314 Natur in ſeltener Fülle mit Gaben des Verſtandes und des Geiſtes begabt war, der mit eiſerner Konſe⸗ quenz und mit nie ruhender Energie trotz der größ⸗ ten Ungunſt der äußeren Umſtände an ſich gearbeitet hat, um alles das zur Entwicklung, zur Blüte und Reife zu bringen, was ihm von der Natur an Gaben mitgegeben war,und das nicht etwa in erſter Linie, um ſich ſelbſt zu fördern und für ſeine Perſon Vor⸗ teile zu erlangen, ſondern im weſentlichen und haupt⸗ ſächlich im Dienſte der Sache, der er ſich ergeben hatte und an deren Zukunft er feſt und unerſchütter⸗ lich glaubte. So haben wir in dem Kollegen Zietſch einen Mann von reinem, lauterem und wahrhaftem Charak⸗ ter kennen gelernt. Wir ſahen ihn unter uns als einen beredten und begeiſterten Verteidiger ſeiner Ideen. In dem Kampf der Meinungen fanden wir an ihm einen offenen und ehrlichen Gegner, dem auch diejenigen, die ihn als politiſchen Gegner bekämpften und bekämpfen mußten, niemals die Achtung und Anerkennung verſagt haben werden. Im perſönlichen Verkehr war er von großer Liebenswürdigkeit; er trat mit einer gewiſſen anſpruchsloſen Freundlichkeit allen Kollegen gegenüber, und ſo iſt es gekommen, daß auch neben der Zahl ſeiner engeren politiſchen Freunde viele aus der Verſammlung hier wärmere und herz⸗ lichere perſönliche Beziehungen zu ihm unterhalten haben. Wir alle aber beklagen und bedauern den Tod dieſes vortrefflichen Mannes, der auch für die Arbei⸗ ten unſerer Stadt, für die Arbeiten der Bürger ſtets ein reiches Maß von Zeit, Kraft und Anſtrengung geopfert hat. Wir werden ſein Andenken ſtets in Ehren halten. Sie haben ſich zur Bekräftigung deſſen von Ihren Sitzen erhoben, was ich hiermit dankend feſtſtelle. Da der Vorſtand der Verſammlung zur Zeit der Trauerfeier in Charlottenburg nicht anweſend war, ſo hat das älteſte anweſende Mitglied, Herr Kollege Kaufmann, die Vertretung desſelben übernommen und auch im Namen der Verſammlung an die trauernde Witwe ein Beileidsſchreiben gerichtet, wo⸗ von ich Ihnen ebenfalls Kenntnis geben möchte. Bevor wir zu Punkt 1 der Tagesordnung über⸗ gehen, möchte ich noch bemerken, daß eine Anfrage eingegangen iſt, die folgendermaßen lautet: Magiſtrat wird um Auskunft gebeten, ob bei Erbauung des Bahnhofs Wittenbergplat die Intereſſen der Stadtgemeinde ſeitens der Hoch⸗ und Untergrundbahngeſellſchaft in jeder Beziehung genügend berückſichtigt worden ſind. Ich werde die Anfrage in der gewöhnlichen Weiſe behandeln, falls nicht die Herren Magiſtratsvertreter die Abſicht haben, ſie in der heutigen Sitzung zu be⸗ antworten. Bürgermeiſter Dr Maier: Ich bitte, die Beant⸗ wortung dieſer Anfrage auf die Tagesordnung der Sitzung vom 8. Oktober zu ſetzen, weil dann auch der Dezernent anweſend ſein kann. Vorſteher Dr Frentzel: Gut, das wird geſchehen. Ferner teile ich Ihnen mit, daß 9 Einbürge⸗ rungsgeſuche ſowie die Liſte der im April/Juni d. I. erledigten Einbürgerungsgeſuche ausgelegt werden; ferner eine Eingabe der Diplom⸗Ingenieure Bittner und Gen. vom 16. Auguſt 1913 betr. Anſtellungs⸗ und Beſoldungsverhältniſſe. Sitzung vom 10. September 1913 Wir treten nunmehr in die Tagesordnung ein. Punkt 1: Mitteilungen betr. unvermutete Prüfung der ſtädti⸗ ſchen Kaſſen am 16. Juli und 18. Auguſt 1913. (Die Verſammlung nimmt Kenntnis.) Punkt 2: Mitteilung betr. Ehrenpreiſe. — Druckſache 219. (Die Verſammlung nimmt Kenntnis.) Punkt 3: Mitteilung betr. Jahresabſchluß für 1912. — Druck⸗ ſache 220. Stadtv. Dr Stadthagen: Meine Herren! Es liegt ja nahe, bei dem Jahresabſchluß für 1912 auf viele wichtige Punkte dieſes Abſchluſſes einzugehen, ich möchte mir das aber naturgemäß in der öffent⸗ lichen Verſammlung verſagen. Es würde allerdings die Frage entſtehen, ob wir nicht vielleicht in ſpäteren Jahren einmal geradeden JIahresabſchluß einem Ausſchuß über⸗ weiſen ſollen, um an der Hand des Jahresabſchluſſes über die Entwick⸗ lung der finanziellen Verhältniſſe in Charlottenburg mit dem Magiſtrat eingehende Fühlung zu nehmen. Ich glaube, es würde ſich das in größerer Ruhe beim Jahres⸗ abſchluß machen laſſen, als es bei dem neuen Etat möglich iſt, wo doch die laufenden Sachen glatt er⸗ ledigt werden müſſen. 4 An einer Tatſache aber, glaube ich, dürfen wir auch hier nicht vorübergehen, nämlich an der, daß der Ueberſchuß dieſes Jahres nicht den Betrag von 1 Million Mark erreicht hat. Wir haben im Jahre 1906 den Beſchluß gefaßt, die Ueberſchüſſe der ver⸗ gangenen Jahre bzw. des vorvergangenen Jahres immer nur in Höhe von 1 Million Mark in den übernächſten Etat einzuſtellen, während bis dahin ſtets die vollen Ueberſchüſſe in den Etat des über⸗ nächſten Jahres eingeſtellt worden waren. Es iſt das damals geſchehen, um eine gewiſſe Konſtanz in den Etat zu bringen und mit einer feſten Summe rechnen zu können. Die Ueberſchüſſe in den Jahren ſeit 1906 waren in Millionen Mark: 1,78, 1,36, 0,50, 1,39, 2,12, 1,36 und im Jahre 1912 0,84. Bis auf das Jahr 1908 iſt nur im Jahre 1912 der Betrag von 1 Mil⸗ lion Mark nicht erreicht worden. Die Möglichkeit, daß dieſer Fall vielleicht noch öfters zu erwarten iſt, legt die Ueberlegung nahe, ob wir niſcht zuſehen ſollen, den Etat in Zu⸗ kunft auch ohne die Einſtellung eines früheren Ueberſchuſſes von vorn⸗ herein zu balancieren. „Meines Erachtens iſt es keine ganz richtige, eben nur eine durch die hiſtoriſche Entwicklung erklärbare Etatiſterung, wenn man von vornherein einen Ueberſchuß einſtellt, deſſen Eingang man nicht einmal ganz genau überſehen kann. Ich glaube alſo, daß wir uns jetzt, wo wir unter die Million heruntergegangen ſind, überlegen ſollten, ob wir nicht allmählich mit dem in den Etat einzuſtellenden Ueberſchuß abbauen. 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