386 Weſtend, zuſammenzählen, ſo haben wir eine Groß⸗ ſtadt von 72 640 Einwohnern. Und wenn wir das Verkehrsbedürfnis einmal unter die Lupe nehmen, ſo ſtellt es ſich im letzten Jahre für den Sophie⸗Char⸗ lotte⸗Platz auf 1 802 800 Fahrkarten, allein für die Untergrundbahn. Das ſind bedeutend mehr, als der Verkehr für den Wilhelmsplatz aufweiſt, wo nur 1 419 200 Fahrkarten abgefordert wurden. Alt⸗ Charlottenburg iſt ſo ſtark bevölkert, daß in einem einzigen Gebäude in der Danckelmannſtraße allein 768 Einwohner wohnen. Wer das in Betracht zieht und daran denkt, daß ein großer Teil dieſer Einwohner Arbeiter, Fabrikarbeiter ſind, die morgens in aller Frühe zur Werkſtätte eilen müſſen, und wer dann die dürftigen Verkehrsgelegenheiten von Alt⸗ Char⸗ lottenburg betrachtet, der muß den Antrag des Herrn Dr. Feilchenfeld lebhaft unterſtützen. Ich habe ver⸗ ſucht, mich mit der Großen Berliner Straßenbahn ins Benehmen zu ſetzen, und habe den Eindruck ge⸗ wonnen, als wenn eine Inſtanz immer die Verant⸗ wortung auf die andere ſchiebt. Vom Magiſtrat wird uns ertlärt: wir können aus vertraglichen Gründen nichts tun —, und von der Großen Berliner Straßen⸗ bahn habe ich hier einen Beſcheid vom 7. März 1913 in der Hand, worin es heißt: wir können aus ver⸗ traglichen Gründen nichts tun. Es handelt ſich ſpe⸗ ziell um die Umleitung der Linie P oder R, die ein unbedingtes Bedürfnis für Alt⸗Charlottenburg und Weſtend darſtellt. Eine Umleitung der P⸗ oder R⸗ Linie durch die Schloßſtraße muß erfolgen, damit die Bewohner dieſes großen Stadtteils Gelegenheit haben, einerſeits unſere Theater, anderſeits unſer Krankenhaus, die Begräbnisſtätten und unſere Ka⸗ ſernen aufzuſuchen. Das Bedürfnis wird unbedingt anerkannt werden müſſen, es wird um ſo mehr aner⸗ kannt werden müſſen, als dadurch eine gewiſſe Ent⸗ laſtung der Berliner Straße eintritt, die in dem Teile vom Luiſenplatz bis zum Knie ſtark mit elek⸗ triſchen Bahnen überlaſtet iſt. Da beide Linien zu demſelben Ziele führen, ſo ſcheint hier tatſächlich die Notwendigkeit und die Billigkeit gegeben, daß eine dieſer Linien unſeren Wünſchen entſprechend umgeleitet wird. (Wiederholter Widerſpruch.) Ich wollte mit meinen kurzen Ausführungen nur den Antrag Feilchenfeld warm unterſtützen und die Aufmerkſamkeit nicht allein auf Weſtend, ſondern ganz beſonders auf Alt⸗Charlottenburg lenken. Vorſteher Dr Frentzel: Meine Herren! Ehe wir weiter fortfahren, zwingt mich mein Gerechtig⸗ keitsgefühl, zu bekennen, daß ich einen Verſtoß gegen die Geſchäftsordnung begangen habe. Wir ſind nämlich in die Beſprechung der Anfrage eingetreten, ohne daß dieſe Beſprechung beſchloſſen worden iſt. Aus der lebhaften Beteiligung, welche die Diskuſſion auf allen Seiten des Hauſes gefunden hat, darf ich aber wohl annehmen, daß eine Beſprechung er⸗ wünſcht iſt. Stadtv. Dr Feilchenfeld: Ich möchte doch ganz entſchieden den Ausführungen meines geehrten Herrn Vorredners widerſprechen. (Sehr richtig!) Die Bedürfniſſe von Alt⸗Charlottenburg würden außerordentlich geſchädigt werden, wenn die Linie P oder R umgeleitet würde. (Sehr richtig!) Sitzung vom 12. November 1913 Es iſt unbedingt notwendig, die Ergänzung durch Einführung einer neuen Linie vorzunehmen, die durch die Schloßſtraße nach Weſtend heraufgeführt wird. Das iſt doch eigentlich das, was Herr Kollege Rieſen⸗ berg hier haben will, und womit er auch zufrieden ſein könnte. Entſchieden Proteſt muß ich auch einlegen gegen die Ausführung des Herrn Magiſtratsvertreters. Die Anfrage iſt, wenn ich nicht irre, vor drei Wochen an den Magiſtrat gegangen, und jetzt ſagt uns der Ver⸗ treter des Magiſtrats, der Magiſtrat wird in eine Prüfung dieſer Verhältniſſe eintreten. Das Bedürf⸗ nis iſt, wie Sie, glaube ich, auch hier aus der Ver⸗ ſammlung gehört haben, ſo allgemein anerkannt un ſo unzweifelhaft vorhanden, daß der Magiſtrat dazu heute ſchon entſchieden hätte Stellung nehmen können. Es befriedigt auch nicht gerade ſehr, daß der Herr Magiſtratsvertreter ſehr vorſichtig und ängſtlich erklärt: ja, wir wollen verſuchen, etwas zu machen, wenn nach Prüfung der Frage das Bedürfnis anerkannt iſt, aber wir müſſen von vornherein um Entſchuldi⸗ gung bitten, wenn wir nicht viel erreichen werden. Das war ungefähr der Sinn ſeiner Ausführungen. Ich glaube doch, wenn der Magiſtrat energiſch auf⸗ tritt, ſo wird auch dieſe Aktiengeſellſchaft, die ſo ſehr ſonverän über die Bedürfniſſe der Stadt und des Publikums hinwegſieht, einmal gezwungen werden 122 etwas dafür zu tun, wofür ſie doch eigentlich a iſt. (Bravol) Stadtſyndikus Sembritzki: Meine Herren! Wenn ich meine Erklärung vorſichtig abgefaßt habe, ſo habe ich das mit voller Abſicht getan. Ich möchte mich nicht dem Vorwurf ausſetzen, daß hier durch den Magiſtratsvertreter etwas verſprochen oder auch nur in Ausſicht geſtellt wird, was nachher nicht erfüllt werden kann. Damit kann auch weder Ihnen noch den beteiligten Kreiſen gedient ſein. Die Dinge lie⸗ gen doch nun einmal leider ſo, daß wir auf Verhand⸗ lungen und ſchließlich auf das mehr oder minder freundliche Entgegenkommen des anderen Teils an⸗ gewieſen ſind; und ſie liegen um ſo mehr ſo, nachdem unſere Rechte auf den Zweckverband übergegangen ſind. Daß die Verhandlungen jetzt natürlich unge⸗ mein viel mehr Zeit in Anſpruch nehmen wegen der Vermehrung der dabei beteiligten Inſtanzen als früher, iſt leider Tatſache. Selbſtverſtändlich werden wir mit allem Nachdruck, wenn ich das hinzufügen darf, mit aller uns zur Verfügung ſtehenden Energie auf die Erfüllung dieſer Wünſche hinzuwirken ſuchen. Das habe ich eigentlich für ſelbſtverſtändlich gehalten und eine Erklärung nach dieſer Richtung hin nicht für erforderlich erachtet. Wegen der Wartehallen möchte ich dem Herrn Stadtv. Gebert bemerken, daß wir auch hier mit allem Nachdruck unter Hinweis auf die vertraglichen Verpflichtungen die Straßenbahngeſellſchaft zur Er⸗ richtung ſolcher Wartehallen angehalten haben, zu⸗ nächſt direkt. Sie hat es abgelehnt, wiederholt abge⸗ lehnt. Wir haben darauf den Zweckverband um wei⸗ tere Veranlaſſung gebeten, der allein in der Lage iſt, etwa mit Zwangsmitteln gegen die Geſellſchaft zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen vorzugehen. Bis⸗ her ſcheint auch der Zweckverband keinen Erfolg mit ſeinen Bemühungen gehabt zu haben. Vorſteher Dr Frentzel: Das Wort iſt nicht wei⸗ ter verlangt; ich ſchließe die Debatte über Punkt 13.