320 nötig, uns deshalb zwei Jahre lang unſer Recht vor⸗ zuenthalten. Ich bedaure, daß auch heute noch nach den Ausführungen des Herrn Bürgermeiſters der Magiſtrat auf dem Standpunkt ſteht, auf dem der verſtorbene Herr Oberbürgermeiſter geſtanden hat, daß dieſe Sache mit der Fertigſtellung der Ver⸗ waltungsreform auf dieſem Gebiete zuſammen uns hätte geſagt werden müſſen. Da ſie mit der Ange⸗ legenheit nichts zu tun hatte, brauchten Sie die Ver⸗ wältungsreform nicht mitzuteilen, weil ſie noch nicht erfolgt war — das war Ihr Recht —; von der Unterſchlagung aber ſofort der Stadtverordnetenver⸗ ſammlung Kenntnis zu geben, war Ihre Pflicht. Ich erkläre aber außerdem ausdrücklich, daß ich trotzdem mit den Ausführungen des Herrn Bürger⸗ meiſters zum Teil zufrieden bin inſofern, als ſie zweifellos, was ich eben der Oeffentlichkeit gegenüber erklärt haben wollte, zum Ausdruck bringen, daß nicht etwa der Magiſtrat in den Verdacht kommen kann, er habe unſere Rechte in dieſer Beziehung hier ſchmä⸗ lern wollen. Stadtv. Dr Liepmann: Meine Herren! Nur noch einige wenige Worte zu den Widerlegungen, die mir von dem Herrn Bürgermeiſter zuteil wer⸗ den ſollten. Der Herr Bürgermeiſter ſollte doch wiſſen, daß ich ſoweit juriſtiſch vorgebildet bin, um nicht anzunehmen, daß eine Mitteilung an die Stadt⸗ verordnetenverſammlung und eine Debatte darüber eine ſtrafrechtliche Verfolgung darſtellt. Da aber die ſtrafrechtliche Verfolgung durch die ſofortige Flucht des Uebeltäters nicht möglich war, da dieſe Ver⸗ folgung ebenſo „Reſt“ bleiben wird wie die defrau⸗ dierte Summe „Reſt“ bleibt, ſo wäre es meiner An⸗ ſicht nach, ganz abgeſehen von der Kompetenz der Stadtverordnetenverſammlung, nur richtig geweſen, dem beleidigten Rechtsgefühl in der Bevölkerung, dem gekränkten Rechtsgefühl hier in unſerer Ver⸗ ſammlung dadurch Genugtuung zu verſchaffen, daß die Angelegenheit in der breiteſten Oeffentlichkeit auf⸗ gedeckt und verurteilt wird. Daß das nicht geſchehen iſt, darüber muß ich den Ausdruck meines Bedauerns aufrecht erhalten. Ferner hat der Herr Bürgermeiſter ſich dagegen verwahrt, als ob ich die anderen Mitglieder des Ma⸗ giſtrats hätte auffordern wollen, zu „drängeln“, ge⸗ wiſſermaßen um die Neuorganiſation bei dem da⸗ maligen Chef der Verwaltung möglichſt zu beſchleuni⸗ gen. Darauf gingen meine Worte nicht. Daß dieſe Verwechſelung entſtehen kann, rührt daher, daß die Entſchuldigung, die der Herr Bürgermeiſter Maier für die Verſchleppung der Angelegenheit hier vorge⸗ bracht hat, durchaus nicht die Sache deckt. Unſere Beſchwerde geht nicht darauf, daß uns nicht früher Vorſchläge für ſichere Einziehung ſtädtiſcher Ge⸗ bühren gemacht ſind — und Herr Bürgermeiſter Maier hat es auch ſelbſt in ſeiner erſten Rede nicht für an⸗ gezeigt gehalten, uns hier die Vorſchläge über die Neuorganiſation darzulegen —, ſondern wir verlangen nur, daß die notwendigen Mitteilungen zeitig und prompt den Gemeindevertretern zukommen. Das i ſt überſehen worden. Daß das künf⸗ tig nicht wieder geſchieht, erwarten wir allerdings mit vollem Rechte. Bürgermeiſter Dr Maier: Meine Herren! Daß man über die Art, wie die Sache hätte geſchäftlich behandelt werden können, verſchiedener Anſicht ſein Sitzung vom 10. Zeit einige Dinge vorgekommen, September 1913 kann, geht doch ſchon daraus hervor, daß wir in unſerer Vorlage nicht geſchrieben haben: der Magi⸗ ſtrat hätte es für not wendig erachtet, die Re⸗ organiſation abzuwarten —, ſondern: es ſei uns zweckmäßig erſchienen, die Mitteilung von der Unterſchlagung mit der Mitteilung von der Reorga⸗ niſation zu verbinden. Ich möchte doch bitten, unſere Erklärungen ſo aufzufaſſen, wie ſie gemeint ſein wollen. Wir ſtehen durchaus nicht auf dem Stand⸗ punkt, daß es nicht möglich iſt, eine andere Be⸗ urteilung eintreten zu laſſen. Stadto. Otto: Von der Erklärung des Herrn Kollegen Genzmer habe ich gern Kenntnis ge⸗ nommen. Zur geſchäftlichen Behandlung der Ange⸗ legenheit beantrage ich, die Magiſtratsmitteilung zur Kenntnis zu nehmen und daran den Wunſch zu knüpfen, der Magiſtrat möge die Neuorganiſation des Kaſſenweſens in einer beſonderen Vorlage der Stadt⸗ verordnetenverſammlung zur Kenntnis bringen. (Die Verſammlung beſchließt einſtimmig nach dieſem Antrage.) Vorſteher Dr Frentzel: Punkt 5 der Tages⸗ ordnung: Vorlage betr. Uebertragung wohnungspolizeilicher Befugniſſe an die Stadtgemeinde. — Druckſache 222. Stadtv. Panſchow: Meine Herren! Meine Freunde begrüßen dieſen Antrag des Magiſtrats mit großer Freude deshalb, weil die Uebertragung der polizeilichen Befugniſſe gewiſſe Unklarheiten, die noch beſtehen, in Zukunft vermeidet. Wenn bisher von dem Wohnungsamt Verfügungen ergingen, ſo war zu deren zwangsweiſer Durchführung ſchließlich die Po⸗ lizei notwendig, und dabei hat ſich immer heraus⸗ geſtellt, daß, wenn die Hausbeſitzer durch derartige Verfügungen ſchmerzlich getroffen wurden, die Schuld ſelbſtverſtändlich dem Wohnungsamt zugeſprochen wurde, weil im Wohnungsamt doch der Urſprung die⸗ ſer Verfügungen war. Namentlich ſind in letzter die es recht wünſchenswert erſcheinen laſſen, daß eine Vereinigung dieſer Befugniſſe vorgenommen wird. So iſt in dieſem Frühjahr in der Schulſtraße das Grundſtück Nummer 10 durch das Wohnungsamt beſichtigt worden, und kurz darauf kam eine Ver⸗ fügung der Polizei, welche die Räumung des Dach⸗ geſchoſſes anordnete. An und für ſich wäre ja dar⸗ über gar nichts zu ſagen geweſen, wenn nicht in Ver⸗ folg dieſer Verfügung auch das Grundſtück Schul⸗ ſtraße Nr. 11 betroffen worden wäre. Die Polizei hat ſich nach einem Hinweis des Wohnungsamtes veranlaßt geſehen, auch dieſes Grundſtück zu kon⸗ trollieren und die Dachräume ebenfalls zu ſchließen. Als ich davon hörte, bin ich hingegangen und habe mir die Räume angeſehen. Zweifellos haben Polizei und Wohnungsamt inſofern Recht, als formal dieſe Räume zu beanſtanden waren, da ſie vor 42 Jahren nicht in der baupolizeilichen Zeichnung der Polizei eingereicht waren. Aber, meine Herren, 42 Jahre lang hatten dieſe Räume zum dauernden Aufenthalt von Menſchen gedient. Ich lade Sie alle ein, ſich dieſe Räume, die vom Wohnungsamt und der Baupolizei geſchloſſen worden ſind, anzuſehen. Die Räume ſind nach zwei Seiten hin belichtet, die Luft kann alſo in jeder Richtung zu. Die peinlichſte Sauberkeit herrſcht