Sitzung vom 290. Oktober 1913 hier die Folgerung zieht, die von der Geſamtheit der Parteien beſchloſſenen Wehrbeiträge würden einen derartigen Unwillen herbeiführen, daß dadurch die Opferwilligkeit auf dieſem und jenem Gebiet einge⸗ ſchränkt werden würde, ſo hätten wir den Erfolg doch zunächſt einmal abzuwarten. Es iſt das eine An⸗ ſchauung des Herrn Kollegen Dr Liepmann. Ich bin wiederum ſo optimiſtiſch geſtimmt, daß ich glaube: da, wo Gelder für dieſen oder jenen Zweck nötig ſein werden, werden ſie ſich immer noch finden. Die jetzigen Bewilligungen mit der Etats⸗ beratung in Verbindung zu bringen, war auch ver⸗ früht; (Sehr richtig!) denn wir können über den Etat heute abſolut noch nicht ſprechen. Ich glaube, auch der Magiſtrat weiß noch gar nicht, wie er ausſehen wird, und wir werden uns erſt ſpäter damit zu befaſſen haben. Ich meine aber, daß wir wie in jedem Jahre auch künftig objektiv an die Etatsberatung herantreten werden, und wenn ſich zeigt, daß die Bedürfniſſe nicht mehr befriedigt werden können, müſſen wir die Konſequenzen ziehen. Ich bitte Sie, meine Herren, bei der Beſchlußfaſſung zu bleiben, die uns der Ausſchuß empfiehlt. (Bravo!) Stadtv. Dr. Liepmann: Herr Kollege Dr Bor⸗ chardt hat zwar ſeine Ausführungen damit begonnen, daß er die Gewichtigkeit meiner Worte anzweifelte; er hat ſie aber doch für wichtig genug gehalten, um mit einer gewiſſen Gehäſſigkeit gegen ſie und meine Stellungnahme vorzugehen und meine Ausführungen in verſchiedenen Punkten zu verzerren. Vorſteher Dr. Frentzel (unterbrechend): Herr Kollege Liepmann, das Wort Gehäſſigkeit überſchreitet entſchieden den Rahmen der parlamentariſchen Ge⸗ pflogenheit. Stadtv. Dr. Liepmann (fortfahrend): Ich muß dann ſagen: er hat meine Ausführungen in verſchiede⸗ nen Punkten nicht verſtanden und gegen ſie in ent⸗ ſtellter Form Stellung genommen. — Inbezug auf die Schulbauten, meine Herren, habe ich nicht ge⸗ wollt, daß wir ſie unmodern, ſchlechter oder gar un⸗ hygieniſch ausführen, ſondern nur verlangt und im Ausſchuß entſprechende Anträge eingebracht, daß alle Schulbauten — an denjenigen, die von Ihnen ſchon feſtgelegt ſind, war ja nichts zu ändern —, die ge⸗ wiſſermaßen auf Vorrat für eine zukünftige Ent⸗ wicklung hergerichtet werden ſollen, zurückgeſtellt und die notwendigen Klaſſen eventuell in Mietsräumen untergebracht werden ſollten. Es iſt ein Unterſchied, teten Gebäuden unterrichtet werden ſoll. Etwas Aehnliches habe ich mit meinen Ausfüh⸗ rungen hinſichtlich der Krankenhäuſer beabſichtigt, und ich glaube, daß ich das klar zum Ausdruck ge⸗ bracht habe. Ich habe nicht einer minderwertigen Behandlung unſerer Patienten das Wort geredet, ſondern nur gewünſcht, daß wir Neubauten, insbe⸗ ſondere Neubauten wie Kioske für Ohren⸗ und Naſenkranke, für Geiſteskranke uſw., wenn ſie auch ſchön und nützlich ſind und eine künftige Erweiterung 375 in dieſer Form von uns auch für ſpätere Zeit ins Auge zu faſſen ſein dürfte, angeſichts der jetzigen Finanzlage auf dieſe ſpätere Zeit verſchieben ſollten. Dann bin ich dafür eingetreten und tue es auch jetzt, daß wir uns bei dem Bau und der äußeren Ausſtattung von Schul⸗ und Krankenhausbauten möglichſter Sparſamkeit befleißigen. Dabei bleibe ich, wenn auch Herr Kollege Borchardt verſucht, dieſe Stellungnahme als eine volksfeindliche und unmo⸗ derne hier Ihrer Kritik zu unterbreiten. Was ſchließlich den Wehrbeitrag anbetrifft, Herr Kollege Borchardt,ſo habe ich nicht behauptet, daß die Bevölkerung darüber verdroſſen wäre; ich habe auch nicht behauptet, daß irgend jemand nachträglich kritiſiert, daß die bürgerlichen Parteien den Wehr⸗ beitrag bewilligt haben, ſondern ich habe nur ge⸗ ſagt: die Folge des Wehrbeitrags und der weiteren Erhöhung der Reichs⸗ und Staatsſteuern, wie ſie ein⸗ treten wird, iſt ſchon jetzt nach meinen Erfahrungen — und dieſe Erfahrung werden Sie alle machen — die, daß eine geringere Gebefreudigkeit bei denjenigen unter unſeren Mitbürgern herrſcht, die bisher frei⸗ willig zu ſozialen Aufgaben beigeſteuert haben. Meine Herren, die Laſten, die der wohlhabende Teil der Bevölkerung mit den neuen Steuern und auch mit dem Wehrbeitrag gern in der Abſicht über⸗ nommen hat, die ärmeren Klaſſen zu ſchonen, müſſen natürlich im Budget des einzelnen Haushalts gerech⸗ net werden. Hierbei iſt die Wirkung, die ich be⸗ dauere, die aber eintritt, wie ſich zeigen wird, eben die, daß das freiwillige Aufbringen von Mitteln für Wohlfahrtseinrichtungen zum Beſten derjenigen Volksklaſſen, für die gerade Herr Dr Borchardt ganz ſpeziell als Vertreter auftreten zu dürfen glaubt, nicht in derſelben Höhe wie früher mehr mög⸗ lich iſt. Aber nicht nur in dieſer Beziehung ſpreche ich mein Bedauern aus, ſondern auch darüber, daß Herr Dr Borchardt es für richtig gefunden hat, meine Worte derart auszulegen und es bei dieſer Gelegen⸗ heit wiederum als Auffaſſung meiner Freunde hinzu⸗ ſtellen, als ob wir dafür einträten, daß die beiden Bevölkerungsteile, die Wohlhabenderen und die Aermeren, in zwei getrennten Lagern ſtänden und der erſtere dem anderen ihm zukommende Leiſtungen zu entziehen oder zu mindern ſucht. Das Gegenteil war der Fall. Ich habe mein Bedauern darüber ausge⸗ ſprochen, daß diejenigen, die mehr beiſteuern und geben können, infolge der Erhöhung der ſtaatlichen Laſten künftig ſich nicht mehr in der Lage ſehen werden, in freiwilliger Liebestätigkeit ebenſo viel zu geben wie früher. Deshalb habe ich gebeten, die laufenden Ausgaben ſpäter ſo zu bemeſſen, daß dieſe vermögenden Klaſſen imſtande ſind, ebenſo wie bisher und wie es ihnen ihr warmes Herz und ihre beſſere wirtſchaftliche Lage vorſchreibt, ſoziale Für⸗ ſorge zu üben. ob ich das will oder verlange, daß unſere Jugend in ſchlechten, unmodernen oder nicht genügend gelüf⸗ Stadtv. Dr. Stadthagen: Meine Herren! Die Ausführungen des Herrn Kollegen Scharnberg und der Antrag, den er geſtellt hat, geben mir Veranlaſſung, auch zur Sache das Wort zu ergreifen. Wenn meine Freunde im Ausſchuß gegen die Poſition von 250 000 Mark für die Verbindung der beiden Lietzenſeeteile auf Anregung eines meiner Freunde — ich will die Perſon nicht nennen, da das nicht üblich iſt, Sie werden ja wiſſen, wer es war — Stellung genommen haben, ſo hat uns dazu der Grundſatz der Sparſamkeit bewogen. Wir haben uns von der Notwendigkeit dieſer Ausgabe