Sitzung vom 28. Mat 1913 Zu dem X. Internationalen Wohnungs⸗ kongreß im Haag ſind zwei Vertreter der Stadtgemeinde zu entſenden. Die gemäß den Beſtimmungen über die Gewährung von Reiſe⸗ koſtenentſchädigung zu errechnenden Koſten ſind aus dem Dispoſitionsfonds zu ent⸗ nehmen.) Punkt 10 der Tagesordnung: Vorlage betr. Straßenausſchmückung zum Regie⸗ rungsjubiläum Seiner Majeſtät des Kaiſers. — Druckſache 145. Stadtv. Lehmann: Meine Herren! Zu dieſer Vorlage möchte ich bemerken, daß meine Freunde ihr nicht zuſtimmen werden. Wir ſehen die Notwen⸗ digkeit der Vorlage nicht ein und wünſchen, daß, wenn Gelder disponibel ſind, ſie lieber für ſoziale Zwecke Verwendung finden ſollen. Stadtv. Ruß: Meine Herren! Wir müſſen in erſter Linie daran denken, daß wir Haupt⸗ und Reſi⸗ denzſtadt ſind. Von weither kommen Fremde, wie die Bürger unſerer Stadt, um unſern Kaiſer zu feiern. Die Summe, die hier ausgeworfen iſt, mag ja etwas groß erſcheinen; aber ich meine, bei den Dimenſionen der Straßen, die in Betracht kommen, läßt ſich wohl darüber reden. Von verſchiedenen Seiten iſt die Anregung gegeben worden, nicht nur die in der Magiſtratsvorlage gekennzeichneten Straßenzüge zu ſchmücken, ſondern noch andere Teile Charlottenburgs. Ohne daß ich mit dem Magiſtrat Fühlung genommen habe, glaube ich Ihnen ver⸗ ſichern zu können, daß gerade die hier erwähnten Straßen wohl deshalb ganz beſonders geerqret er⸗ ſcheinen, weil von dem Kaiſerlichen Automobilklub und ſeinen befreundeten Nachbarklubs eine große Huldigungsfahrt vor Sr. Majeſtät ſtattfinden wird, die gerade dieſe Straßenzüge paſſieren wird. Das mag der Grund ſein, warum z. B. die älteſte unſerer Charlottenburger Straßen, die Berliner Straße, nicht mit in Betracht gezogen iſt. Ich bite Sie, meine Herren, die Vorlage glatt anzunehmen. Stadtv. Rieſenberg: Meine Freunde ſind bereit, die angeforderten Mittel in Höhe von 15 000 zu bewilligen, allerdings in der beſtimmten Erwartung, daß der Magiſtrat die dazu erforderlichen Materia⸗ lien, alſo Fahnenmaſte, Flaggen, Tannengrün und dergleichen, von hieſigen Gewerbetreibenden ent⸗ nimmt. Wir machen dieſe Bewilligung jedoch ab⸗ hängig von einer Bedingung, nämlich der, daß gleich⸗ zeitig auch der Wilhelmplatz und der Luiſenplatz in entſprechender Weiſe ausgeſchmückt werden. Die er⸗ forderlichen Mittel ſollen dadurch gewonnen werden, daß die Ausſchmückung am Sophie⸗Charlotte⸗Platz und auf der Kaiſerdammbrücke vereinfacht wird. Dieſe beiden Punkte, die nach der Vorlage ausge⸗ ſchmückt werden ſollen, eignen ſich dazu meiner Mei⸗ nung nach nicht. Namentlich iſt der Sophie⸗Char⸗ lotte⸗Platz derartig vom Verkehr überlaſtet, daß ein ruhiges Genießen einer noch ſo ſchönen Aus⸗ ſchmückung wirklich nicht ſtattfinden könnte, und allein für die Automobilfahrer dort die Ausſchmückung vor⸗ zunehmen, dazu können ſich meine Freunde kaum entſchließen. Die Summe, die dafür angefordert iſt, iſt allerdings gering. Viel bedeutender iſt die Summe, die zu 4 angefordert wird; 9500 werden 247 hier verlangt. Das iſt mehr, als für die drei übrigen Punkte gefordert wird. Wenn Sie ſich die Aus⸗ ſchmückung, wie ſie geplant iſt, vergegenwärtigen, ſo werden Sie wohl mit mir der Meinung ſein, daß wir die ſchöne Brücke, die wir dort gebaut haben, zu ſehr verdecken; ſie kommt nicht zur rechten Geltung. Wir können von den 9500 ℳ mindeſtens 4000 ℳ ent⸗ nehmen und davon je 2000 ℳD für den Wilhelmplatz und für den Luiſenplatz verwenden. Meine Herren, hierher gehört die Ausſchmückung mit Recht. Sie ge⸗ hört in das Herz von Charlotenburg. Ich glaube nicht, daß die Einwohner der Berliner Straße Luſt empfinden würden, ihre Häuſer zu ſchmücken, wenn ſie nicht die Gewißheit hätten, daß auch der Wilhelm⸗ platz und der Luiſenplatz ausgeſchmückt würden. Das iſt die alte hiſtoriſche Eingangsſtraße von Charlotten⸗ burg, das iſt der amtlich ermittelte Mittelpunkt, hier liegt das Rathaus, hier ſitzt der alteingeſeſſene Bürger, hier findet die Jubelfeier für Jung und Alt ſtatt, hierher werden Zehntauſende von Berlin und auswärts kommen und die Ausſchmückung geradezu ſuchen. Sie würden ſich wundern, wenn ſie im Her⸗ zen von Charlottenburg, am Rathaus und am Schloß, keine Ausſchmückung finden würden. Meine Herren, aus dieſem Geſichtspunkte heraus bitten wir Sie, dem von mir geſtellten Antrag zuzu⸗ ſtimmen, die zu Nummer 3 und 4 geplante Aus⸗ ſchmückung derartig einzuſchränken, daß ſowohl der Wilhelmplatz wie der Luiſenplatz würdig ausgeſtattet werden können. Auf Einzelheiten einzugehen, ſcheint mir heute abend nicht angebracht zu ſein. Das könnte eventuell in einem Ausſchuß geſchehen; die Zeit eilt aber, ſo daß der Ausſchuß vielleicht mit ſeinen Be⸗ ratungen zu ſpät kommen würde. Ich erinnere mich jedoch, daß ſeinerzeit Ausſchmückungen, wie das Wap⸗ pen von Charlottenburg und der Springbrunnen am Knie, außerordentlich hervorragende Wirkungen er⸗ zielt haben. Ich gebe dieſen Geſichtspunkt zur Er⸗ wägung und bitte zum Schluß noch einmal: ſtimmen Sie nicht der Magiſtratsvorlage ohne weiteres zu, ſondern nehmen Sie meinen Zuſatzantrag an. Stadtrat Seydel: Da Herr Baurat Seeling in⸗ zwiſchen gekommen iſt und es ſich im weſentlichen um künſtleriſche Fragen handelt, wird er wohl zunächſt ſeine Meinung äußern wollen, ob es möglich iſt, die Kaiſerdammbrücke wie den Sophie⸗Charlotte⸗Platz mit etwa 4000 ℳ weniger ſo auszuſchmücken, daß es ſich noch verlohnt und eine einigermaßen ange⸗ meſſene Ausſchmückung dabei herauskommt. Mir erſcheint die ſe s als das Weſentliche: man kann nicht einfach ſtreichen und dann ſagen: nun, Baurat, mach, was du mit dem Gelde machen kannſt —, ſondern es muß von vornherein ſoviel für die einzelne Aus⸗ ſchmückung verfügbar ſein, daß auch ſchließlich etwas Anſtändiges dabei herauskommt. Das ſind aber im einzelnen techniſche Fragen, die ich nicht beurteilen kann und über die der Herr Baurat ſich wohl äußern wird. Im übrigen haben wir die Bismarckſtraße und den Kaiſerdamm deshalb in Ausſicht genommen, weil erfahrungsgemäß derjenige, den wir feiern wollen, wenn er zwiſchen Potsdam und Berlin ver⸗ kehrt, dieſen Straßenzug faſt täglich durchfährt, ſo daß die Ausſchmückung zugleich eine Huldigung für ihn darſtellt, was beim Luiſenplatz vorausſichtlich nicht in Betracht käme. Stadtbaurat Seeling: Meine Herren! Ehe wir an den Gedanken der Ausſchmückung herangegangen