318 Alles in allem genommen, bleibt der Vorwurf dem Magiſtrat nicht erſpart: hier iſt, ſagen wir einmal, in dem beſten Glauben, die Sache werde nicht ſo ſchlimm ſein, dieſe Geſchichte der Stadtverordneten⸗ verſammlung hintangehalten worden. Uns hätte unter allen Umſtänden, nachdem der Magiſtrat Kennt⸗ nis von der Unterſchlagung bekommen hatte, Auf⸗ klärung gegeben werden müſſen. Dann ein Wort zu der Frage, ob eine Beun⸗ ruhigung innerhalb der Bevölkerung vorhanden iſt. Nun, ich kann ſagen, eine Beunruhigung wohl nicht, aber ein Erſtaunen iſt in der Bevölkerung darüber, daß ſo etwas zwei Jahre im Schoße des Magiſtrats ruhen konnte. Dieſes Erſtaunen iſt in den Kreiſen der Bevölkerung vorhanden, und ich glaube, wir tun gut daran, der Bevölkerung bekannt zu geben. welche Gründe es waren, die die Angelegenheit ſo lange haben ſchlummern laſſen. Bürgermeiſter Dr Maier: Ich möchte noch ein⸗ mal feſtſtellen, daß der Magiſtrat die Sache nicht hint⸗ angehalten hat. In dieſem Worte liegt ja die Abſicht der Verſchleppung. Ich habe vorhin ſchon feſtgeſtellt, daß der Herr Oberbürgermeiſter die lovalſte Abſicht gehabt hat, die Sache ſofort der Stadtverordneten⸗ verſammlung zu unterbreiten und gleichzeitig den Reorganiſationsplan der Zuſammenlegung der drei Werksverwaltungen. Das iſt ihm leider nicht möglich geweſen. Auch ſolche äußeren Umſtände müßten Ver⸗ anlaſſung geben, das zu entſchuldigen. Der Herr Oberbürgermeiſter iſt derjenige geweſen, der die Ver⸗ folgung der Angelegenheit ſelbſt in die Hand genom⸗ men hat, und daß es ihm nicht möglich geweſen iſt, ſie Ihnen ſo ſchleunig und rechtzeitig zu unterbreiten — ich möchte bitten, ihm daraus keinen Vorwurf zu machen; denn Sie wiſſen, daß er bis an die Grenze der Erſchöpfung ſeine Pflichten erfüllt hat und ihm nie etwas ferner gelegen hat, als die Rechte der Stadt⸗ verordnetenverſammlung zu verletzen. Stadtv. Dr Liepmann: Meine Herren! Der Herr Kollege Otto hat ſich über die Worte unſeres Fraktionsredners aufgehalten, die dahin lauteten, daß durch die Verſchleppung der Angelegenheit eine Beunruhigung in die Bürgerſchaft hineingetragen würde. Er hat den Herrn Kollegen Genzmer miß⸗ verſtanden, wenn er meint, daß wir geglaubt haben, weite Kreiſe der Bürger, die, wie aus Zeitungsartikeln über dieſe Angelegenheit hervorgeht, beunruhigt ſind, fühlten mit uns die Beunruhigung darüber, daß zu befürchten ſei, der Magiſtrat wollte die Stadtverord⸗ netenverſammlung in ihren Kompetenzen und Rechten beſchneiden. Nein, das war nicht der Sinn der Worte des Kollegen Genzmer und nicht unſere Meinung, Herr Kollege Otto. Bei uns und in der Bürgerſchaft, wenigſtens bei den vielen, die wir geſprochen haben, ſowie in den Zeitungen, die Sie ja auch geleſen haben werden, herrſcht Beunruhigung darüber, daß der Ma⸗ giſtrat über zwei Jahre hat vergehen laſſen, bis er durch Flucht in die Oeffentlichkeit, wie ich es beinahe nennen möchte, die einzige Ahndung dieſes Ver⸗ brechens hat vornehmen können, die bei dem Auf⸗ enthalt des Verbrechers in Algier bei der Fremden⸗ legion möglich war“ Man fragt ſich, ob der Magiſtrat ſowohl was die Verfolgung des Vergangenen als die Verfolgung für die Zukunft und die Ergreifung von Maßregeln für die Zukunft betrifft, den nötigen Ernſt und die nötige Schnelligkeit gezeigt hat. Darin ſind wir beſtärkt worden durch die Vorlage, in der nur von vorübergehenden Maßregeln etwas geſchrieben ſteht. Sitzung vom 10. September 1913 Nach den Ausführungen des Herrn Bürger⸗ meiſters können wir ja dieſer Frage fur die Zukunft etwas beruhigter gegenüberſtehen. Aber es bleiben doch noch manche Punkte unklar. Dagegen ſcheint uns die Schuldfrage hinſichtlich der Verſchleppung ganz klar zu ſein. Wenn auch der Herr Bürgermeiſter diejenigen Gründe perſönlicher Natur hier vorgebracht hat, die es entſchuldigen, daß uns der Magiſtrat mit dieſer Mitteilung erſt heute kommt, ſo läßt ſich doch nicht leugnen: der Magiſtrat iſt ein Kollegium, und wenn der eine mit einer Mitteilung zögert, die er Stadtverordnetenverſammlung und Bürgerſchaft zu machen ſchuldig iſt, ſo ſollten die anderen Herren im Magiſtrat darauf dringen. Daß das zwei Jahre ge⸗ dauert hat, können wir nicht als gerechtfertigt anſehen. Meine Herren, bedenken Sie doch den Eindruck, den es auf die Bürgerſchaft und insbeſondere auf die Be⸗ amtenſchaft, machen muß, wenn nun, nachdem bereits Unterſchlagungen in ſo koloſſaler Höhe im Frühjahr vorgekommen ſind, bekannt wird, daß bereits vor Jahren Unterſchlagungen von etwa 6000 ℳ erfolgt ſind, worüber zwei Jahre lang ein mildes Schweigen walten gelaſſen wurde. Die Beamtenſchaft muß wiſſen, daß wir ſolche Sachen furchtbar ernſt nehmen und aufs ſtrengſte jeden Fehltritt verfolgt ſehen wollen. Dann noch eine Frage, die noch nicht beantwortet worden iſt. Was iſt denn mit dieſem Manko ge⸗ ſchehen, wie iſt es buchmäßig dargeſtellt, wie tritt es in unſerm Jahresabſchluß auf? Welche Buchungen ſind gemacht worden, um dieſe entzogenen 6000 ℳ rechnungsmäßig erſcheinen zu laſſen? Vielleicht kann darüber uns noch Auskunft gegeben werden. Ferner möchte ich, was die vom Herrn Bürger⸗ meiſter in Ausſicht genommenen Maßregeln betrifft, für meine PNerſon ſagen, daß ich nicht in der Lage war, den Ausführungen ganz zu folgen und ſie auf ihre Angemeſſenheit zu prüfen. Ich hoffe, daß das noch wird geſchehen können, daß insbeſondere die zu⸗ ſtändige Deputation hiermit befaßt wird und daß es uns für abſehbare Zeit erſpart ſein wird, wieder Klagen über ähnliche Defraudationen hier zur Sprache bringen zu müſſen. Bürgermeiſter D. Maier: Meine Herren! Die Ausführungen des Herrn Stadtv. Liepmann ſetzen mich einigermaßen in Erſtaunen, wenn er ausführt, daß die Verfolgung der Angelegenheit zwei Jahre ge⸗ ruht hat! — Sehen Sie denn die Mitteilung an die Stadtverordnetenverſammlung als Verfolaung der An⸗ gelegenheit an? Nein, die Mitteilung an die Stadt⸗ verordnetenverſammlung erfolgt einfach aus dem Rechte der Stadtverordnetenverſammlung, über beſtimmte, Vorkommniſſe Kenntnis zu erhalten. Die Ve 1fol⸗ gung als ſolche wird vom Magiſtrat beſorgt und iſt ſofort mit aller Energie vorgenommen worden. Wir haben nicht nur den betreffenden Mann verfolgt, der nach Algier gegangen iſt, ſondern haben auch unter⸗ ſucht, ob etwa andere Beamte verantwortlich gemacht werden können. Alſo von irgendeiner läſſigen Be⸗ handlung der Angelegenheit kann nicht im mindeſten die Rede ſein. Der Hinweis des Herrn Stadtverord⸗ neten Liepmann auf die Beamtenſchaft iſt alſo meines Erachtens vollſtändig deplaciert, ebenſo der Hinweis darauf, daß der Magiſtrat den Herrn Oberbürger⸗ meiſter hätte drängeln ſollen wegen der Neuorganiſa⸗ tion. Die Geſchäftsverteilung liegt in der Hand des Magiſtratsdirigenten. Er hat die Bearbeitung der Sache ſelbſt übernommen, da Organiſationsangelegen⸗ heiten dieſer Art nach der Geſchäftsverteilung dem