. Rege⸗ lung der Angeſtelltenverſicherung für die im ſtädti⸗ ſchen Dienſt Beſchäftigten. — Druckſachen 43, 106. Berichterſtatter Stadtv. Dr Rothholz: Meine Herren! Die Vorlage des Magiſtrats hat den Aus⸗ ſchuß in drei Sitzungen beſchäftigt, ein Zeichen dafür, von welcher Bedeutung und von welcher Schwierig⸗ keit dieſe Materie iſt. Eine Veränderung iſt gegen früher dadurch eingetreten, daß in der letzten Zeit ein Miniſterialerlaß an den Magiſtrat gelangt iſt, wonach privatdienſtverpflichtete Kanzliſten, Maſchi⸗ nenſchreiberinnen, ſtändige Bureauhilfsarbeiter, Fernſprechergehilfinnen, ſtändige Revierſchreiber der Gaswerke uſw. nicht mehr unter das Anaeſtelltenver⸗ ſicherungsgeſetz fallen. Um Zweifel zu zerſtreuen, möchte ich hierbei hervorheben, daß unter den Privat⸗ dienſtgehilfen nicht etwa diejenigen Kanzliſten ver⸗ ſtanden ſein können, die als Buchhalter oder als Regiſtratoren beſchäftigt werden. Meines Erachtens — und ich glaube, darin finde ich mich in Ueber⸗ einſtimmung mit dem Magiſtrat — fallen dieſe Be⸗ amten unter das Verſicherungsgeſetz. Ganz klar war man im Ausſchuß darüber, daß die Privatdienſtangeſtellten, die nur vorübergehend oder kurze Zeit beim Magiſtrat beſchäftiat ſind, unter das Verſicherungsgeſetz fallen und auf ſie die Magi⸗ ſtratsvorlage in vollem Sinne Anwendung findet, d. h. daß ſie verſichert werden müſſen und daß der Magiſtrat für ſie die Beiträge zahlen muß. Anders verhielt ſich aber die Sache bei denjeni⸗ gen Privatdienſtangeſtellten, die ſchon längere Zeit beim Magiſtrat beſchäftigt werden. Der Magiſtrat nahm den Standpunkt ein: quieta non movere, das Ruhende ſoll man nicht bewegen, und er verfocht be⸗ ſonders die Anſicht, daß, da er es übernommen habe, die Beiträge zu zahlen, es anläßlich des Angeſtellten⸗ verſicherungsgeſetzes nicht an der Zeit wäre, die An⸗ ſtellungsbedingungen der hier in Frage kommenden Beamtenklaſſen zu ändern. 201 Dieſer Anſicht ſchloß ſich der Ausſchuß nicht voll⸗ ſtändig an. Der Ausſchuß wollte ſich gerade bei Ge⸗ legenheit des Angeſtelltenverſicherungsgeſetzes auch mit den Anſtellungsbedingungen und mit den Kündi⸗ gungsfriſten beſchäftigen, und auf Anregung einzel⸗ ner Herren hat dann der Magiſtrat dem Ausſchuß eine Ueberſicht über die Dauer des Dienſtverhältniſſes der Privatangeſtellten und über die Zahl der Kündi⸗ gungen vorgelegt, die ſeitens der Privatangeſtellten vorgenommen waren und die ſeitens des Magiſtrats erfolgen. Dabei hat ſich herausgeſtellt, daß von der Kündigung im allgemeinen weder vom Magiſtrat noch von den Privatangeſtellten häufig Gebrauch ge⸗ macht wird. Nur bei einer Kategorie, bei den Kran⸗ kenſchweſtern — ich habe die Tabelle hier —, ſind Kündigungen, hauptſächlich begründet durch ihren Beruf, ſehr häufig. Zum Beiſpiel haben 39 Kran⸗ kenſchweſtern ſchon nach einem Vierteljahr ihre Stel⸗ lung gekündigt, 34 nach einem halben Jahr, 45 nach einem Jahr. Aus dieſen Zahlen erſehen Sie, daß gerade bei den Krankenſchweſtern, die der Magiſtrat von der Verſicherungspflicht befreien wollte, ein un⸗ geheurer Wechſel eingetreten iſt. Der Ausſchuß ſtand auf dem Standpunkt, daß diejenigen Angeſtellten, die ſchon bei dem Magiſtrat eine Anwartſchaft erreicht haben, von der Angeſtell⸗ tenverſicherung zu befreien ſind. Eine Anwartſchaft haben aber diejenigen Angeſtellten erreicht, die 10 Jahre im Dienſt der Stadt ſtehen; allen dieſen hat der Ausſchuß die Vorausſetzungen für die Befreiung von der Verſicherungspflicht zuerkannt. In dem Be⸗ ſchluſſe des Ausſchuſſes unter Nr 1 finden Sie die Anerkennung. Eine rege Debatte hat ſich im Ausſchuß erhoben, wie man ſich denjenigen Privatdienſtangeſtellten gegenüber verhalten ſollte, die noch nicht 10 Jahre im Dienſte der Stadt ſind; man hat ſich die Frage vorgelegt, ob man dieſen Herren nicht ſchon nach Verlauf von 5 Dienſtjahren bei dem Magiſtrat dieſelben Zugeſtändniſſe machen ſollte wie den Beamten zu 1. Nun wurde ſowohl vom Magiſtrat als auch von einigen Ausſchußvertretern hervor⸗ gehoben, daß man doch bei dieſen Angeſtellten nicht ſo weit gehen ſollte. Jeder, der einmal verſichert iſt, ſollte die Möglichkeit haben, eine Anwartſchaft nach dem Angeſtelltenverſicherungsgeſetz zu erreichen. Selbſtverſtändlich ergeben ſich, wenn man dieſen Standpunkt für richtig hält, Härten für diejenigen Angeſtellten, die faſt 10 Jahre oder ein Jahr weniger bei dem Magiſtrat beſchäftigt ſind. Aber jede Ueber⸗ gangszeit iſt von Härten begleitet, die in dieſem Falle aber erträglich ſind, da der Magiſtrat die ganzen Koſten der Verſicherung trägt. Im Ausſchuß wurde dann nachher der Antrag geſtellt, man ſollte die Bedingung aufrecht erhalten, daß die Angeſtellten eine Wartezeit von mindeſtens 120 Beitragswochen nach dem Angeſtelltenverſiche⸗ rungsgeſetz zurückgelegt haben müſſen, ihnen aber ſchon dann eine bedingte Kündigungsfriſt nach einer Beſchäftigungszeit von 5 Jahren beim hieſigen Ma⸗ giſtrat zugebilligt werden ſoll. Dieſer Antrag wurde mit Stimmengleichheit, wobei die Stimme des Vor⸗ ſitzenden den Ausſchlag gab, abgelehnt, und ich glaube auch mit vollem Recht. Denn wenn einer nur kurze Zeit in der Verſicherung geweſen iſt und dafür Bei⸗ träge hat leiſten müſſen, würde er nachher, wenn er die Angeſtelltenverſicherung vollſtändig hätte er⸗ löſchen laſſen, gar keinen Vorteil von der Zahlung der Beiträge haben.