Sitzung vom 8. Oktober 1913 Nun iſt auch von der Bedachung dieſer Paſſerelle die Rede geweſen. Wir haben dem auch zugeſtimmt, daß man über dieſe Brücke nicht im Freien gehen, ſon⸗ dern daß ſie überdacht werden ſoll. Nun denken Sie ſich, wenn eine Stadtverordnetenverſammlung dem zu⸗ ſtimmt, daß ein Bau 1 m unter der Erde liegen, daß dieſer Bau auch überdacht werden ſoll, daß nunmehr nach der Fertigſtellung das Dach 15 m über dieſem Gang liegt! Das hat nach den privaten Unterhaltun⸗ gen, die ich geführt habe, nicht ein einziger Stadtver⸗ ordncter, der hier damals anweſend war, angenommen. Sehr richtig!) Meine Herren, die Ueberraſchung, die die Oeffentlichkeit erlebt hat, haben auch wir Stadtver⸗ ordnete, glaube ich, alle über uns ergehen laſſen müſſen, und die Anwohner des Wittenbergplatzes, unter anderen Herr Kollege Dunck hat, trotzdem er Berichterſtatter über dieſe Vorlage war, im April oder März dieſes Jahres eine Anfrage inbezug auf dieſen Bau, der ihm ganz unerwartet kam, an den Magiſtrat gerichtet. Nun ſagt der Magiſtrat und auch Herr Stadt⸗ baurat Bredtſchneider: ja, ihr habt dem Magiſtrat die Ausgeſtaltung des Baues überlaſſen. Meine Herren, formell hat alſo der Magiſtrat recht, daß ſich die Stadtverordnetenverſammlung ihres Rechtes, überhaupt noch mitzuſprechen, begeben hat. Aber ſinngemäß kann ich daraus abſolut nicht ableiten, daß die Stadtverordnetenverſammlung damit einen Bau von 15 m Höhe genehmigt hat, um durch ihn einen 1 m unterhalb der Erde liegenden Gang zu überdachen. Ich laſſe die Frage offen, ob es nötig war, einen ſo hohen Bau herzuſtellen; ich will mich einmal auf den Standpunkt ſtellen, daß der Bau von künſtleriſchen, verkehrstechniſchen und von allen mög⸗ lichen anderen Geſichtspunkten richtig und zweck⸗ mäßig ausgeſtaltet iſt. Ich hätte aber doch gewünſcht, daß der Magiſtrat in dem Moment, wo er zu dem Ent⸗ ſchluß kam, daß die jetzige Art der Ausführung richtiger ſei als eine kleine Ueberdachung, der Stadtver⸗ ordnetenverſammlung davon Mit⸗ teilung gemacht hätte: wir müſſen jetzt am Wittenbergplatz ein derartig hohes Gebäude haben. (Sehr richtig!) Ich möchte hier dem Wunſch Ausdruck geben, daß bei künftigen ähnlichen Gelegen⸗ heiten unter allen Umſtänden das Recht der Mitwirkung der Stadt⸗ verordnetenverſammlung nicht nur in dieſer formalen Weiſe gewahrt, ſondern uns vielmehr Gelegenheit gegeben wird, in dem Moment, wo die Sache klar geſtellt wird, Stel⸗ lung zu nehmen und dann genau zu überlegen, ob wir dieſen Schritt tun wollen oder nicht. (Sehr richtig!) Meine Herren, bedenken wir, wie oft wir davon geſprochen haben, die Plätze frei zu laſſen. Wir haben ſogar einmal überlegt gehabt, ob wir nicht das Opernhaus auf den Wittenbergplatz, wenigſtens auf einen Teil desſelben, ſetzen können. Da wurde 355 ſofort entgegnet — ich will nicht die Seite nennen, die es getan hat —: unter keinen Umſtänden ſoll hier die Stadt von dem freien Platz etwas abgeben. Meine Herren, denken Sie ſich den Fall: wir bewilligen auf irgendeinem anderen Platz einen kleinen Bau für irgendeinen ſehr notwendigen Zweck, und nachher ſagt der Magiſtrat: ja, es ſieht viel ſchöner aus, wenn wir ſtatt eines kleinen Baues, einen Obelisken von 20 m Höhe hinſetzen. So kann man doch aber nicht verfahren! In dem Moment, wo es ſich als notwendig erweiſt, einen Bau, von dem man angenommen hat, daß er vielleicht 2 m über der Erdoberfläche liegen würde — bei 2 m über der Erdoberfläche hätte man eine Höhe von 3 m gehabt —, nicht rein nach Zweckmäßigkeitsrück⸗ ſichten auszuführen, liegt auch die Veranlaſſung vor, ſelbſt bei formaler Genehmigung der » nlage, noch⸗ mals an die Stadtverordnetenverſammlung heran⸗ zutreten und ihr Gelegenheit zur Ausſprache zu geben. Im übrigen hätte meines Erachtens dann auch höchſt wahrſcheinlich die Stadtverordnetenverſamm⸗ lung den Wunſch geäußert — und ich weiß nicht, ob es nicht durchzuſetzen geweſen wäre —, daß mit dieſem Bau die Bedürfnisanſtalt verbunden würde. (Zuruf.) — Daß das nicht gehen ſollte, beſtreite ich. Ich habe mich heute vollkommen davon überzeugt, daß es wohl durchführbar wäre. Von einem Sachverſtändigen der Untergrundbahn wurde mir nur geſagt: ja, wir wollen das nicht da drin haben, und dann wurden noch einige techniſche Bedenken geäußert, die Decke wäre zu dünn, der Abfluß zu ſchlecht uſw. Das ließe ſich ja wohl durch kleinere Erhöhungen beſeitigen. Es wäre aber nicht nötig geweſen, daß die Bedürfnis⸗ anſtalt ihren Eingang nach dem Innenraum des Bahnhofs zu gehabt hätte, daß ſie alſo die Leute, die auf dem Bahnhof wären, von innen benutzen können. Aber dieſelbe Anlage, die jetzt neben dem Bahnhof ſteht, hätte im Bahnhofsgebäude ſelbſt mit Ausgängen nach außen eingerichtet werden können. Gegenüber dieſem meinem Vorſchlag verhielt ſich auch der betreffende Herr, den ich von der Unter⸗ grundbahn ſprach, nicht ganz ſo ablehnend. Die Untergrundbahn wird ſich trotzdem wohl ſehr da⸗ gegen ſträuben; ich hoffe aber, daß einmal Gelegen⸗ heit ſein wird, die Bedürfnisanſtalt mit dem Bahn⸗ hofsgebäude zu verbinden. Wenn mir geſagt wird, die Bedürfnisanſtalt ſollte unterirdiſch angelegt wer⸗ den, ſo möchte ich darauf hinweiſen, wie unangenehm dieſe unterirdiſchen Anlagen dadurch werden, daß ſie um 11 Uhr geſchloſſen werden. Wenn ſich eine räumliche Verbindung dieſer beiden Einrichtungen erreichen ließe — nicht im Moment, aber ſpäter —, dann würden wir darin, wenigſtens nach dieſer Rich⸗ tung hin, eine Verbeſſerung der Verhältniſſe auf dem Wittenbergplatz erblicken können. Bürgermeiſter Dr. Maier: Meine Herren! Die Ausführungen des Herrn Stadtverordneten Dr Stadt⸗ hagen veranlaſſen mich, noch einmal das Wort zu ergreifen. Nachdem die Angelegenheit des Baues auf dem Wittenbergplatz ſo weitſchichtige Erörte⸗ rungen in der Oeffentlichkeit herbeigeführt hat, die wir jetzt, ich möchte beinahe ſagen, beklagen können, erkenne ich ohne weiteres an, daß es trotz des Rechts des Magiſtrats zur ſelbſtändigen Entſcheidung zweck⸗