Sitzung vom 8. Oktober 1913 Auge faſſen: der eine iſt die Anlage unterhalb der Erde und der andere die Anlage oberhalb der Erde. Ich möchte nun ſagen, daß an der Breite des Ge⸗ bäudes wohl kaum etwas zu verringern ſein wird. Bei der Anlage, die ich für außerordentlich prak⸗ tiſch und zweckentſprechend halte, iſt mit beſonderer Sorgfalt darauf geachtet worden, daß das Publi⸗ kum nuk eine geringe Tiefe zu ſteigen hat, um auf die Brücke zu gelangen, von der aus die Treppen zu den einzelnen Gleiſen führen. Was mir mißfällt, iſt die koloſſale Ausdehnung des Innenraumes. Es erübrigt ſich, heute hier Vorſchläge darüber zu machen, wie man den Innenraum niedriger hätte geſtalten können, da wir vor einer vollendeten Tat⸗ ſache ſtehen und bereits den fertigen Bau vor uns ſehen. Ich möchte nur ſagen, daß die Höhe des Ganges, die im Mittel 7 Meter beträgt, doch ſehr reichlich bemeſſen iſt; man hätte ſich da auch mit einigen Metern weniger begnügen können. Es iſt außerdem ein großer Nachteil des Gebäudes, daß gerade der mittlere Teil, der beſonders die Perſpek⸗ tive nach der Tauentzienſtraße ſtört, noch ausnahms⸗ weiſe in die Höhe gezogen iſt, wozu meiner Anſicht nach kein Grund vorlag. Ich will gern zugeben, daß ſich in dieſem Fall der Magiſtrat die Re⸗ präſentation der Stadt Charlottenburg ganz außer⸗ ordentlich hat angelegen ſein laſſen; jedoch bin ich feſt überzeugt, daß er allein es geweſen iſt, der dar⸗ auf hingewirkt hat, daß das Gebäude dieſe koloſſa⸗ len Dimenſionen angenommen hat. Es iſt das viel⸗ leicht in der beſten Abſicht geſchehen, für das Stadt⸗ bild jedoch halte ich es nach wie vor nicht für einen Vorteil. Ich möchte die ganze oberirdiſche Anlage als eine ſtädtebauliche Entgleiſung bezeichnen. (Sehr richtig!) Ich glaube, Herr Stadtbaurat, wenn Sie ſich abends die Tauentzienſtraße herunterbegeben, ſo werden Sie ſelbſt über die Mächtigkeit des Baues erſtaunt ſein, der in dieſen Ausmeſſungen nicht den Zwecken ent⸗ ſpricht, denen er zu dienen hat. Meine Herren, es wird wohl in dieſem Saale niemand ſein, der ſich mit dem Gedanken trägt, das Gebäude abzureißen. Ich halte das für eine Un⸗ möglichkeit, da das ungeheure fundamentale Schwie⸗ rigkeiten mit ſich bringen würde, die nicht zu über⸗ winden wären. Man wird ſich deshalb nur zu fra⸗ gen haben, wie man das Stadtbild — ich will von dem Wittenbergplatz und ſeiner Umgebung nicht ſprechen —, das durch den Bau zweifellos beein⸗ trächtigt wird, wieder verbeſſern kann. Es bleibt nach meiner Ueberzeugung nur der Weg übrig, daß man verſucht, durch Büſche oder etwas erhöhte An⸗ lagen die Höhe des Gebäudes herabzumindern. Ich möchte daher in bezug auf den zweiten Teil der In⸗ terpellation den Magiſtrat bitten, in Erwägungen darüber einzutreten, wie man dieſem Uebelſtand am beſten beikommen kann. Stadtbaurat Bredtſchneider: Meine Herren! Es wird gut ſein, wenn ich Ihnen zunächſt eine 4 liche Darſtellung über die Entſtehung des Bahnhofs Wittenbergplatz und der Untergrundbahn nach dem Bahnhof Wittenbergplatz gebe, damit diejenigen Herren, die es ſelbſt erlebt haben, ſich die Vorgänge ins Ge⸗ dächtnis zurückrufen können, und diejenigen Herren, die nach der Genehmigung des Baues hier in die Stadt⸗ verordnetenverſammlung eingetreten ſind, ſich ein zu⸗ treffendes Bild über die Entwicklung machen können. 347 Im Jahre 1908 erfuhren wir, daß ein Vertrag zwiſchen der Hochbahngeſellſchaft, der Gemeinde Wil⸗ mersdorf und der Domäne Dahlem auf Herſtellung einer zweigleiſigen Bahn abgeſchloſſen worden ſei, die, in Dahlem beginnend, Wilmersdorf durchſchneidet, bei uns in die Nurnbergerſtraße eintritt, den Wittenberg⸗ platz und den Nollendorfplatz berührt und durch die Kurfürſtenſtraße zum Gleisdreieck geht. Das war die ſogenannte Auflöſungslinie des Gleisdreiecks. Sie wiſſen, daß das urſprüngliche Gleisdreieck eine Gefahr für den Verkehr der Eiſenbahnzüge bildete und daß der Herr Miniſter die Geſellſchaft aufgefordert hatte, ſie möchte das Gleisdreieck auflöſen, d. h. es beſeitigen, und an ſeiner Stelle eine Ueberſchneidung der beiden Betriebslinien einrichten. Die Auflöſungslinie be⸗ rührte unſer Gemeindegebiet nur vom Nollendorfplatz durch die Kleiſtſtraße, Tauentzienſtraße und Nürn⸗ bergerſtraße und hatte auf unſerem Gebiete nur die Bahnhöfe Nollendorfplatz und Wittenbergplatz. Wir erkannten ſehr bald, daß, wenn Wilmersdorf eine Bahn durch den Hohenzollerndamm nach Dahlem hin buute, es notwendig ſei, daß wir eine Bahn durch den Kurfürſtendamm haben müßten. Die Begründung haben wir der Stadtverordnetenverſammlung ſeinerzeit ſehr ausführlich mitgeteilt. Ich brauche ſie hier nicht zu wiederholen, ſondern möchte mich darauf beſchrän⸗ ken, zu erwähnen, daß wir die Schaffung einer Bahn durch den Kurfürſtendamm für unbedingt erforderlich gehalten haben. Nun verſuchten wir, die beiden Pro⸗ jekte, die Dahlem⸗Wilmersdorfer Bahn und die Kur⸗ fürſtendammlinie, in einer Bahn durch den Kurfürſten⸗ damm zu vereinigen und erhoben den Anſpruch, es möchte die Bahn vom Hohenzollerndamm durch die Leibnizſtraße und den Kurfürſtendamm geführt werden. Wir ſahen ſehr bald ein, daß wir mit unſerer Forde⸗ rung nicht durchkommen würden, erachteten aber die Linie durch den Kurfürſtendamm für ſo wichtig, daß wir durch einen Gemeindebeſchluß feſtlegten, es ſolle eine Anleihe von 20 Millionen Mark aufgenommen werden, damit wir ſelbſt eine Bahn durch den Kur⸗ fürſtendamm bauen könnten, und zwar ausgehend von der Kantſtraße über den Bahnhof Charlottenburg, durch die Gieſebrechtſtraße, dann in den Kurfürſten⸗ damm hinein über den Wittenberg⸗ und Nollendorf⸗ platz nach dem Gleisdreieck. Dieſe Linie ſollte nach unſerer Auffaſſung die Auflöſungslinie für das Gleis⸗ dreieck bilden, und wir verlangten nunmehr, daß ſich die Dahlem⸗Wilmersdorfer Bahn durch die Leibniz⸗ ſtraße an unſere Auflöſungslinie anſchlöſſe. Als wir ſahen, daß wir mit unſerem Projekt nicht durchkamen, gingen wir ſoweit, zu ſagen: die Auflöſungslinie ſoll die Linie Dahlem⸗Leibnizſtraße⸗Kurfürſtendamm uſw. ſein und wir wollten mit unſerer Linie von der Kant⸗ ſtraße her an dieſe Strecke anſtoßen. Ich bitte, hieraus zunächſt zu entnehmen, welche Wichtigkeit wir unſerer Bahnlinie durch den Kurfür⸗ ſtendamm beimaßen. Leider ſind unſere Beſtrebungen an dem Widerſtand einerſeits von Wilmersdorf und Dahlem, anderſeits des Herrn Miniſters der öffent⸗ lichen Arbeiten geſcheitert. Nachdem im Mai 1909 im Arbeitsminiſterium hierüber eine Beſprechung ſtattgefunden hatte, die zu keinem Reſultat führte, und die vom Herrn Miniſter unter dem Vorſitz unſeres verſtorbenen Oberbürger⸗ meiſters angeordneten mündlichen Beſprechungen eben⸗ falls ergebnislos verlaufen waren, ging bei uns am 11. Auguſt 1909 ein Antrag der Hochbahngeſellſchaft, des Magiſtrats zu Wilmersdorf und der Domäne Dah⸗ lem auf Ergänzung unſerer Ablehnung ein. Zu einer beſonderen Verhandlung über dieſen Ergänzungsantrag