Sitzung vom 12. Wir verlaſſen den Gegenſtand, um nunmehr, nachdem der Herr Berichterſtatter zu Punkt 10 eingetreten iſt, zu dieſem Punkt zurückzukehren: Bericht des Ausſchuſſes über die Vorlage betr. Hono⸗ rarfeſtſetzung für die Teſtamentsvollſtrecker des Raußendorffſchen Nachlaſſes.— Druckſachen 253, 290. Berichterſtatter Stadtv. Dr Friedlaender: Meine Herren! Ich würde Sie bitten, dieſe Vorlage aus⸗ ſchließlich nach rein rechtlichen und geſerlichen Ge⸗ ſichtspunkten zu beurteilen. Andere Geſichtspunkte mögen hierbei vollkommen ausſcheiden. Ich bemerke, daß ſich auch der Ausſchuß bei der Beratung der Vor⸗ lage und bei der Beſchlußfaſſung nur von rechtlichen Geſichtspunkten hat leiten laſſen. Wenn ich auf die Vorlage ſelbſt eingehe, ſo muß ich zunächſt erwähnen, daß ich das geſamte Akten⸗ material — Sie ſehen hier nur einen Teil davon — durchſtudiert habe. Außer dieſen Aktien habe ich mir auch erlaubt, die Akten des Teſtamentsvoll⸗ ſtreckers, Kollegen Schmilinsky, mir kommen zu laſſen, die ebenſo umfangreich ſind und die ich für die Beurteilung der Vorlage heranzuziehen für notwendig hielt. Aus den Akten hat ſich nun folgendes er⸗ geben: Die Hugo und Antonie Raußendorffſchen Eheleute haben durch Erbvertrag vom 2. Juli 1904 und 22. Mai 1908 ſowie durch Teſtament vom 12. Juli 1907 ſich gegenſeitig zu Vorerben und die Stadtgemeinde Charlottenburg zur Nacherbin ein⸗ geſetzt. Bezüglich der Teſtamentsvollſtrecker — ein Punkt, der hier ja weſentlich in Frage kommt — iſt folgendes beſtimmt. In dem Erbvertrage vom 2. Juli 1904 iſt im § 4 geſagt: Zu Teſtamentsvollſtreckern ernennen wir 1. den Kaufmann Robert Lonchant zu Berlin, Jüdenſtraße 54, 2. den Rentner Paul Buſſe zu Großs⸗Lichterfelde, Behnſtraße 32, 3. den Landgerichtsrat Merz zu Berlin, Halleſche Straße 17. Für jeden vor unſerem Tode fort⸗ fallenden Teſtamentsvollſtrecker baben wir oder der Ueberlebende von uns einen Erſatzmann zu wählen. Nach unſerem Tode hat jeder Teſta⸗ mentsvollſtrecker für den Fall ſeines Fortfalls einen Erſatzmann für ſich zu beſtimmen. Ebenſo hat jeder Erſatzmann bei Eintritt ſeines Amtes wieder einen Erſatzmann für ſich zu beſtimmen. Sollte infolge Nichtbeachtung oder Unausführbarkeit dieſer Anordnung der Fall eintreten, daß nur noch zwei Teſtamentsvoll⸗ ſtrecker vorhanden ſind, ſo ſollen dieſe beiden allein das Amt führen. Iſt nur noch einer vorhanden, ſo beſtimmt das Nachlaßgericht den zweiten. Fallen alle Teſtamentsvollſtrecker vor oder nach der Annahme des Amtes fort, ſo ernennt das Nachlaßgericht zwei Teſtaments⸗ vollſtrecker, da immer mindeſtens zwei Teſta⸗ mentsvollſtrecker fungieren ſollen. In Abänderung dieſer Beſtimmung iſt im Erbver⸗ trage vom Jahre 1908 folgendes beſtimmt: Von unſeren früher ernannten Teſta⸗ mentsvollſtreckern ſteht Herr Lonchant in hohem Alter und will nur ungern die Laſt des Amtes auf ſich nehmen. Ebenſo hat uns Herr Landgerichtsdirektor Merz erklärt, daß er mit Arbeiten überbürdet ſei und uns nur ein Opfer bringe, wenn er das Amt übernehme. Unſer November 1913 387 Freund und Vetter Buſſe iſt ſehr leidend. Des⸗ halb ernennen wir zu Teſtamentsvollſtreckern 1. den Stadtſyndikus Dr. Adolf Maier, hier, 2. den Makler Kaufmann, zurzeit Vorſteher der Charlottenburger Stadtverordnetenver⸗ ſammlung, 3. den Juſtizrat Karl Schmilinsku, hier. Für dieſe Teſtamentsvollſtrecker gelten die in unſerem Erbvertrage getroffenen Be⸗ ſtimmungen. Das ſind die Beſtimungen über die Teſtamentsvoll⸗ ms. die in den letztwilligen Verfügungen enthalten ind. Was nun das Nachlaßvermögen der Raußen⸗ dorffſchen Eheleute betrifft, ſo beſtand dasſelbe am Todestage der Ehefrau — das iſt am 19. Dezember 1910 — aus folgenden Werten: 1. aus dem Grund⸗ ſtück Kurfürſtendamm 206/207, welches bis zur Lietzenburger Straße durchgeht, dann aus den Grundſtücken Kneſebeckſtraße 58, 59, 60 und 62, die nicht bebaut waren; dieſe Grundſtücke waren mit einem Betrage von 1 545 000 M. zur Grundſteuer veranlagt. Zweitens beſtand das Vermögen aus Effekten, die bei der Dresdner Bank in der Berliner Straße deponiert waren und die am Todestage der Frau Raußendorff einen Kurswert von etwa 240 000 ℳ hatten; dann aus Hupothekenforderun⸗ gen und perſönlichen Forderungen im Geſamtbetrage von 675 500 ℳ, ferner aus einem Barbeſtande von 205 000 ℳ, aus Effektenzinſen von rund 2200 und aus Hypothekenzinſen von etwa 9000 ℳ. Hierzu kam noch eine ſehr wertvolle Bilder⸗ und Kunſt⸗ ſammlung und wertvolles Hausinventar, ſo daß ſich der Bruttonachlaß auf etwa 3 Millionen Mark ſtellte, wovon auf Vermächtniſſe etwa 600 000 ℳ entfielen. Der weſentliche Inhalt der letztwilligen Ver⸗ fügungen ging dahin, daß alleinige Erbin die Stadt⸗ gemeinde Charlottenburg iſt, daß / des Nachlaſſes zur Errichtung eines Altersheims, % zugunſten der Charlottenburger Ferienkolonien und die reſtlichen / zugunſten der Armen und Hilfsbedürftigen nach näherer Beſtimmung der Stadtgemeinde in Gemein⸗ ſchaft mit den ernannten Teſtamentsvollſtreckern ver⸗ wendet werden ſollten. Die Regulierung der Erbſchaft durch die drei Teſtamentsvollſtrecker iſt nun, ſoweit dies bisher möglich war, erfolgt. Die Teſtamentsvollſtrecker haben am 4. Juli 1913 Rechnung gelegt und in dieſer Rechnungslegung gleichzeitig bemerkt, daß das Erb⸗ ſchaftsſteueramt zum Nachweiſe der Koſten der Teſtamentsvollſtreckuna, die mit einem zunächſt nur geſchätzten Betrage von 40 000 ℳ eingeſetzt und von der ſteuerpflichtigen Maſſe in Abzug gebracht waren, eine Friſt bis zum 1. September d. I. geſetzt hat. Die Rechnung über den Nachlaß iſt dann vom Magiſtrat geprüft und in Ordnung gefunden worden. Den Teſtamentsvollſtreckern iſt am 18. Auauſt d. I. Entlaſtung erteilt worden. In dem bezüalichen Schreiben des Magiſtrats an die Teſtamentsvoll⸗ ſtrecker heißt es folgendermaßen: Wegen endgültiger Feſtſetzung der Erb⸗ ſchaftsſteuer fordert das Erbſchaftsſteueramt den Nachweis der Koſten der Teſtamentsvoll⸗ ſtreckung bis zum 1. September d. I. Da zu dieſen Koſten das Honorar der Teſtaments⸗ vollſtrecker gehört, bitten wir um baldgefl. Mitteilung, ob und welches Honorar Sie für Ihre Tätigkeit fordern.