361 Amtlicher Bericht über die Derhandlungen der Charlottenburger Stadtverordneten⸗Derſammlung in der öffentlichen Sitzung vom 15. Oktober 1913 nach ſtenographiſcher Aufnahme Herausgegeben Tagesordnung. Geſchäftliche Mitteilungen Einführung des neugewählten meiſters Dr Scholz .. 361, 364 Oberbürger⸗ 361 Seite 361, 362, 364 . 363 364 361 Rednerliſte. Dr. Frentzel Dr. Maier Dr. Schoz von der Schulenburg Beginn der Sitzung 6 Uhr 6 Min. Vorſteher Dr. Frentzel: Ich eröffne die Sitzung. Als Beiſitzer walten die Stadtv. Herren Mar⸗ 27 und Ruß. Herr Stadtv. Ruß führt die Redner⸗ liſte. Entſchuldigt ſind die Stadtv. Herren Dr. Borchardt, Braune, Brode, Dr. Byk, Dr. Frank, Gebert, Jachmann, Jacobi, Dr. Liepmann, Rackwitz, Scharnberg, Stulz, Wolffenſtein, Wöllmer, Zander. Ausgelegt ſind zwei Einbürgerungsgeſuche, dar⸗ unter ein vom Magiſtrat nicht befürwortetes. Wir treten in die Tagesordnung ein. Einführung des neugewählten Oberbürgermeiſters Dr Scholz. Ich erteile das Wort dem Herrn Regierungs⸗ präſidenten von der Schulenburg. Regierungspräſident von der Schulenburg: Sehr verehrter Herr Oberbürgermeiſter! Durch Aller⸗ höchſte Order vom 3. Auguſt d. I. iſt die von der Stadtverordnetenverſammlung vollzogene Wahl zum Erſten Bürgermeiſter der Stadt beſtätigt worden. Es liegt mir ob, Sie nach den Beſtimmungen der Städte⸗ ordnung in Ihr Amt einzuführen. Die kommunale Verwaltung, an deren Spitze Sie jetzt treten, blickt auf eine Entwicklung zurück, wie wohl kaum eine zweite in Preußen. Vor wenig über drei Jahrzehnten war Charlottenburg noch eine ein⸗ fache kleine Landſtadt, und es traten damals von Berlin aus die großſtädtiſche Entwicklung und damit die Notwendigkeit, großſtädtiſche Aufgaben zu löſen, Seite an ſie heran. vom Magiſtrat. Die Charlottenburger Verwaltung fühlte ſich damals dieſen Aufgaben nicht gewachſen und hatte ſelbſt keinen anderen Wunſch, als nach Berlin eingemeindet zu werden, um dieſe Aufgaben einer kräftigeren Kommunalverwaltung zu überlaſſen. Aber auch die Stadt Berlin trug damals in weiſer Selbſtbeſchränkung Bedenken, ſo große Aufgaben, wie ſie an ſie geſtellt wurden, durch gleichzeitige Ein⸗ gemeindung von Charlottenburg und anderen Vor⸗ ortgemeinden zu löſen. Die Verhandlungen zer⸗ ſchlugen ſich, weil Charlottenburg nicht einer Ab⸗ zweigung einzelner Gebietsteile zuſtimmen wollte. Die Selbſtverwaltung von Charlottenburg wurde da⸗ mit vor eine Aufgabe geſtellt, an deren Löſung ſie urſprünglich ſelbſt verzagt hatte. Sie hat ſie in muſtergültiger Weiſe gelöſt. Die ſtädtebaulichen Leiſtungen, die hier vollführt worden ſind, haben ſelbſt auf den Weſten der Mutterſtadt Berlin vorbildlich gewirkt, und ſie haben vor allem dazu geführt, daß hier eine ganz ungewöhnliche Finanzkraft hat vereinigt werden können durch die Anziehungskraft, die die kommunalen und ſtädtebau⸗ lichen Anlagen auf ein ſteuerkräftiges Wohnpublikum übten. Die Stadt Charlottenburg hat eine Ent⸗ wicklung genommen, die als vorbildlich bezeichnet werden darf und als vorbildlich auf faſt allen Gebieten anerkannt wird. Aber nirgends mehr als auf kom⸗ munalem Gebiet gilt der Satz: Raſt ich, ſo roſt ich. Bei einer Kommunalverwaltung gibt es keinen Still⸗ ſtand, und die Aufgaben, die in der Kommune ein⸗ mal gelöſt ſind, ſind immer wieder von neuem zu löſen, wachſen in immer veränderter Form wieder an ſie heran. Ganz beſonders heißt es in Charlottenburg, mit einer vorſichtigen finanziellen Entwicklung zu rech⸗ nen, die hervorragende Steuerkraft, die hier ge⸗ ſammelt iſt, ſo auszunutzen, daß, wenn auf die Zeiten günſtiger Entwicklung, in denen ein ungewöhnlicher ohlſtand ſich hier hat ausbilden können, auch ein⸗ mal ernſte und ſchwere Zeiten folgen, die erforder⸗ lichen Reſerven da ſind, um eine ſpätere Generation nicht mit Vorwurf auf die Vergangenheit zurück⸗ blicken zu laſſen. Was von Charlottenburg in ſeiner faſt wunder⸗ baren Entwicklung gilt, das gilt in ähnlichem Um⸗ fange von allen Machergenelnden, von Berlin und dem ganzen Kranze ſeiner Vorſtädte. Auch ſie ſind in gleicher oder ähnlicher Weiſe gewachſen wie Char⸗ lottenburg. Und damit treten an eine Gemeinde wie Charlottenburg wieder neue Aufgaben heran. Um⸗