232 1. Dem Ankauf des auf den Mäckeritzwieſen be⸗ legenen Mellwigſchen Gebäudes zum Preiſe von 1500 ℳ wird zugeſtimmt. 2. Für die Herrichtung des Gebäudes als Unter⸗ kunftsraum werden 700 ℳ bewilligt. 3. Die Mittel ſind dem Dispoſitionsfonds zu entnehmen.) Punkt 4: Vorlage betr. Prüfung der Gültigkeit einer Stadt⸗ verordnetenwahl und Berichterſtattung des Aus⸗ ſchuſſes. — Druckſache 130. Berichterſtatter Stadtw. Meyer: Meine Herren! Infolge des Ablebens des Stadtverordneten Becker iſt eine Erſatzwahl im 1. Bezirk der II. Abteilung für den Reſt der Wahlperiode von 1908 bis 1913 not⸗ wendig geworden. Der Gewählte muß Hausbeſitzer ſein. Die Erſatzwahl hat am 5. April 1913 ſtatt⸗ gefunden. Es ſind 570 gültige Stimmen abgegeben worden, ſodaß die Mehrheit 286 Stimmen beträgt. Es haben erhalten Herr Regierungsbaumeiſter a. D. Eugen Granitza 412 Stimmen und Amtsgerichts⸗ ſekretär Mar Lange 155 Stimmen; 3 Stimmen haben ſich zerplittert. Herr Regierungsbaumeiſter a. D. Eugen Granitza iſt mithin gewählt. Einſprüche ſind nicht eingegangen. Eine nähere Erörterung iſt nur hinſichtlich der Frage nötig geworden, ob dem gewählten Herrn Granitza die erforderliche Haus⸗ beſitzereigenſchaft zuzuſprechen iſt. In dieſer Be⸗ ziehung liegt die Sache folgendermaßen. Die Ehefrau des Herrn Granitza iſt vor der Verheiratung als Eigentümerin des Grundſtücks Kantſtraße 20 eingetragen worden. Ihr Ehe⸗ mann iſt demnächſt am 17. Dezember 1907 als Mit⸗ eigentümer zur geſamten Hand kraft ehelicher Güter⸗ gemeinſchaft auf Grund Güterrechtszeugniſſes des Königl. Amtsgerichts Berlin Mitte Abteilung 80 vom 28. November 1887 zur Eintragung gelangt. § 16 der Städteordnung beſtimmt, wie Ihnen bekannt iſt, daß die Hälfte der Stadtverordneten, alſo der Teil, dem Herr Granitza angehören muß, aus Hausbeſitzern, und zwar aus Eigentümern, Nieß⸗ brauchern und ſolchen, die ein erbliches Beſitzrecht haben, zu beſtehen hat. Die Entſcheidung des Ober⸗ verwaltungsgerichts iſt nun ſtändig dahin gegangen, daß die Vorausſetzung des § 16 nur dann erfüllt iſt, wenn der gewählte Hausbeſitzer Alleineigentümer oder „nießbraucher iſt, d. h. alſo, wenn jede dieſer Be⸗ rechtigungen den geſamten Beſitz umfaßt. Es ergibt ſich daraus der eigenartige Zuſtand, daß zwar der⸗ jenige, der überhaupt kein Eigentumsrecht, aber volles Nießbrauchsrecht am geſamten Grundſtück hat, als Hausbeſitzer wählbar iſt, daß aber derjenige, der zur Hälfte Eigentümer iſt und Nießbrauch für die andere Hälfte beſitzt, nicht die nach § 16 erforderliche Hausbeſitzerqualifikation hat. Meine Herren, wenn wir auf Grund der Recht⸗ ſprechung des Oberverwaltungsgerichts in dieſer Be⸗ ziehung zu einer Verneinung der Hausbeſitzerqualifi⸗ kation kommen müſſen, ſo gibt es aber doch noch einen anderen Weg, der eine bejahende Entſcheidung er⸗ möglicht und der dadurch gewieſen iſt, daß das ge⸗ meinſame Eigentum den in Gütergemeinſchaft leben⸗ Sitzung vom 7. Mai 1913 den Ehegatten zuſteht. Nach § 5 der Städte⸗ ordnung findet für die Hausbeſitzereigenſchaft, die für den Erwerb des Bürgerrechts in Betracht kommt, eine Anrechnung des Hausbeſitzes der Familienangehörigen ſtatt. Daß nun der Hausbeſttz oder Nießbrauch von Familienangehörigen in ähnlicher Weiſe wie bei dem Erwerb des Bürgerrechts auch im Falle des § 16 der Städteordnung anzurechnen iſt, hat das Ober⸗ verwaltungsgericht früher verneint. In einer neueren Entſcheidung aus dem Jahre 1910 hat es aber dieſen Standpunkt verlaſſen, allerdings nicht im Hinblick auf unſere Städteordnung, ſondern auf die Rheiniſche Städteordnung, deren § 15 indeſſen dem § 16 unſerer Städteordnung genau entſpricht. Das Oberverwal⸗ tungsgericht hat dort geſagt, daß dieſelben Grund⸗ ſätze, die für die Anrechnung des Familienangehöri⸗ genbeſitzes in bezug auf den Erwerb des Bürgerrechts maßgebend ſind, auch auf die Eigenſchaft als Haus⸗ beſitzer im Sinne des § 16 für die Wahl der Stadt⸗ verordneten Anwendung finden, und es hat dem⸗ gemäß ausgeführt: Daß danach als Hausbeſitzer wählbar auch der Bürger iſt, der gemeinſchaftlich mit ſeiner Ehefrau ein Wohnhaus hat, oder deſſen Ehe⸗ frau ſich im Alleineigentum eines ſeinem Nieß⸗ brauche nicht unterſtehenden Hauſes befindet, entſpricht auch ebenſowohl einem praktiſchen Bedürfniſſe wie der Rechtsſtellung, welche dem Ehemann zugewieſen iſt. Das Landrecht be⸗ zeichnete ihn als das Haupt der ehelichen Ge⸗ ſellſchaft, und wenn inzwiſchen auch die recht⸗ lichen Verhältniſſe zwiſchen den Eheleuten in mancher Hinſicht anders geordnet ſind, ſo gelten doch auch gegenwärtig Mann und Frau in wichtigen Beziehungen als eine Einheit, deren Vertretung dem erſteren zufällt. Bei der Ver⸗ ſchiedenartigkeit der ehelichen Güterrechts⸗ ſyſteme, die außerdem noch durch Vertrag einer Abänderung fähig ſind, wäre auch, falls der Hausbeſitz der Ehefrau dem Ehemann nicht an⸗ gerechnet wird, ſowohl für den Magiſtrat, der zur Ergänzung der erforderlichen Anzahl von Hausbeſitzern jederzeit die nötige Beſtimmung zu treffen hat, wie auch für die Wähler die Feſt⸗ ſtellung, ob ein verheirateter Bürger Haus⸗ beſitzer ſei, nicht ſelten erſt von Ermittlungen abhängig, deren Erhebung ihnen nicht zuge⸗ mutet werden kann, uſw. Meine Herren, aus dieſer Entſcheidung geht her⸗ vor, daß das Oberverwaltungsgericht nunmehr grund⸗ ſätzlich den Standpunkt einnimmt, daß jedenfalls ein Ehemann, der in ehelicher Gütergemeinſchaft mit ſeiner Ehefrau lebt, auch dann als Hausbeſitzer im Sinne des § 16 anzuſehen iſt, wenn das Eigentum beiden zur geſamten Hand gehört. Die Wahlprüfungskommiſſion der Stadtverord⸗ netenverſammlung hat ſich dieſer Anſchauung des Oberverwaltungsgerichts angeſchloſſen, und in ihrem Auftrage beantrage ich, die Wahl des Herrn Granitza zum Stadtverordneten für gültig zu erklären. (Die Verſammlung erklärt mit großer Mehrheit nach dem Antrage des Ausſchuſſes die am 5. 2 pril 1913 vollzogene Stadtverordnetenwahl für gültig.) Vorſteher Dr. Frentzel: Punkt 5 der Tages⸗ ordnung: