360 Der vorliegende Antrag iſt auf die Erfahrungen zurückzuführen, welche die Unterzeichner, die meiſtens ſchon lange in der Wahlbewegung ſtehen, gemacht haben, ferner aber auch auf vielfache Wünſche aus der Bürgerſchaft. Ich ſagte ſchon, daß die Zahl der Wähler in der dritten Abteilung außerordentlich groß iſt. Es kommt noch hinzu, daß in der dritten Ab⸗ teilung ganz beſondere Verhältniſſe herrſchen. Zum Beiſpiel wird eine größere Anzahl der Wähler des Sonntags mehrbeſchäftigt und iſt viel ſchwerer abkömmlich als an Wochen⸗ tag e n. Das iſt feſtgeſtellt! Die bisherigen Erfahrungen bei den Sonntags⸗ wahlen können aber noch nicht als abgeſchloſſen gelten. Jedenfalls ſteht bis jetzt aber feſt, da ß die Be⸗ teiligung keinesfalls größer war als an Wochentagen; eher das Gegenteil. Nach Anſicht der Antragſteller wird eine größere Beteiligung vielleicht zu erwarten ſein, wenn die Zeit des Abends verlängert und nicht die Zeit von 10 bis 6 Uhr, ſondern von 10 b i 5 § Uhr gewählt wird. Ich glaube, daß ſich der Magiſtrat nach eingehender Prüfung der ganzen Ver⸗ hältniſſe dem Antrag anſchließen wird, um ſo mehr, da er die Zuſtimmung ſämtlicher Fraktionen der Stadtverordnetenverſammlung gefunden hat. Jedenfalls möchte ich die Verſammlung dringend bitten, ſich dem Antrage einſt immig anzu⸗ ſchließen. Stadtrat Seydel: Meine Herren! Ich möchte Ihnen nur ganz kurz ſagen, welche Erwägungen den Magiſtrat zu ſeinem Beſchluſſe geführt haben. Ich ſchicke voraus, daß ich natürlich heut nicht in der Lage bin, Ihnen eine defimtive Entſcheidung des Magi⸗ ſtrats etwa im Sinne der Wünſche des Herrn Vor⸗ redners in Ausſicht zu ſtellen. Der Magiſtrat hat noch nicht über den Antrag Beſchluß gefaßt, er kann das erſt morgen tun. Die Gründe, die eben vorge⸗ bracht worden ſind, werden ſelbſtverſtändlich von ihm in Betracht gezogen werden. Die Gründe, die den Magiſtrat zur Feſtlegung der jetzigen Wahlzeit beſtimmten, waren vor allen Dingen folgende: Der Magiſtrat glaubt, daß eine Wahlzeit von 10 bis 6 Uhr am Sonntag den Wühlern erheblich mehr Gelegenheit gibt, ſich der Wahl zu be⸗ fleißigen, als eine Wahlzeit von 9 bis 8 Uhr in der Woche, da doch die meiſten Wähler an Wochentagen ſich den Tag über an ihrer Arbeitsſtelle aufhalten und daher während des größten Teils des Tages nicht zu wählen vermögen. Genügt aber eine Zeit von acht Stunden am Sonntag, um den Wählern ihr Wahl⸗ recht nicht zu verkümmern, ſo ergab ſich für den Ma⸗ giſtrat die weitere Erwägung, daß wir die vielen Herren, die am Sonntag das Wahlgeſchäft verſehen müſſen, doch nicht unnötia lange mit dem Amt belaſten ſollen, das für ſie an ſich ſchon des Sonntaas ein größeres Opfer bedeutet, als in der Woche, da die Herren ihren Ruhetag aufgeben, — ſelbſtverſtändlich immer unter der Vorausſetzung, daß die Wahlzeit von 8 Stunden genügt. 2 Nun gebe ich zu, daß vielleicht der Schluß der Wahlzeit um 6 Uhr zu früh ſein dürfte, inſofern, als die Eiſenbahnbeamten zum Teil erſt um 5 oder 6 Uhr vom Dienſt kommen. Es wird zu erwäaen ſein. ob nicht mit Rückſich“ auf die vielen Verkehrsbeamten, die in Charlottenbura domiziliert ſind — da ja der Bahnhof Charlottenburg als Schlußbahnhof in Frage kommt, die Wahlzeit um eine Stunde verlängert werden kann. Sie aber um eine Stunde nach vorn Sitzung vom 8. Oktober 1913 zu rücken, dafür dürften kaum ſtichhaltige Gründe anzuführen ſein. Wenn jemand des Sonntags nichts zu tun hat, dann hat er, ſelbſt wenn er ſpazieren geht, immer noch Zeit genug, bis 7 Uhr ſein Wahl⸗ recht auszuüben. Ich glaube in der Tat, daß eine gewiſſe Rückſicht auf die vielen Ehrenbeamten, die ihren Sonntag opfern, uns dazu beſtimmen ſollte, die Wahlzeit nicht unnötig zu verlängern. Wie geſagt, wir werden die Gründe für eine Veränderung der Wahlzeit morgen im Magiſtrat in Erwägung ziehen und ſehen, ob wir eine Verſchiebung 19 Wünſchen der Herren entſprechend vornehmen önnen. Stadtv. Bollmann: Meine Herren! Der ein⸗ zige m. E. nicht ſtichhaltige Grund gegen unſeren Antrag, den der Herr Magiſtratsvertreter angeführt hat, iſt die Rückſicht auf die Ehrenbeamten. Ich kenne eine große Zahl unſerer Ehrenbeamten und bin feſt überzeugt, daß, wenn den Herren geſagt wird, die Wahlzeit ſolle im Intereſſe einer größeren Wahlbeteiligung verlängert werden, ſie ſich ohne weiteres bereit erklären, auch noch die beiden Stunden abzuſitzen. Im übrigen hat es ja der Magiſtrat in der Hand, jederzeit den Wahlvor⸗ ſt and zu verſtärken, wie das ſchon bei den Wahlvorſtehern geſchehen iſt. Ich bitte den Magi⸗ ſtrat jedenfalls dringend, unſerem Antrage zu entſprechen, gerade mit Rückſicht auf die Wähler der dritten Abteilung, die tatſächlich des Sonntags zum großen Teil viel mehr beſchäftigt und ſchwerer abkömmlich ſind. Herr Stadtrat Seydel ſprach ins⸗ beſondere von den Eiſenbahnbeamten. Es kommen nicht nur Eiſenbahnbeamte, ſondern alle Ver⸗ kehrsbeamten in Frage; dieſe und andere ſind des Sonntags viel mehr beſchäftigt, haben viel weniger Zeit als an Wochentagen und können auch ſchwerer beurlaubt werden. Bürgermeiſter Dr. Maier: Meine Herren! Es wird aus dieſem Anlaß vielleicht die Frage erwogen werden müſſen, ob der Wunſch, den die Stadtverord⸗ netenverſammlung geäußert hatte: die Wahl auf den Sonntag zu legen, wirklich berechtigt iſt. (Sehr richtig!) Ich glaube, die Praxis hat eigentlich beſtätigt, daß die Wahlbeteiligung am Sonntag häufig größeren Schwierigkeiten unterliegt als an Wochentagen. (Sehr richtig!) Ich möchte bei dieſer Gelegenheit hiervon Kenntnis geben. In dieſem Jahre kann das Verfahren nicht geändert werden. Ich möchte nur bemerken, daß wir im nächſten Jahre doch noch einmal die Frage prüfen müſſen, ob wirklich am Sonntag eine größere Wahlbeteiligung zu erreichen iſt. (Sehr richtig!) (Die Verſammlung beſchließt nach dem Antrage der Stadtv. Bollmann und Genoſſen.) 5 Vorſteher Dr Frentzel: Ich teile Ihnen noch mit, meine Herren, daß gegen die Vorſchläge des Wahl⸗ ausſchuſſes Einwendungen nicht erhoben ſind. Da⸗ durch wird auch eine nichtöffentliche Sitzung über⸗ flüſſig. Ich ſchließe die Sitzung. (Schluß § Uhr 53 Minuten.)