4 250 Sitzung vom Zweitens iſt mir in den Ausführungen aufge⸗ fallen, daß die patriotiſche Stimmung hier doch ver⸗ ſchiedene Variationen aufgewieſen hat. Die einen Herren wollen die Ausſchmückung nicht des Jubilars wegen, ſondern des Kaiſerlichen Automobilklubs und ſeiner Nachbarklubs wegen, die durch den Kaiſerdamm und durch die Bismarckſtraße fahren. Ich meine, wenn die Herren vom Automobilklub und von den verwandten Korporationen Korſofahrten durch den Kaiſerdamm machen wollen, können ſie ſchon das Geld für die Ausſchmückung der Korſogegend allein aufbringen, dazu brauchte die Stadt nicht herzuhal⸗ ten. Die zweite Variation des Patriotismus lieferte ein Herr, der ſagte: patriotiſch wollen wir ſein, wenn die hieſigen Geſchäftsleute und Handwerker dabei auf ihre Koſten kommen. Demgegenüber müſſen Sie doch wohl ſchon zugeſtehen, meine Herren, daß wir Sozial⸗ demokraten die richtigere Nuance des Patriotismus getroffen haben, denn wir richten uns mit unſerm Antrag, dieſe Summe für ſozialpolitiſche, für Wohl⸗ fahrtszwecke zu verwenden, gänzlich nach den Inten⸗ tionen des Jubilars, (Sehr richtig!) der da geſagt hat, man ſolle vermeiden, die Gelder zu Repräſentationen, Ausſchmückungen und Geſchenk⸗ zwecken auszugeben, ſondern man ſolle ſie zu wohl⸗ rätigen Zwecken verwenden. Daher, meine ich, iſt es doch auch für Sie, wenn Sie ſo patriotiſch ſein wollen — und ich zweifle gar nicht daran —, ſehr naheliegend, daß Sie die 15 000 ℳ nicht für die Ausſchmückung der Straßen ausgeben, ſondern für einen dauernden Zweck der Wohlfahrt und der Er⸗ füllung ſozialpolitiſcher Aufgaben. Dabei halte ich es nicht für notwendig, daß wir die Summe dem Jubilar zur Verfügung ſtellen. Wie ſoll denn der Jubilar darüber befinden, wie in Charlottenburg dieſe 15 000 ℳ am zweckmäßigſten angelegt werden in Wohlfahrts⸗ und ſozialpolitiſchen Aufgaben! Das würde der Jubilar ſchon mit rückwendender Antwort uns wieder zuweiſen. Alſo Sie ſehen, meine Herren, wir Sozialdemokraten ſind wirklich einmal wieder die richtigen Patrioten. Stadtv. Otto: Meine Herren! Der Verlauf der Debatte hat bereits gezeigt, daß wir am beſten getan hätten, die ganze Angelegenheit in einem Aus⸗ ſchuſſe zu erörtern. Dazu ſind wir heute leider nicht in der Lage, denn der Ausſchuß könnte erſt heute über 14 Tage — das wäre faſt der Zeitpunkt der Jubi⸗ läumsfeier — ſeinen Bericht erſtatten. Es kann dem Magiſtrat der Vorwurf nicht erſpart bleiben, daß er uns dieſe Vorlage hätte früher herüberreichen können; dann hätten ſich die Unſtimmigkeiten, die zweifellos vorhanden ſind darin hat Kollege Zietſch durchaus recht —, vermeiden laſſen. Das iſt aber nicht mehr zu ändern. Wir müſſen nun ſehen, wie wir aus der Sache herauskommen. Das eine iſt doch ſicher, daß wir dem Wunſche des Jubilars, für ſoziale Zwecke größere Aufwen⸗ dungen zu machen, bereits entſprochen haben, (Sehr richtig!) und zwar in einem ſehr hoch anerkennenswerten Um⸗ fange. (Sehr richtig!) 28. Mai 1913 Das Zweite iſt ebenſo ſicher, daß wir als Reſidenz⸗ ſtadt Charlottenburg uns einer Verpflichtung, wie dieſe Vorlage ſie vorſieht, nicht entziehen können, (Sehr richtig!) da wir mit Berlin durchaus im Zuſammenhange ſtehen und nicht mit einem Mal jedem ertenntlich zeigen dürfen: hier fängt Charlottenburg an —, weil nämlich keine Ausſchmuckung vorhanden iſt. Dieſe Verpflichtung müſſen wir alſo ebenfalls anerkennen. Wenn wir dieſe Verpflichtung anertennen, dann iſt ſur mich der leitende Geſichtspunkt der: wir wollen vem, den wir an dem Tage feiern, eine Freude be⸗ reiten, und daraus ergibt ſich ohne weiteres: wir müſſen die Ausſchmückung in die Straßenzüge legen, die der Kaiſer paſſieren wird. Ich nehme an, daß. der Magiſtrat ſich bereits darüber informiert hat. Sollte das aber nicht geſchehen ſein, ſo möchte ich die dringende Bitte an den Magiſtrat richten, ſoweit es irgendwie möglich iſt, zu erfahren, wo der Kaiſer ſäyrt, damit wir danach auch die Ausſchmückung ein⸗ richten. Denn das muß der leitende Geſichtspunkt ſein: es iſt eine Aufmerkſamkeit der Reſidenzſtadt Charlottenburg für ihren Kaiſer. Damit deckt ſich das vollkommen, was andere Herren wünſchen. Die Bevölkerung ſtrebt dahin, wo es was zu ſehen gibt; wo der Kaiſer fährt mit ſeinem Gefolge, dahin wen⸗ det ſich die geſamte Menſchenmenge. Wenn das ge⸗ nügend vorher bekannt wird, ſo werden die Berliner Straße und der Luiſenplatz, falls der Kaiſer ſie nicht berührt, völlig leer bleiben, und alle werden nach der Bismarckſtraße und auch nach der Kaiſerdammbrücke ſtrömen, wenn ſie auch am Ende unſerer Gemarkung liegt. Ich glaube alſo, wer mit der Ausſchmückung zugleich der Bevölkerung etwas bieten will, erfüllt dieſen Wunſch durchaus, wenn er dieſen leitenden Ge⸗ ſichtspunkt anerkennt. Wenn der Magiſtrat in der Weiſe verfährt, alſo zu erfahren ſucht, falls es noch nicht geſchehen iſt, welchen Weg der Kaiſer bei ſeinem Beſuche Charlot⸗ tenburgs nimmt, und danach die Ausſchmückung ein⸗ richtet, ſo werden, glaube ich, berechtigte Wünſche durchaus Berückſichtigung finden können. Ich möchte unter dieſem Geſichtspunkt die ganze Frage, welche Straßenzüge auszuſchmücken ſind, dem Magiſtrat überlaſſen. Meine Herren, wir ſind nun einmal in der Lage, daß wir einen Ausſchuß nicht mehr ein⸗ ſetzen können. Da müſſen wir zum Magiſtrat unter der Vorausſetzung, die ich angedeutet habe, das Zu⸗ trauen haben, daß er das Richtige trifft. Daß die Aufwendungen, die bei der Gelegenheit von der Stadt gemacht werden, möglichſt Charlotten⸗ burger Gewerbetreibenden zukommen, das halte ich für ſelbſtverſtändlich. Ich unterſtreiche den Wunſch des Herrn Kollegen Rieſenberg; aber ich glaube, es war gar nicht nötig, ihn noch beſonders auszuſprechen. Ich nehme von unſerm Magiſtrat nichts anderes an. Benn Herr Kollege Zietſch dieſen Wunſch des Herrn Kollegen Rieſenberg als eine beſondere Art des Pa⸗ triotismus bezeichnet, ſo will ich ihm das Vergnügen ruhig überlaſſen. (Stadtv. Zietſch: Sie brauchen doch Rieſenberg nicht zu verteidigen!) 6 — Das brauche ich nicht; aber 9 wollte nicht Rieſen. berg verteidigen, ſondern Ihre Ausführungen etwas beleuchten. — Wenn Herr Kollege Zietſch 5 1 als die Ver⸗ ſich hinſtellt und die Sozialdemokraten