Sitzung vom 25. Juni 1913 in der Magiſtratsvorlage wiederholt zum Ausdruck kommt, daß die Stadt die Lehrkräfte an privaten höhe⸗ ren Mädchenſchulen unter keinen Umſtänden beſſer ſtellen möchte als die an den Gemeindeſchulen ange⸗ ſtellten, ſo war es nicht möglich, dieſe Aenderung vor⸗ unehmen. Der Ausſchuß hat aber beſchloſſen, ein ebergangsſtadium zu ſchaffen, und dieſes Uebergangs⸗ ſtadium kommt in dem Antrag, den Sie als zweiten ſatz unter Abſchnitt I finden, zum Ausdruck. Meine Herren, die Magiſtratsvorlage enthält eine große Fülle von Arbeit. Das wurde auch im Aus⸗ ſchuß anerkannt. In den meiſten Punkten hat der Ausſchuß dem Magiſtrat folgen können. Insbeſondere hat er die Struktur der Vorlage, das Prinzip der Selbſt⸗ verſicherung, unangetaſtet gelaſſen. In einer anderen wichtigen Frage dagegen, in der Frage, ob allen Lehr⸗ kräften das Ruhegeld zuteil werden ſolle oder nicht, mußte die Mehrheit des Ausſchuſſes andere Wege gehen als der Magiſtrat und zu einer abweichenden Beſchlußfaſſung kommen: nicht aus Mangel an ſozialem Empfinden, ſondern einzig und allein aus dem Gefühl der Gerech⸗ tigkeit heraus, Sehr richtig!) der Gerechtigkeit gegenüber zahlreichen Mitbürgern, deren Kinder von gewiſſen Schulen zurückgewieſen werden. möchte Sie bitten, dieſen Geſichtspunkt bei Ihrer Be⸗ ſchlußfaſſung nicht aus dem Auge zu verlieren und die Magiſtratsvorlage mit den Abänderungsanträgen des Ausſchuſſes anzunehmen. (Bravol) Bürgermeiſter Dr. Maier: Meine Herren! Es iſt ja nicht zu verkennen, daß der Ausſchuß in der Behandlung der Schulen mit konfeſſtoneller Be⸗ ſchränkung durch den Abſ. 2, den er hinter den erſten Abſatz der Ziffer I unſerer Anträge eingeſchaltet hat, gegenüber dem früheren Standpunkt ein Entgegen⸗ kommen bewieſen hat, was ich gewiß dankbar aner⸗ kenne. Aber Sie werden es mir nicht verübeln, wenn ich trotzdem den Standpunkt des Magiſtrats, der wei⸗ ter geht, hier noch einmal vertrete und mich vor allen Dingen gegen die Ausführungen des Herrn Refe⸗ renten wende, daß ein Gefühl der Gerechtigkeit die Einſchaltung dieſes Abſ. 2 erfordere. Meine Herren, der Magiſtrat ſteht nach wie vor auf dem Standpunkt, daß das Gefühl der Gerechtig⸗ keit es erfordert, daß ſämtlichen Lehrperſonen, die in Charlottenburg zugunſten Charlottenburger Kinder tätig geweſen ſind, die Altersverſorgung zuteil wird, die wir durch unſere Vorlage anſtreben. Wir ſind der Anſicht, daß in dieſer Beziehung ein Unterſchied zwiſchen konfeſſionell beſchränkten und konfeſſtonell nicht beſchränkten Schulen nicht gemacht werden kann, weil ſchon rein techniſch betrachtet ein ſtändiger Wechſel unter den einzelnen Schulen ſtattfindet und weil es auch techniſch faſt unmöglich iſt, nach 15 Jahren feſtzuſtellen, ob eine Schule damals eine konfeſſionell beſchränkte oder eine konfeſſionell unbe⸗ ſchränkte Schule war. (Sehr richtig!) Uns werden damit Aufgaben zugemutet, die wir ſchwerlich in der Lage ſind wirklich objektiv zu er⸗ 301 füllen. Ich glaube, meine Herren, daß die Stadt⸗ verordnetenverſammlung und daß gerade diejenigen Herren, die die jüdiſchen Mitbürger vor Zurückſetzung ſchützen wollen, beſtrebt ſein müßten, in dieſer Frage mit der vollſten Objektivität vorzugehen gegenüber den armen Lehrerinnen, die genötigt ſind, aus Brot⸗ rückſichten eine Stellung anzunehmen, die ihnen viel⸗ leicht gar nicht behagt, (Sehr richtig!) unter Verhältniſſen, die ſie vielleicht bei Annahme der Stellung noch gar nicht gekannt haben. (Sehr richtigl) Denn wenn eine Lehrerin von fremden Städten her ein Engagement eingeht, dann iſt es kaum zu er⸗ warten, daß ſie ſich nach dieſen Fragen vorher er⸗ kundigt. Man kann ihr nicht zumuten, nachdem ſie einmal ein Engagement eingegangen iſt, dieſes En⸗ gagement ſofort wieder zu löſen. Eben iſt durch Zwiſchenruf der Einwurf ge⸗ macht worden, die Lehrerin brauche nicht 15 Jahre an der Schule zu bleiben. Nein, meine Herren, darum handelt es ſich nicht. Es ſoll ihr diejenige Zeit nicht angerechnet werden, während welcher ſie an ch der konfeſſionell beſchränkten Schule tätig geweſen iſt, ſelbſt wenn ſie ſpäter an eine konfeſſionell unbe⸗ ſchränkte Schule übergeht. Alſo für dieſe Zeit ſoll die Lehrerin geſtraft werden. Meine Herren, das iſt keine Gerechtigkeit. Ich will indeß die Debatte, die wir ſchon im Ausſchuß — ich kann wohl ſagen: bis zum Ueberdruß — geführt haben, nicht noch weiter ausſpinnen. Ich möchte alſo nochmals lediglich den Standpunkt des Magiſtrats ausdrücklich in dieſem Sinne feſtſtellen und Sie bitten, ihm zu folgen. (Bravo!) Stadtv. Granitza: Meine Herren! Ich kann von meinem Rechtsſtandpunkt aus die Magiſtrats⸗ vorlage nicht verſtehen. Wenn ich alle Vorzüge und Nachteile der höheren Privatſchulen erwäge, ſo komme ich von meinem Standpunkt aus überhaupt zu einer Verneinung der privaten höheren Mädchen⸗ ſchulen ebenſo wie zu einer Verneinung einer Sonder⸗ ſchule an ſich. Ich ſtehe vielmehr auf dem Stand⸗ punkt: alle höheren Schulen ſollen ſich auf einer allge⸗ meinen Volksſchule aufbauen; ohne Rückſicht auf Er⸗ ziehung, auf Geldmittel, auf Stand ſollen alle Kinder, gleichviel welcher Konfeſſton oder Religion, in die allgemeine Volksſchule gehen. Wenn es alſo nach mir ginge, würde ich alle dieſe höheren Mädchen⸗ ſchulen im Laufe der Zeit ſtrangulieren und ich würde eine kommunale Volksſchule, eine Staatsſchule lieber ſehen als eine private Schule. Nun weiß ich, daß die Stadt eine ganze Menge Erſparungen macht, wenn ſie oder der Staat Privat⸗ ſchulen zuläßt. Ich weiß, daß die Privatſchulen uns nicht viel Geld koſten, daß ſie ſich der fluktuierenden Bevölkerung anpaſſen uſw. Ich weiß auch, daß ſie die allgemeine Volksbildung fördern. Aber die Schäden der Privatſchule erſcheinen mir auf der anderen Seite ſo groß, daß ich, wenn ich ſie abwäge, zu ihrer Negierung aus folgenden Gründen komme: 1. ſie durchbricht das Prinzip der allgemeinen Schule, denn ſie iſt eine höhere Schule; 2. ſie nutzt die Lehr⸗