350 Was heißt nun ein möglichſt bequemes Umſteigen? Daß man möglichſt wenig Treppenhöhen zu überwin⸗ den hat. (Sehr richtig!) Für die Anordnung der Untergrundbahn auf dem Wittenbergplatz kommen, was das Umſteigen betrifft, drei Möglichkeiten in Betracht. Erſtens: Man baut eine unterirdiſche Anlage über den Gleiſen. Eine Halle, die oberirdiſch in die Erſcheinung tritt, kommt dabei nicht in Betracht, ihre Decke ſchließt mit der Straßenoberfläche ab; ſie wird von oben beleuchtet durch Oberlicht, und ſie führt über den Gleiſen, die unter ihr liegen, alſo in 2,„ m Höhe über den Bahn⸗ ſteigen hinweg. Das ſetzt voraus, daß die ſämtlichen Gleiſe, ſowohl die beſtehenden, als auch die neu aus⸗ zuführenden, tiefer angeordner werden, und zwar um mehr als 3 m tiefer. Wenn Sie bedenken, daß die tiefere Lage nicht auf die Strecke beſchränkt werden kaun, wo die zum Umſteigen erforderliche Anlage ſich befindet, ſondern auf die ganze Länge des Bahnhofs ausgedehnt werden muß, und daß es ſich noch ferner rechts und links auf die anſchließenden Rampen zu er⸗ ſtrecken hat, dann werden Sie die Schwierigkeiten, die ſich der Ausführung eines ſolchen Planes entgegen⸗ ſtellen, ermeſſen. Dazu kommt, daß die Gleiſe der Tauentzien⸗ und Kleiſtſtraße von Gleiſen, die aus der Nürnberger Straße und dem Kurfürſtendamm her⸗ kommen, unterfahren werden, und daß an der Luther⸗ ſtraße in ſpäterer Zeit gleichfalls ein Gleis drunter weg geführt werden ſoll. Alle dieſe Gleiſe hätten gleichfalls entſprechend tiefer eingebaut werden müſſen. Man kann alſo ermeſſen, daß eine ſolche Anordnung viel teurer würde als die jetzt vorhandene, — ich habe es nicht ausgerechnet, aber ich glaube, um mehrere Millio⸗ nen. Meine Herren, bei Verkehrsanlagen kommt es doch ſchließlich auf die Wirtſchaftlichkeit an. Was heißt es denn, wenn man in den Zeitungen lieſt, der Hochbahngeſellſchaft kann man auch die unterirdiſche Herſtellung der Umſteigemöglichkeit zumuten. Bei allen Unternehmungen kommt es doch in erſter Linie darauf an, daß ſich die nötigen Anlagekapitalien ver⸗ zinſen. Wenn die Verzinſung ganz oder auch nur zum Teil aufhört, ſo leidet darunter nicht allein die Ver⸗ kehrsgeſellſchaft, ſondern auch der öffentliche Verkehr. (Sehr richtig!) Wir haben ein lebhaftes Intereſſe daran, darauf hin⸗ zuwirken, daß es den Geſellſchaften, bei denen wir mit⸗ zuwirken haben, an denen wir intereſſiert ſind, gut geht; (Sehr richtig!) wir haben nicht dahin zu wirken, daß es ihnen ſchlecht geht. Dann kommt bei einer ſolchen unterirdiſchen Anlage noch folgender Mißſtand in Frage. Die Treppen für die Ankommenden und Abfahrenden — ich unterſcheide jetzt zwiſchen Ankommenden und Ab⸗ fahrenden und zwiſchen Umſteigenden — werden ſehr tief. Jeder, der auf den Bahnſteig heruntergeht, muß eine Treppenhöhe von 6,3 m überwinden. — Vielleicht haben die Herren die Liebenswürdigkeit, ſich die Zahlen zu notieren. — Die Umſteigenden hätten es ebenſo bequem wie bei der jetzigen Anlage: ſie haben zweimal 3 m — nicht 2,8 m, wie urſprüng⸗ lich beabſichtigt — zu überwinden. Der Vorteil, den dieſe Anlage bietet, liegt in folgendem: Ueber der Sitzung vom 8. Oktober 1913 Erde erſcheint überhaupt nichts; auch der Verkauf der Fahrkarten kann in dem unterirdiſchen Gange erfolgen. Eine zweite Möglichkeit war die: der Verbin⸗ dungsgang für die Umſteigenden wird unter den Gleiſen angeordnet; die Gleiſe brauchen nicht geſenkt zu werden, ſie bleiben in der Höhe liegen wie die alten Gleiſe. Ich verweiſe in dieſer Beziehung auf den Bahnhof Bismarckſtraße, wo Sie ſo etwas ſehen. Dieſe Anlage hat den Vorteil, daß ſie verhältnis⸗ mäßig billig iſt; ſie würde nicht einmal ſo teuer ge⸗ worden ſein wie die, die wir jetzt haben. Die Treppen für die Ankommenden und für die Abfahrenden ſind bequem, nämlich 4,3 m tief. Die Treppen für die Umſteigenden ſind aber höchſt unbequem; ſie werden nämlich zweimal 4,35 m gleich 8,7 m tief. Es iſt alſo eine Höhe von 8,7 m gegen 6,0 m bei der erſten Mög⸗ lichkeit zu überwinden, alſo 2,7 m mehr! Die Vor⸗ teile einer ſolchen Anlage ſind, daß keine Halle er⸗ richtet zu werden braucht. Ich glaube aber, die Nach⸗ teile ſind nicht allein darin zu ſuchen, daß die Um⸗ ſteigenden einen großen Weg zurückzulegen haben, ſondern auch in der großen Unüberſichtlichkeit für die Abfahrenden. Denn was wird an der Oberfläche erſcheinen? An der Oberfläche erſcheinen drei Treppeneingänge, und daneben muß ein Fahrkarten⸗ häuschen ſtehen. Jeder alſo, der abfahren will, muß an den Fahrkartenſchalter herantreten und eine gewiſſe Länge des Weges im Freien zurücklegen, um zu ſeiner Treppe zu kommen. Meine Herren, wenn Sie be⸗ denken, daß heute ſchon Klagen darüber geführt wer⸗ den, daß die Treppeneingänge zu der Untergrund⸗ bahn nicht überdeckt ſind, dann möchte ich einmal den ſehen, der den Mut hat, eine ſolche Anlage zu be⸗ fürworten. Eine ſolche Anlage, bei der der Weg vom Fahrkartenſchalter bis zu den Einſteigetreppen im Freien ohne Schutz zurückzulegen iſt, iſt verkehrs⸗ techniſch ganz unmöglich. Schließlich die dritte Möglichkeit: die oberir⸗ diſche Anlage befindet ſich über den Gleiſen, aber dem Gelände gegenüber vertieft. Das iſt die An⸗ lage, die heute gebaut worden iſt. Sie iſt teurer als die zweite, bedeutend billiger als die erſte. Die Treppen für die Ankommenden und Abfahrenden ſind bequem, nur 4,3 m tief, die Treppe für die Umſtei⸗ genden möglichſt bequem: man hat nur zweimal 3,0 m gleich 6 m Höhe zu überwinden —, und es wird die denkbar größte Ueberſichtlichkeit dabei er⸗ zielt. Die Herren, die heute die Halle beſichtigt haben, werden mir das beſtätigen. Wer einen Blick in die Halle geworfen hat, wird ſofort ſehen: das iſt eine Anlage, die dem größten Verkehr zu genü⸗ gen geeignet iſt. Und wozu bauen wir eine Unter⸗ grundbahn? Doch ſicher nur des Verkehrs wegen! (Sehr richtig!) Die anderen Rückſichten, ſofern ſie nicht von beſon⸗ derer Bedeutung ſind, müſſen natürlich den Ver⸗ kehrsrückſichten weichen. Die dritte Möglichkeit wurde gewählt, weil ſie die beſte verkehrstechniſche Einrichtung bot. Nun werden ſeit einiger Zeit gegen die Halle auf dem Wittenbergplatz lebhafte Klagen erhoben in den Tageszeitungen, namentlich im „Berliner Lo⸗ kalanzeiger“, dann aber auch von einzelnen Perſonen und zuletzt von einer Verſammlung, die, wie ich höre, geſtern ſtattgefunden hat. Andere Zeitungen, die „Nationalzeitung“, die „Voſſiſche Zeitung“, die