410 Sitzung vom 3. Wir werden uns jedenfalls erlauben, bei geeigneter Gelegenheit energiſch darauf zurückzukommen. Stadtv. Gebert: Meine Herren! Auch wir müſ⸗ ſen unſer Erſtaunen darüber ausdrücken, daß eine derartige Verordnung ſeitens des Magiſtrats her⸗ ausgekommen iſt. Ich habe heute nachmittag veranlaßt, daß ſämtlichen Mitglie⸗ dern des Magiſtrats wie auch der Stadt⸗ verordnetenverſammlung ein Exem⸗ plar der Gewerkſchaftszeitung zur Verfügung geſtellt werde, ich bedaure lebhaft, daß die Nummern nicht aus⸗ gelegt worden ſin d. In dieſer Zeitung i ſt das in Frage kommende Produkt der Oeffentlichkeit bekannt gegeben. Da in den uns zugeſandten Druckſachen die neue Vorſchrift nicht enthalten war, ſo wollte ich die Zeitſchrift hier aus⸗ legen laſſen. Ich bedaure ſehr, daß es nicht geſcheh en iſt. Nun zur Sache ſelbſt. Aus den Ausführungen des Herrn Bürgermeiſters habe ich nicht erfahren, daß man die Arbeiterausſchüſſe gefragt oder davon in Kenntnis geſetzt hat, daß dieſe neue Verordnung her⸗ ausgegeben werden ſoll. Als wir vor etlichen Jahren hier Beratungen über unſere Arbeiterausſchüſſe pflo⸗ gen, wurde auch der Wunſch geäußert, da ß für die Zukunft Aenderungen der Arbeits⸗ ordnung und ſonſtige Vorſchriften be⸗ kannt gegeben werden möchten. Dieſer Wunſch iſt ausdrücklich aus den Reihen der Stadt⸗ verordnetenverſammlung gekommen. Von ſeiten des Magiſtrats iſt zugeſichert worden, daß es ſo gehandhabt werden ſoll. Wir müſſen leider kon⸗ ſtatieren, daß dies nicht geſchehen iſt; man hat hier, ſagen wir einmal, eine Piſtole genommen und ſie den einzelnen auf die Bruſt geſetzt. Man kann wohl ſagen: das Sprichwort: „Vogel, fri ß oder ſtirb“ iſt hier angewandt worden. Der Herr Bürgermeiſter meint, die Androhung der Entlaſſung ſei nicht ſo aufzufaſſen. Aber nach ſeinen Ausführungen ſteht doch wohl ohne weiteres feſt, daß, wenn der betreffende Arbeiter ſich ſpäter weigert, den Vertrag zu unterſchreiben, er als entlaſſen anzuſehen iſt. Die Gefahr liegt doch nahe, daß mit ihm zum zweiten Male überhaupt nicht der Vertrag abgeſchloſſen wird, weil er ſich geweigert hat, das erſte Mal die Verfügung zu unterſchreiben. Meines Erachtens hätte der Magiſtrat gar nicht ſo vorgehen ſollen, ſondern er hätte in erſter Linie den Arbeiterausſchuß fragen ſol⸗ len. In den Beſtimmungen über die Arbeiterausſchüſſe heißt es: ſie können gehört werden. Ich wundere mich, daß ſie nicht gehört worden ſind. Als einfacher Arbeiter muß ich auch meine Ver⸗ wunderung darüber ausſprechen, daß die Punkte a und b der Verordnung ſo ſchwer verſtändlich gefaßt waren. Ob es denn nicht möglich geweſen wäre, das, was der Magiſtrat beabſichtigt, in leicht faßliche Worte zu kleiden? Auch die Erklärung zu a iſt für mich unklar; denn der Ausdruck „Dritter“ iſt nicht verſtändlich. Man weiß nicht, wer mit dem Dritten gemeint iſt. Auch nach dieſer Richtung halte ich die Faſſung für ſchwer verſtändlich, namentlich für die Arbeiter. Ich ſtehe aber auch auf dem Standpunkt des: Ehre, dem Ehre gebührt. Aus dieſem Grunde hätte das Zirkular, das den einzelnen zur Unterſchrift unter⸗ breitet worden iſt, ebenfalls eine andere Faſſung haben Dezember 1913 können. Ich verſtehe durchaus, daß ſich die Beamten in ihrer Beamteneigenſchaft beleidigt fühlten; es iſt eine, ſagen wir einmal, Zurückſetzung. Es hätte doch nicht zu heißen brauchen: es erſcheint der Arbeiter X; hätte man es korrekt abfaſſen wollen, dann hätte man nur zu ſagen brauchen: es erſcheint . . „ und dann hätte der Name des Betreffenden eingefügt werden können und dahinter ſein Stand. Das hätte ſchon eine Abſchwächung hervorgerufen. Hier iſt der Wunſch ausgedrückt worden, es möch⸗ ten Beamtenausſchüſſe eingerichtet werden. Sie wiſſen ja, meine Herren, daß wir auf dem Standpunkt ſtehen, man ſoll den Arbeiterausſchüſſen mehr Geltung bei⸗ legen, und das iſt nicht nur unſere Anſicht für die Arbeiter, ſondern auch für die geſamten Angeſtellten. Ich halte es auch für notwendig, daß man vielleicht demnächſt in einer ſpäteren Sitzung den Magiſtrat er⸗ ſucht, eine Vorlage zu bringen, die den Ausſchüſſen mehr Rechte einräumt, als es heute geſchieht. Die Verordnung, die der Herr Bürgermeiſter aus dem Jahr 1897 hier anführt, läßt doch den Begriff „amtliche Angelegenheiten“ außerordentlich dehnbar erſcheinen. Bei ſeinen Ausführungen iſt mir die Debatte im Reichstage ins Gedächtnis gekommen. Was iſt geheim, was iſt nicht geheim? Hier muß man genau ſo ſagen: was iſt amtlich, und was iſt nicht amtlich? Der Magiſtrat müßte eigentlich ſeine Freude daran haben, wenn aus dem Kreiſe der Beamten und Arbeiter heraus die Oeffentlichkeit in ſachgemäßer Weiſe aufgeklärt wird. Man ſollte darin nicht allzu ängſtlich ſein. Schließlich trifft doch das eine zu, daß die Stadt Geheimniskrämerei nicht treibt. Wenn wir e(s auch noch ſo ängſtlich handhaben wollen: ein Ge⸗ heimnis beſteht doch überhaupt nicht, und die Oeffent⸗ lichkeit wird erſt recht etwas davon erfahren. Ich habe den Artikel auch geleſen und muß konſtatieren, daß ich die Verletzung von Amtsgeheimniſſen darin nicht ge⸗ funden habe. Alſo warum auf einmal ſo zimperlich, warum ſo ängſtlichg? Sonſt ſind wir doch nicht ſo ängſtlich. Ich bin der Meinung, daß hier der Magiſtrat, ſagen wir einmal, ſcharf daneben gehauen hat. Auch wir möchten bitten, daß für die Zukunft in erſter Linie alles das getan wird, was man uns hier verſprochen hat und was durch Beſchlüſſe feſtgelegt worden iſt. Nebenbei will ich noch bemerken: wenn ein Artikelſchreiber ſich erſt die Erlaubnis von ſeiner vorgeſetzten Behörde einholen ſoll, dann hat er doch von vornherein ſchon Furcht, überhaupt einen Artikel zu verfaſſen. So weit kann das doch nicht gehen. Der Vorgeſetzte hat mit der Privattätig⸗ keit des einzelnen Arbeiters wie des einzelnen Beamten abſolut nichts zu t un. Es gibt doch in der Stadtverwaltung ſo viele Arbeit für die Vorgeſetzten, daß ſie ſich um dieſe An⸗ gelegenheiten nicht zu kümmern brauchten. Das wäre das, was ich zu der Anfrage zu ſagen hätte. Das eine möchte ich noch betonen: wir wünſch⸗ ten, daß in Zukunft die rechte Seite des Hauſes ebenſo mit uns gemeinſam die Intereſſen der Angeſtellten vertreten möchte, wie es heute der Fall iſt. Bürgermeiſter D. Maier: Meine Herren! Ich will auf die Ausführungen nur ganz kurz antworten. Sachlich will ich auf die Behandlung der Verfügung nicht weiter eingehen. Der Herr Stadtv. Meyer hat ja anerkannt, daß wir beſtrebt ſind, jeden Zweifel, der etwa über die Auslegung dieſer Verfügung be⸗ ſtehen könnte, zu beſeitigen. Sollte wirklich noch