Sitzung vom 11. Juni 1913 doch ſchon jetzt mit der neu aviſierten Anleihe und ſtellt ſie in ihre Dispoſitionen ein. Jedenfalls wird das Lagern der Anleihe in unſerm Treſor die Be⸗ gebungsbedingungen nicht erleichtern, und darum hätte man ſelbſt mit der Ankündigung der Anleihe warten ſollen, bis eine beſſere Zeit kommt: freilich alſo nach den vorhandenen Ausſichten ziemlich lange. Ich glaube jedoch, daß es auch nichts ſchadet, wenn wir in unſerem Vorgehen ein langſameres Tempo ein⸗ ſchlagen. Schon allein die Ankündigung der Anleihe drückt auf den Geldmarkt und verſchlechtert dadurch die Poſition derjenigen, die Geld ſuchen müſſen, und damit auch unſere Poſition als Anleiheherausgeber. Nun muß ich ja zugeben, meine Herren, daß die Speiſekarte für die verſchiedenen Verwendungen der Anleihe meiſtenteils ſehr begehrenswerte Gerichte aufführt. Die Gerichte ſind nicht nur ſchön, ſondern ſind auch ſtärkend, und ſie würden, wenn wir ſie be⸗ kommen, zur Kräftigung und zum Wachstum von Charlottenburg beitragen. Aber ſelbſt derjenige, der Appetit hat und eine Knappheit in der Börſe empfin⸗ det, muß ſich beſcheiden und ſich an Mäßigkeit und Frugalität genügen laſſen. wo wir jetzt einer immerhin wahrſcheinlich noch be⸗ trächtlichen Erhöhung unſeres Steuerſatzes entgegen⸗ ſehen müſſen und ſchon eine erhebliche Laſt von Schulden zu tragen haben, die durch die Tilgungs⸗ bedingungen immer noch läſtiger werden, verlangen, immer Spargel und primeurs zu eſſen, ſondern müſſen uns ebenſo ſchon einmal an Kartoffeln und Dörrgemüſe genügen laſſen. (Heiterkeit.) Darum eben ſehe ich nicht ein, warum immer in drei⸗ jähriger Periode eine Anleihe wiederkehren muß, warum wir uns nicht mit einer Olympiade begnügen können. Meine Herren, Laufſchritt iſt ja ſehr ſchön; aber auch der langſame Schritt übt. Allerdings iſt dieſe Uebung ja früher als Strafe angewendet wor⸗ den, aber ich möchte ſie hier nicht ſo verſtanden ſehen, und ich habe nicht die geringſte Abſicht, damit Zenſur anszuuben, ich will nur Verlangſamung der Gangart. Wenn wir uns etwas mehr Zeit zum Verſchnaufen beim Herantreten an dieſe koſtſpieligen Aufgaben laſſen, ſo wird dies für die Entwicklung und für die Feſtigkeit unſerer Fundamentierung nur von Vorteil ſein. Soviel über die allgemeine Lage! Nun komme ich auf die Höhe der Anleihe und möchte da vorab ganz allgemein der Hoffnung Aus⸗ druck geben, daß wir doch einen ganz beträchtlichen Teil werden herausſtreichen können. Meine Herren, da iſt zunächſt ſchon geſprochen worden von den 5,35 Millionen, die für die Anle⸗ gung des Hafens, zum Teil auf Gemeinde⸗ beſchlüſſen beruhend, gebraucht werden. Dieſe Be⸗ ſchlüſſe in Ehren, aber jetzt iſt doch ein vollkommenes Novum dadurch geſchaffen worden, daß Berlin in ſeinem Ausſchuß beſchloſſen hat, ganz in unſerer Nähe, in Plötzenſee, einen großartigen Hafen mit einem Aufwand von 18 Millionen anzulegen. Da werden wir uns doch wohl überlegen, ob wir die bisherigen Gemeindebeſchlüſſe aufrecht erhal⸗ ten ſollen, und ich hoffe, daß ſich ſolchen Ueberlegun⸗ gen auch der Magiſtrat nicht entzieht. (Zuruf: Sollen wir das aus laufenden Mitteln nehmen?) bekommen werden. Auch wir können nicht, 285 Als höchſt zweifelhaft erſcheint mir auch die Frage der Einrichtung eines Ambula⸗ tori ums. Ob ein ſolches wohltätig wirken wird auf die Stadt und auf die Steuerkraft weiter Kreiſe? Dann wird für die Erweiterung des Kranken⸗ hauſes der enorme Satz von über 3,25 Millionen gefordert, trotzdem wir ſchon durch die Einrichtung des Pavillons II. Klaſſe eine größere Zahl von Betten Außerdem hat nun unſere Be⸗ völkerung, wie ſchon der Herr Referent erwähnt hat, leider nicht in dem von früher gewohnten Maße zu⸗ genommen, ſondern im Gegenteil, verglichen mit Ende Januar, in dem erſten Vierteljahr um 3500 Seelen abgenommen, und wenn ich dieſes Quartal vergleiche mit dem Quartal zu Oktober, ſo hat ſie auch da eine Abnahme, allerdings nur von 1300 Seelen, gehabt. Während die Bevölkerung Ende Januar 1913 327 000 betrug, zählte ſie Ende März 1913 nur 323 000. Die Zunahme betrug 1910: 21 000, 1911: 14 000 und 1912 nur 6800 Seelen. Angeſichts dieſer fallenden Wachstumsſkala dürfen wir eine beträchtliche Zunahme in den nächſten Jahren kaum erwarten, und da ſcheint es mir doch höchſt zweifelhaft, ob eine derart beträchtliche Erweiterung unſeres an und für ſich ſchon großen und großartigen Krankenhauſes notwendig eintreten muß. Dasſelbe Bedenken habe ich auch bei der Frage des Ausbaues der Waſſerwerke — nicht, daß ich glaube, eine Vergrößerung der Waſſerwerke werde nicht notwendig ſein; aber ich frage mich: wird ſie ſo raſch notwendig ſein, daß wir nicht das neue Pro⸗ jekt, für deſſen Ausarbeitung ja bereits eine Forde⸗ rung angeſetzt worden iſt, abwarten können, ſondern noch in dieſes alte Werk eine Summe von etwa zwei Millionen hineinſtecken müſſen? So könnte ich Ihnen — ich will nicht weiter auf Einzelheiten eingehen — noch verſchiedene Zweifel hier entwickeln, glaube aber, daß die Erörterung dieſer Spezialitäten beſſer in dem Ausſchuß geſchieht. Dort wird jedoch um ſo dringender die Frage der Not⸗ wendigkeit jedes Poſtens zu prüfen ſein. Nur darauf möchte ich noch hinweiſen, daß wir im ganzen erſt 27 Millionen unſerer Anleihe getilgt haben und ſchon wieder ein größerer Poſten aufgenommen werden ſoll, und ferner und ſehr nachdrücklich darauf, daß die Relation zwiſchen den Anleihen für werbende Unter⸗ nehmungen und denjenigen für ſolche Unternehmun⸗ gen, die nichts einbringen, ſeit Aufnahme der letzten Anleihe ſehr ungünſtig geworden iſt. Ich kann mich daher der am Schluſſe unſerer Vorlage ausgeſproche⸗ nen Hoffnung, daß durch die Ausführung dieſer Unter⸗ nehmungen, die durch die Anleihe bewerkſtelligt wer⸗ den ſollen, unſere Steuerkraft gehoben werden wird, nicht anſchließen; denn ich ſehe nicht ein, wie gerade durch die Verwirklichung dieſer Projekte potente Steuerzahler in größerer Menge herangezogen wer⸗ den und wie die bisher hier wohnenden ihre Ein⸗ nahmen und ihre Geſchäfte dadurch verbeſſert ſehen ſollen. Meine Fraktion ſtimmt alſo dem Antrage, daß die Vorlage in einem Ausſchuſſe geprüft werden ſoll, gern zu, in der Hoffnung, daß es dort, wenn wir die Einzelheiten genau unter die Lupe nehmen, gelingen wird, noch einen Teil der ausgeworfenen Summen herabzuſetzen. Da in dieſem Ausſchuß ſo wichtige Fragen zu erörtern ſind und jetzt die Reiſe⸗ zeit herannaht, ſo glauben wir in unſerer Fraktion, daß es doch wohl dienlich wäre, wenn wir die Be⸗