422 Sitzung vom 3. gewieſen wurden, vermutlich — man kann ja nicht wiſſen, welches die inneren Gründe waren —, weil ſich in der Straße eine Fabrik befand, in der geſtreikt wurde und die jungen Mädchen dort als ſogenannte Streikpoſten ſtanden. Das damalige Vorgehen der Polizei wird von allen denjenigen Leuten, die in jenen Straßen von Verkehr und daher auch von Verkehrs⸗ hinderniſſen nichts merken konnten, für geſetzwidrig gehalten. Aber wenn man nun vielleicht auch aus dem damaligen Vorgehen der Polizei den Gedanken ſchöp⸗ fen kann, die Polizei ſei vielleicht zu einem geſetzwidri⸗ gen Vorgehen zugunſten von Leuten geneigt, denen ſie ein beſonderes Intereſſe entgegenbringt, wie damals der betreffenden Fabrik, ſo könnte man ſich ja mit einer ſolchen Petition, in geſetzwidriger Weiſe „aus verkehrs⸗ polizeilichen Gründen“ im Intereſſe der Gewerbe⸗ treibenden den Straßenhandel zu beſchränken, obwohl keine Verkehrsintereſſen vorliegen, an die Polizei wen⸗ den. Aber man kann aus dem damaligen Vorgehen der Polizei doch nicht den Schluß ziehen, daß auch unſer Magiſtrat zu einer derartig gewaltſamen Aus⸗ legung der Geſetze geneigt ſein wird, und man ſoll auch nicht verſuchen, ihn durch eine ſolche Ueberweiſung ge⸗ neigt zu machen, einer derartigen gewaltſamen Inter⸗ pretation etwa gern ſeine Zuſtimmung zu geben. Deswegen halte ich es für ganz unangebracht, mit einer ſolchen Petition, die ja letzten Endes nur darauf hinausläuft und hinauslaufen kann, verkehrspolizeiliche Gründe im Intereſſe der Gewerbetreibenden Char⸗ lottenburgs, wie die Befürworter des Antrags ſagen, geltend zu machen, alſo da, wo ein Verkehrsintereſſe gar nicht vorliegt, ſondern ganz andere Intereſſen ob⸗ walten, an den Magiſtrat heranzugehen, und ich kann Sie nur bitten, über die Petition zur Tagesordnung überzugehen. Stadtv. Gebert: ſind damit erledigt. Meine Ausführungen Vorſteher Dr Frentzel: Sie verzichten alſo? (Stadtv. Gebert: Jawohl!) Stadtv. Dr. Crüger: Ich hatte eigentlich nach den Ausführungen des Herrn Stadtv. Granitza an⸗ genommen, er würde ſich zu unſerm Antrag bekennen. (Stadtv. Granitza: Jawohl!) — Dann dürfen Sie aber nicht für die Annahme des Antrages des Petitionsausſchuſſes plädieren. Wir werden uns alſo dann vielleicht auf Ueberweiſung als Material verſtändigen. (Stadv. Granitza: Nein!) — Ja, dann müſſen Sie ſich erſt einmal mit ſich ſelbſt einig werden. (Sehr richtigl) Vielleicht iſt es bei dieſer wichtigen Angelegenheit angebracht, ſie noch einmal an den Petitionsausſchuß zurückzuverweiſen, damit er ſich die entſprechenden geſetzlichen Beſtimmungen anſieht. Es iſt ja mit Recht darauf hingewieſen worden, daß der Antrag, den uns der Petitionsausſchuß hier unterbreitet hat, mit den Geſetzen nicht vereinbar iſt. Dezember 1913 Wenn meine Freunde hier beantragt haben, die Petition dem Magiſtrat als Material zu überweiſen, dann haben wir uns dabei im weſentlichen auf den Standpunkt des Herrn Bürgermeiſters geſtellt, daß doch immerhin in der Petition vielleicht dieſes oder jenes vom verkehrstechniſchen Standpunkt aus be⸗ achtlich iſt. Ich gaube, daß dieſe Differenz zwiſchen den Herren von links und uns auf dieſem Gebiet nicht ſo außerordentlich weit iſt. Ich wünde es allerdings wünſchen, daß auch die Gruppe der liberalen Frak⸗ tion, die ſich von uns getrennt hat, die Angelegenheit nochmals prüft und ſich ſtreng auf den Boden des Geſetzes ſtellt, (Stadtv. Erdmannsdörffer: Das iſt nicht modern!) — allein durch die geſetzlichen Wege leiten läßt und mit uns für die Ueberweiſung als Material ſtimmt. Stadtv. Scharnberg: Meine Herren! Ich möchte doch nicht unterlaſſen, Sie auf die augenblick⸗ lich herrſchende wirtſchaftliche Kriſis hinzuweiſen, in der, glaube ich, auch die Kommune die Pflicht und Schuldigkeit hat, für billige und gute Lebensmittel zu ſorgen. Berlin hat, wie Sie geleſen haben werden, eine erhebliche Summe zugeſetzt, damit die Einwohner billiges Fleiſch erhalten. Nun haben wir, meine ich, gar keine Veranlaſſung, durch ein Verbot des Straßen⸗ handels den Einwohnern von Charlottenburg noch die Lebensmittel zu verteuern; denn ſie kaufen doch entſchieden billiger bei den Händlern, was ja die Be⸗ gründung der Petitionen beweiſt, in der darauf hin⸗ gewieſen wird, daß den Gewerbetreibenden Kon⸗ kurrenz gemacht wird. Wenn es aber ein Gewerbe⸗ treibender ehrlich meint und wenn er für gute und friſche Waren ſorgt, ſo kann ihm der Straßenhandel nur wenig Konkurrenz machen. Ich habe mit ver⸗ ſchiedenen Leuten über den Straßenhandel ge⸗ ſprochen; ſie fühlen ſich durch ihn abſolut nicht ge⸗ hindert, ſie haben ihre beſtändige Kundſchaft und legen Wert auf gute Waren. Deshalb kann ihnen der Straßenhandel nichts antun. In puncto Verkehrsintereſſe bitte ich zu berück⸗ ſichtigen, daß die Wagen doch meiſt an den Ecken halten, wo ein Fuhrwerksverkehr nicht in Frage kommt. Die Krämer ſtellen ihre Waren doch auch auf das Trottoir. Das wird ja zwar von der Polizei meiſtenteils inhibiert, aber es geſchieht doch immer wieder Alſo ich glaube, daß wir abſolut keine Ver⸗ anlaſſung haben, in die Sache einzugreifen. Ich möchte Sie wirklich darum bitten, Uebergang zur Tagesondnung zu beſchließen. Stadtv. Granitza: Herr Dr. Crüger hatte ge⸗ glaubt, ich würde für ſeinen und den Vorſchlag ſeiner Freunde plädieren. Ich wußte nicht, was er vor⸗ geſchlagen hatte, da er ja bis dahin noch nicht das ] Wort genommen hatte, ich wußte auch nicht, zu wel⸗ cher Gruppe ſeiner Freunde er gehört. Ich habe mich auf den Standpunkt des Petitionsausſchuſſes geſtellt, der hier Überweiſung an den Magiſtrat zur Berückſichtigung beantragt. Wenn nun dem Pe⸗ titionsausſchuß die geſetzlichen Beſtimmungen nicht gegenwärtig geweſen ſind, er ſie hierbei alſo außer acht ließ, ſo wäre es meiner Anſicht nach das Logiſche, dieſe Materie nochmals an den Petitionsausſchuß zu verweiſen. Wenn man aber die Überweiſung zu Be⸗