Sitzung vom 11. Juni 1913 indem wir uns durch beſondere Eile⸗ davon abhalten laſſen, eine Vorlage zu prüfen, die immerhin ein großes Riſtko in ſich birgt. Dem Herrn Kollegen Borchardt, der ganz richtig geſagt hat, daß es nicht uſuell wäre, einen Antrag auf Ausſchuß, wenn er hier geſtellt wird, abzulehnen, werde ich, falls einmal ſeine Fraktion oder er einen Ausſchuß wünſcht, nicht Gleiches mit Gleichem ver⸗ gelten, ihn alſo nicht auf eine Deputation verweiſen, in der die Sache ſchon genügend geprüft ſei, und in der ſeine Fraktion vielleicht in geringerer Zahl oder gar nicht vertreten war. Ich habe nicht gehört, daß der Deputation diejenigen Aufſchlüſſe gegeben wor⸗ den wären, die ich gewünſcht habe, wenigſtens habe ich unſere Vertreter darüber gefragt, ohne daß mir Mit⸗ teilung darüber gemacht werden konnte. Ich wünſche Angaben erſtens über die Verteilung der Ausgaben hinſichtlich des Fundus, der Gehälter uſw., und ich wünſche Angaben über die Einnahmen, über die Kautionen der Geſellſchaft, die geſtellt worden ſind, uſw., damit ich zu erkennen vermag, wie die finan⸗ ziellen Unterlagen beſchaffen ſind. Uebrigens könnten eigentlich über dieſe Fragen diejenigen Kollegen nicht abſtimmen, die als Akti⸗ onäre — wenn auch zum Teil nur aus ideellem In⸗ tereſſe — durch Aktienbeſitz beteiligt ſind, da dieſe nach § 44 der Städteordnung von der Beratung und dem Mitſtimmen ausgeſchloſſen ſind. Ich will jedoch auch hierauf keinen Wert legen, ſondern es jedem der Herren überlaſſen, ob er ſich für berechtigt hält, mit⸗ zuſtimmen. Da wir jedenfalls bis zur nächſten Stadt⸗ verordnetenverſammlung zu einem Beſchluß werden kommen können und dann noch Zeit genug ſein wird, die Abonnementsverhältniſſe zu regeln, bitte ich Sie alſo, die Sache nicht zu überſtürzen und dem Antrage auf Ausſchußberatung zuzuſtimmen. Stadtv. Dt. Stadthagen: Im Namen der großen Mehrheit meiner Freunde habe ich zu erklären, daß wir nicht für Ausſchußberatung ſind, (Bravo!) ſondern daß wir für die Annahme beider ohne Ausſchußberatung ſind. Aber, meine Herren, ich muß hier eine Feſt⸗ ſtellung bezüglich meines Amendements machen. Es iſt in der Deputation ausdrücklich erklärt worden, die Geſellſchaft wolle nur 2 Reihen zum zweiten Parkett hinzunehmen, das ginge aber aus baupolizeilichen Gründen nicht. Ich habe den Antrag dann ſpäter noch einmal wiederholt, und darauf hat der Herr Bau⸗ rat geſagt: es geht aus baupolizeilichen Gründen nicht. Es iſt uns kein anderer Grund vorgeführt worden. Jetzt habe ich mich mit dem Dezernenten der Bau⸗ poligei im Polizeipräſidium in Verbindung geſetzt, weil ich mir nicht denken konnte, daß eine ſolche Be⸗ ſtimmung vorhanden wäre, weil ich ein Mißverſtänd⸗ nis annahm. Ich habe überhaupt kein Verſtändnis dafür gefunden, daß eine baupolizeiliche Verordnung es hindern ſollte, daß in vier Reihen durch eine Tür zwar die Beſucher des I. Parketts gehen können, aber nicht zwei Reihen I. und zwei Reihen II. Par⸗ kettbeſucher. In ſo und ſo vielen Theatern wird nach der Bankreihe bezahlt, z. B. in Braunſchweig; da wechſelt der Preis beinahe von Bank zu Bank, und natürlich gehen die Beſucher mehrerer Bänke durch eine Tür. Das ſchadet in keiner Weiſe, und die Sache bleibt genau ſo wie jetzt. Vorlagen 277 Naun wurde mir auf dem Polizeipräſidium geſagt, es könnte ſein, daß die Kontrolle erſchwert wird; es wurde aber an Hand des Planes feſtgeſtellt, daß das nicht der Fall wäre, denn die Bänke und Plätze ſind durchnumeriert, und ein jeder Beſucher geht mit ſeiner Nummer auf ſeinen Platz, und damit baſta! Es liegt alſo kein Grund zur Befürchtung vor. Aber die Geſellſchaft verliert vorausſichtlich 15 000 ℳ und vielleicht wir auch. Es iſt lediglich dieſer Grund uns entgegengehalten und geſagt worden, die Geſell⸗ ſchaft hätte das auch gewollt, es aber aus baupolizei⸗ lichen Gründen fallen laſſen. Ich bitte Sie, den An⸗ trag anzunehmen, der beſagt, daß, wenn baupolizei⸗ liche Gründe dem nicht entgegenſtehen, dann nur 2 Reihen zum II. Parkett zugenommen werden. Ich wäre auch bereit, in den Antrag noch hineinzunehmen: „und wenn die Geſellſchaft damit einverſtanden iſt“. Denn ich gebe zu, daß ſie die Verhältniſſe beſſer be⸗ urteilen kann als wir. Dann haben wir aber alles getan, um das finanzielle Riſiko zu verringern, und binden weder den Magiſtrat noch die Geſellſchaft in irgend einer Weiſe. Stadtv. Gredy: Meine Herren! Wie Kollege Stadthagen ſchon geſagt hat, hat ſich der größte Teil der Herren unſerer Fraktion für die unbedingte An⸗ nahme dieſer beiden Vorlagen erklärt. Das Amen⸗ dement des Herrn Kollegen Stadthagen iſt übrigens bei uns gar nicht zur Beſprechung gekommen. Wir ſind von einem hervorragenden Sachverſtändigen, der Mitglied der Verwaltung iſt, über die Tragweite der Vorlagen belehrt worden, und ich bitte Sie des⸗ halb, beide Vorlagen glatt anzunehmen. Stadtv. Kaufmann (zur Geſchäftsordnung): Kollege Liepmann regte vorhin an, daß ſich Aktionäre der Abſtimmung zu enthalten hätten. Ich will die Frage, die mit § 44 der Städteordnung zuſammen⸗ hängt, und die wir in früheren Stadien reiflich dis⸗ kutiert haben, wobei auch dieſe Auffaſſung genügend Widerſpruch gefunden hat, jetzt nicht erörtern; denn ich glaube, kein Aktionär hat Aktien genommen, um ſich dadurch einen Gewinn zu verſchaffen, ſondern nur, um das Unternehmen zu ſtärken. (Sehr richtigl) Ohne auf dieſe Frage weiter einzugehen, will ich namens der Herren Hirſch und Jachmann und in meinem Namen hier die Erklärung abgeben, daß wir, obgleich wir nicht Aktionäre ſind, auch keine Tantieme von der Geſellſchaft erhalten, uns in unſerer Eigen⸗ ſchaft als Mitglieder des Aufſichtsrats freiwillig der Abſtimmung enthalten werden. Wir geben aber da⸗ mit unſer Recht, in dieſen Fragen mitzuſtimmen, keineswegs auf. (Die Verſammlung lehnt den Antrag des Stadtv. Dr Liepmann, die beiden Vorlagen einem Ausſchuß zu überweiſen, ab und beſchließt mit großer Mehrheit zu Punkt 12 nach dem Antrage des Magi⸗ ſtrats, wie folgt: Den aus der abgedruckten Anlage erſicht⸗ lichen Abänderungen des zwiſchen der Stadt⸗ gemeinde Charlottenburg und der Opern⸗ betriebs⸗Aktiengeſellſchaft „Deutſches Opern⸗ haus“ abgeſchloſſenen Pachtvertrages wird zu⸗ geſtimmt.)