304 ſtützung nur die Leiter der Anſtalten ausgenommen hatte, an denen konfeſſionelle Beſchränkungen beſtehen, aber nicht die Lehrkräfte. Die Stadwerordnetenver⸗ ſammlung hatte durch einen Zuſatz gerade ihren ent⸗ gegengeſetzten Standpunkt beſonders markiert, und es rommt einem faſt ſo vor, als wenn dieſe neue Vorlage, welche die Sache auf einer ganz neuen Grundlage zu legeln vorſchlägt, ihre Entſtehung lediglich der Abſicht verdankt, jenen Beſchluß der Stadtverordnetenverſamm⸗ lung bei dieſer Gelegenheit überflüſſig zu machen. Wiederholt iſt auch heute der Standpunkt der Ge⸗ rechtigkeit geltend gemacht worden, zuerſt von dem Herrn Referenten in nach meiner Meinung durchaus richtiger Weiſe, dann aber von dem Herm Bürger⸗ meiſter in der Weiſe, daß es ſich hier um eine Ge⸗ rechtigkeit gegen die Lehrerinnen handeln müſſe. Hier ſteht eine Auffaſſung gegen die andere, und Sie haben kein Recht zu behaupten, daß das eine gerecht und das andere ungerecht iſt. Jeder von uns wird fühlen, daß im einzelnen Falle eine Lehrerin zu beklagen iſt, wenn ihr die von der Stadt generell zu gewährende Unter⸗ ſtützung nicht zu teil wird. Wenn man aber einen Grundſatz in der ernſten Abſicht durchführen will, einen Schaden auszurotten, der wie ein Krebsſchaden an un⸗ ſerer Bevölkerung frißt, ſo kann man nicht nach rechts oder links ſehen und kann nicht den Schaden berück⸗ ſichtigen, der für den einzelnen daraus entſtehen könnte, wenn er ſich nicht rechtzeitig rettet. Herr Kollege Jaſtrow hat vielleicht in einer über⸗ ſprudelnden Aeußerung ſeines enſten Empfindens den Ausdruck gebraucht: „jüdiſche“ Stadtverordnete erklär⸗ ten, daß das Gerechtigkeitsgefühl der Bevölkerung ver⸗ letzt würde. Ich und viele von uns, die in gleicher Situation ſind, fühlen ſich nicht als jüdiſche Stadtver⸗ ordnete, ſondern lediglich als Stadtverordnete von Charlottnburg, (Sehr richtig!) und als ſolcher muß ich j e de Beſchränkung eines Teils meiner Mitbürger, jede gehäſſige Ausſchließung, die aus Gründen der Konfeſſion dem Einzelnen zugefügt wird, für einen Schaden halten, den ich von Grund aus als Stadtverordneter zu bekämpfen habe. (Bravol) Von dieſem Standpunkte aus muß ich es er⸗ tragen, daß eine einzelne Lehrerin — man ſpricht übri⸗ gens fälſchlich immer von Lehrerinnen, es kann ſich ja auch um Lehrer handeln , daß eine einzelne Lehr⸗ kraft geſchädigt wird. Das kann vorübergehend der Fall ſein; aber der Betreffende muß nach dem Rechten ſehen, er kann es unmöglich üb er ſehen, wenn er an einer ſolchen Schule, bei der überhaupt oder zum gro⸗ ßen Teil eine konfeſſionelle Beſchränkung beſteht, die Tätigkeit fortſetzt. Für ſo blind und ſo mit einer Binde umgeben darf man doch wahrlich unſere Lehrkräfte nicht halten. Wenn ſie urſprünglich einmal an eine ſolche Schule — um den Ausdruck zu gebrauchen — ver⸗ chlagen ſein ſollten, ſo werden ſie doch in Kürze ein⸗ ſehen, worum es ſich handelt und wie der Haſe läuft, und dann müßten ſie vom Standpunkt der Unbefangen⸗ heit und Objektivität aus ſagen: an einer ſolchen Schule weiter mitzuwirken, geht nicht an, ſonſt begehe ich mit eine Sünde und nehme mit eine Schuld auf mich, wenn ich weiter meine Kraft dieſer Anſtalt widme. (Zurufe.) Was Herr Kollege Jolenberg einwirft, käme darauf hinaus, daß man jedem, der einen Fehler gemacht hat, Sitzung vom 25. Juni 1913 eine neue Stelle verſchaffen muß; das iſt ein Verlangen, das zu weit geht. Wer ſich in ein Unternehmen begibt, bei dem er ſpäter ſieht, daß er nicht hineingehört, wird nicht verlangen können, daß man ihm ohne weiteres ein anderes Unterkommen bietet. Ich glaube auch gar nicht, daß der Fall ſo häufig vorkommt. Ich verharre alſo vor allem unbedingt auf dem Standpunkt, daß man in erſter Linie jede gehäſſige und engherzige Be⸗ ſchränkung bekämpfen muß. Meine Herren, die Vorlage, wie wir ſie hier haben, iſt äußerſt kompliziert, auch in ihren finanziellen Be⸗ ſtimmungen von einer höchſt undurchſichtigen Komnli⸗ ziertheit, und trotz dieſer Kompliziertheit hat ſie noch eine Lücke: ich ſehe z. B. nicht ein, weshalb die Aus⸗ nahme ſich nur auf konfeſſionell beſchränkte Schulen beziehen ſoll. Ich kann mir vorſtellen, daß ſich auch eine adlige Schule etabliert, und ich würde niemals geneigt ſein, einem Leiter oder den Lehrkräf⸗ ten, oie ihm zur Seite ſtehen, eine ſtädtiſche Unter⸗ ſtützung zu gewähren, wenn er ſeine Schule lediglich für adlige Kinder halten will. Man kann ihm das nicht verwehren, er mag es tun, wenn er will; aber er muß auch wiſſen, daß er dann nicht die Ausſicht hat, von der Stadt eine Unterſtützung zu beziehen. Glücklicher⸗ weiſe haben wir dergleichen in Charlottenburg nicht, wohl aber an anderen Stellen. Genug, ich ſtehe auf dem Standpunkt, daß man nicht nur den Vorſchlag des Herrn Bürgermeiſters, der die Magiſtratsvorlage aufrecht erhält, ablehnen muß, ſondern ich gehe ſogar ſo weit, daß ich auch mit dem Ausſchußantrag nicht zufrieden bin. Ich hatte im Aus⸗ ſchuß den Antrag geſtellt, daß diejenigen Lehrkräfte von der ſtädtiſchen Unterſtützung auszuſchließen wären, die „vorwiegend“ an Anſtalten mit konfeſſioneller Be⸗ ſchränkung tätig ſind. Ich konnte mich mit dem An⸗ trag, wie er vorliegt und der ſagt, daß eine Lehrkraft, die gleichzeitig an einer Schule mit beſchränkter und an einer mit unbeſchränkter Aufnahme tätig iſt, ohne wei⸗ teres die ſtädtiſche Unterſtützung erhält, nicht einver⸗ ſtanden erklären. Aber der Ausſchuß verwarf meine ſchärfere Faſſung. Ich will jetzt nicht noch einmal mit einem beſonderen Antrag auftreten, weil ich ihn für ausſichtslos halte. Aber die Meinung der Verſamm⸗ lung wird ſich einfach feſtſtellen laſſen, wenn man den Satz 2 von Abſatz 2 der Ziffer I zur beſonderen Ab⸗ ſtimmung ſtellt. Ich wiederhole, meine Herren, man muß nicht nur immer auf die ſogenannte antiſemitiſche Richtung hin⸗ weiſen, ſondern man muß feſthalten: jeder, der die Ausſchließung einer Konfeſſion erſtrebt — namentlich an einer Schule, die doch die Fahne der Bildung und Aufklärung hochzuhalten berufen iſt —, muß unter allen Umſtänden der Unterſtützung ſeitens der Stadt entraten. (Bravo!) Stadtv. Vogel: Meine Herren! Schon in der Ausſchußſitzung war ich erſtaunt über die langen Streitereien wegen der Unterſtützung der Lehrerinnen in Rückſicht auf die Anzahl der Stunden, die ſie an konfeſſtonell beſchränkten Anſtalten geben, darüber, daß ſie keine Unterſtützung bekommen ſollten, wenn an der Stundenzahl, die in konfeſſionell unbeſchränkten An⸗ ſtalten erteilt ſind, einige Stunden fehlen. Ich wurde auch darüber interpelliert, warum ich mich nicht an dieſer Katzbalgerei beteiligt hätte. (Heiterkeit.)