Sitzung vom 10. Im Zuſammenhang mit dieſer Frage ſteht ja auch der angeregte Austauſch von Arbeitskräften nach Wirtſchaftsgebieten mit beſſerer Arbeitslage, den unſer Arbeitsnachweis auch heute ſchon ſo weit als mög⸗ lich vornimmt. Wir vermitteln ſchon heute eine große Zahl von Perſonen nach außerhalb, aber es beſtehen dabei erhebliche Schwierigkeiten; denn die Arbeits⸗ und Lohnbedingungen und die Anſprüche der Arbeiter in Groß⸗Berlin ſind weſentlich verſchieden von den Arbeits⸗ und Lohnbedingungen in der Provinz, und ein Berliner Arbeiter entſchließt ſich nur ſchwer, nach der Provinz zu gehen, wenn eben nicht ähnliche Ar⸗ beitsbedingungen gegeben ſind wie in Berlin. Ihnen wird bekannt ſein, daß gleichartige Arbeitsbedingun⸗ gen ſpeziell für das notleidende Baugewerbe im weſentlichen nur in den Küſtenſtädten, wie in Ham⸗ burg, vorliegen. Auch nach Schleswig⸗Holſtein, wo größere Kanalbauten ſtattfinden und hohe Löhne ge⸗ zahlt werden, haben wir Arbeiter vermittelt. Das war uns möglich, denn Sie wiſſen, daß wir auch im Etat Mittel für Reiſekoſten vorgeſehen haben, um unbe⸗ mittelte Arbeiter nach auswärtigen Arbeitsſtellen zu ſchaffen. Inſofern iſt alſo bereits heute unſer Ar⸗ beitsnachweis ſo organiſiert, daß wir unbemittelten Perſonen die Möglichkeit geben, nach außerhalb zu gehen, um dort Arbeit zu nehmen. Was nun den Antrag des Herr Dr Stadthagen und ſeiner Freunde betrifft, ſo muß ich mich auch auf den Boden des Herr Stadtv. Meyer ſtellen: es iſt nach meinem Dafürhalten nicht erforderlich, für Not⸗ ſtandsarbeiten gegenwärtig ſchon einen Betrag von 50 000 ℳ zu bewilligen. Ihnen iſt ja bekannt. meine Herren, daß im Etat eine Poſition beſteht für Er⸗ ſatz von Arbeitslöhnen an andere Verwaltungszweige bei Verwendung minderwertiger Arbeitskräfte, ein⸗ ſchließlich Notſtandsarbeiten, von 15 000 ℳ. Sollte ſich das Bedürfnis herausſtellen, dieſe Poſition zu erhöhen, ſo iſt es ja unſere Pflicht, vor einer Ueber⸗ ſchreitung der Poſition mit entſprechenden Anträgen an die Stadtverordneten heranzutreten. Ich ſehe in dem Antrage des Herrn Stadthagen und ſeiner Freunde im weſentlichen auch nur die Betonung des Grundſatzes, daß, wenn es erforderlich iſt, auf Not⸗ ſtandsarbeiten zurückgegriffen werden ſoll. (Sehr richtig! bei der Vereinigten alten Fraktion.) Dann hat Herr Stadtv. Dr Stadthagen erſucht, der Magiſtrat möge in der bevorſtehenden Zuſammen⸗ kunft der Groß⸗Berliner Vertreter, beteffend Maß⸗ nahmen angeſichts der herrſchenden und weiter zu be⸗ fürchtenden Arbeitsloſigkeit, den Antrag vorlegen, die Königlich Preußiſche Staatsregierung zu erſuchen, die Genehmigung zum Aufenthalt von Ausländern in Preußen entſprechend der jeweils herrſchenden Ar⸗ beitsloſigkeit einzuſchränken. Ich möchte bitten, ein ſolches Erſuchen an uns nicht zu richten. Ich kann namens des Magiſtrats jedenfalls zu dieſem Erſuchen keine Erklärung abgeben. Ich kann mich auch hier nur auf den Standpunkt des Stadtv. Meyer ſtellen und ſagen, daß der Inhalt dieſes Antrages doch außerordentliche Bedenken erregen muß. Ich glaube, wenn wirklich etwas Derartiges von uns beſchloſſen werden ſollte, daß wir damit keinen Segen, ſondern nur Unheil anrichten. Sehr richtig! bei den Liberalen.) 1alle Anträge, September 1913 331 Was die ermäßigte Eiſenbahnfahrt für weitere Fahrten Arbeitsloſer betrifft, ſo können wir natürlich nur damit einverſtanden ſein, wenn die Eiſenbahn⸗ verwaltung darauf eingeht. (Stadtv. Dr Rothholz: Sie iſt ſchon darauf ein⸗ gegangen!) — Das iſt mir nicht bekannt. (Zuruf.) — Soweit mir bekannt, iſt allerdings dem Zentral⸗ verein märkiſcher Arbeitsnachweiſe die Fahrpreis⸗ ermäßigung für Arbeiter unter gewiſſen Voraus⸗ ſetzungen eingeräumt, das iſt richtig; wenn der Ar⸗ beiter eine Beſcheinigung erhält, ſo bekommt er die Fahrpreisermäßigung. Hier ſteht aber: für weitere Fahrten. Das würde alſo über den Rahmen der Pro⸗ vinz Brandenburg und der an die Zentralſtelle für märkiſche Arbeitsnachweiſe angeſchloſſenen Arbeits⸗ nachweisſtellen hinausgehen. — Meine Herren, gegen dieſen Antrag würde an ſich nichts einzuwenden ſein. Im großen und ganzen kann ich mich dahin reſumieren, daß wir im Magiſtrat ſelbſtverſtändlich in bezug auf die Bekämpfung der Arbeitsloſigkeit und ihrer Folgen dieſelbe Tendenz verfolgen wie die Stadtverordnetenverſammlung und daß wir dem An⸗ trage 1 der Herren Ahrens und Genoſſen entſprechend verfahren werden, bezüglich des Antrages 2 der Stadtverordnetenverſammlung die Beſchlußfaſſung überlaſſen, Herrn Stadtv. Dr Stadthagen aber bitten möchten, ſeine Anträge fallen zu laſſen, ſchon des⸗ halb, weil wir mit einer gebundenen Marſchroute auf der Zuſammenkunft der Groß⸗Berliner Vertreter nicht erſcheinen können. Wir müſſen uns da freie Hand wahren, was wir tun wollen. Im übrigen kann ich den Antrag ſpeziell wegen der Ausländer nicht für gut halten. Was den Antrag mit den 50 000 % Notſtandsarbeiten betrifft, ſo kann ich auf das, was ich vorhin geſagt habe, verweiſen. Stadtv. Dr. Borchardt: Meine Herren! Ich kann vielleicht annehmen, daß nach den letzten Aus⸗ führungen des Herrn Bürgermeiſters ſowie nach den Ausführungen des Herrn Kollegen Meyer über die Anträge Stadthagen dieſe Anträge heute zurückgezogen werden, und dann würde es ſich erübrigen, noch weiter darüber zu ſprechen. Im weſentlichen kann ich mich auch nur dem anſchließen, was Herr Kollege Meyer darüber geſagt hat. Auch über unſern Antrag zu Nummer 1 erübrigt es ſich noch weitere Worte zu machen. Ich möchte nur unterſtreichen, was der Herr Bürgermeiſter ſchon be⸗ tont hat, daß wir in der Tat mit dieſem Antrage nicht etwa der Meinung Ausdruck geben wollten, daß der Magiſtrat auf dieſem Gebiete nachläſſig vorgeht, ſon⸗ dern auch wir waren überzeugt: der Magiſtrat wird auf dieſem Gebiete das, was ſich ermöglichen läßt, tun. Aber wir halten es doch für gut, daß vor aller Oeffent⸗ lichkeit auch die Stadtverordnetenverſammlung in ihrer Geſamtheit noch einmal dieſen Willen bekundet. We⸗ ſentlich deswegen haben wir den Antrag geſtellt. Den Hauptnachdruck legen wir, wie ſchon Kollege Richter betont hat, auf unſern Antrag zu Nummer 2. Der Herr Bürgermeiſter hat vollkommen zu Recht be⸗ merkt, daß das ein Antrag iſt, der ſich nicht an den Magiſtrat richtet, ſondern, wie ja übrigens naturgemäß zunächſt an die Stadtverordnetenver⸗