Sitzung vom 3. hier in Frage der Verband der Gemeinde⸗ und Staatsarbeiter, Ortsverwaltung Groß⸗Berlin, und als Mitkontrahent der Allgemeine Deutſche Gärtner⸗ verein. Nebenbei mag darauf hingewieſen werden, daß der erſte Verband eigentlich gar kein Fachverband in dem Sinne iſt, wie etwa die Gewerkſchaften Fach⸗ verbände ſind. Aber es muß beſonders hervorgehoben werden, daß dieſen Verbänden von ungefähr 1850 ſtändigen ſtädtiſchen Arbeitern nur ca. 550 angehören. Alſo noch nicht der dritte Teil der ſtändigen ſtädtiſchen Arbeiter iſt organiſiert, und da erſcheint es doch als eine gewiſſe Ungerechtigkeit gegen den übrigen Teil der Arbeiter, ganz abgeſehen von der ſonſtigen prin⸗ zipiellen Bedeutung der Sache, wenn man einen Ver⸗ band mit rechtsgültigen Verhandlungen zwiſchen Arbeiterſchaft und Magiſtrat betrauen wollte, dem ein ſo geringer Teil der Arbeiter als Mitglieder an⸗ gehört, und es kann auch wohl den Antragſtellern zu⸗ getraut werden, daß ſie eine derartige Ungerechtigkeit, die darin liegt, ebenfalls einſehen müßten. Würden wir nun aber ſelbſt von der Vorausſetzung ausgehen, daß dem Verbande alle Arbeiter oder doch der überwiegend größte Teil der ſtädtiſchen Arbeiter ange⸗ hörten, ſo würde bei derartigen Vertragsabſchlüſſen, die zu einem Arbeitsvertrage zwiſchen Magiſtrat und Stadtarbeitern führen, die Mitwirkung der Stadt⸗ verordnetenverſammlung vollſtändig ausgeſchaltet werden. Die Stadtverordnetenverſammlung könnte ſchließlich nur Ja und Amen ſagen; ſie würde ſchwer⸗ lich, nachdem ſich der Magiſtrat mit dem betreffenden Verband über einen Tarifvertrag verſtändigt haben ſollte, noch verlangen, daß die dort feſtgeſetzten Löhne erhöht werden. Ja, meine Herren, wenn wir uns vergegenwärtigen, wie bei der Reviſion des Normal⸗ etats der Normallohnplan für die ſtädtiſchen Arbeiter zuſtande kommt, ſo möchte ich für meinen Teil be⸗ haupten, daß es mehr im Intereſſe der ſtädtiſchen Arbeiter liegt, wenn das Verfahren in der bisherigen Weiſe beſtehen bleibt, als wenn die rechtsgültigen Verhandlungen lediglich zwiſchen dem Magiſtrat und dem Verbande der Staats⸗ und Gemeindearbeiter ſtattfinden würden. Ich glaube, daß die Stadtver⸗ ordnetenverſammlung bei den Verhandlungen über die Reviſion des Normaletats mit viel größerem Temperament die Vorteile der ſtädtiſchen Arbeiter wahrgenommen hat, und behaupte, daß es nicht im Intereſſe der Arbeiter liegt, wenn ein außerhalb ſtehender Verband dieſe Verhandlungen in die Hand nehmen würde, wobei, wie ich ſage, die Mitwirkung der Stadtverordnetenverſammlung nahezu ausge⸗ ſchaltet werden würde. Sodann haben die Antragſteller — und das iſt der letzte Geſichtspunkt, den ich noch hervorheben wollte — darauf hingewieſen, daß die Gemeinde wirt⸗ ſchaftlich viel ſtärker ſei als der Privatunternehmer und daß deshalb auch die Arbeiter einen beſonderen Rechtsſchutz dieſer Art haben müßten. In finanzieller Beziehung iſt das ja gewiß richtig; die Gemeinde iſt natürlich finanziell viel mächtiger als irgendein Privatunternehmer. Aber es mag die Frage geſtellt werden, ob denn in materieller Beziehung die Ge⸗ meinde nun wirklich der Arbeiterſchaft gegenüber ſo kräftig iſt, wie es unter Umſtänden der Privatunter⸗ nehmer ſein kann, weil bei einem Konflikt zwiſchen den beiden Kontrahenten, nachdem eine Verſtändigung nicht herbeigeführt worden iſt, für die Oeffentlichkeit, für die Gemeinde ſelbſt viel größere Gefahren herauf⸗ beſchworen werden können, als das im Privatbetriebe Dezember 1913 125 der Fall ſein kann. Es iſt ſchon in der früheren Ver⸗ handlung ſowohl von dem Herrn Bürgermeiſter wie auch von meinem Fraktionskollegen Meyer darauf hingewieſen worden, daß ſowohl Ausſperrung wie Streik bei dieſem Arbeitsverhältnis vollkommen aus⸗ geſchloſſen ſein müſſen, weil das öffentliche Intereſſe gefährdet iſt; denn die Verſorgung mit Waſſer, mit Licht, der Kanaliſationsbetrieb und andere ſtädtiſche Einrichtungen müſſen durchaus aufrechterhalten werden und dürfen im Intereſſe der Gemeinde niemals zum Stillſtande kommen, falls eine Ver⸗ ſtändigung ſchließlich etwa nicht zuſtande kommt. Zur Vermeidung von wirtſchaftlichen Kämpfen auf dieſem Gebiete iſt ja gerade dieſes beamtenähnliche Verhältnis eingeführt, dieſer beamtenähnliche Nor⸗ mallohnplan aufgeſtellt worden, indem den ſtädtiſchen Arbeitern nicht für eine kurze Zeit von drei oder fünf Jahren durch einen Tarifvertrag ihre Exiſtenz ge⸗ ſichert iſt, ſondern ſie iſt ihnen durch den Normallohn⸗ plan auf Lebenszeit gewährleiſtet; ſie bekommen Ruhegehalt uſw., der Normallohnplan wird von Zeit zu Zeit durch die Verhandlungen der ſtädtiſchen Körperſchaften ergänzt, und es wird dafür Sorge ge⸗ tragen, daß die Arbeiter eine auskömmliche Eriſtenz haben. Auch die Rückſicht auf die Leiſtungen der Ein⸗ zelnen kommt im Lohnplan zum Ausdruck, ebenſo die Rückſicht auf das Dienſtalter. Gewiß hat der ſtädti⸗ ſche Arbeiter ebenſo wenig wie die Beamten in Bezug auf ihren Dienſtvertrag nicht die gleiche Verhand⸗ lungsfreiheit, welche die Arbeiter in Privatbetrieben und die Privatangeſtellten haben. Aber dafür haben ſie auch nicht nur auf kurze Zeit eine Exiſtenz, ſondern ſie ſind auf Lebenszeit durch den Normallohn⸗ plan ſichergeſtellt, und ihre Eriſtenz iſt gewährleiſtet. Meine Herren, ſo ſehr ich die Fortentwicklung des Arbeiterrechtes wünſche und mit den Antragſtellern darin übereinſtimme, daß Kollektivverträge im Pri⸗ vatbetriebe ſegensreich wirken —, ſo ſehr man alſo auch eine Fortentwicklung des Alrbeiterrechtes wünſchen mag, ſo zweifelhaft erſchien es der Mehrheit des Ausſchuſſes, ob es im Intereſſe der Stadtarbeiter liegt, ihr beamtenähnliches, auf Lebenszeit gedachtes Arbeitsverhältnis in den ungünſtigeren Tarifarbeits⸗ vertrag umzuwandeln, der nur drei bis fünf Jahre dauert. Die Mehrheit des Ausſchuſſes hat ſich alſo, gerade auch im Intereſſe der Arbeiter, dem Antrage nicht anſchließen können und kann dem Magiſtrat nicht empfehlen, derartige Tarifverträge mit den ſtädtiſchen Arbeitern einzugehen. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Sehr bedauerlich!) Stadtv. Gebert: Meine Herren! Ich bedaure lebhaft, daß der Ausſchuß einen derartigen Beſchluß ge⸗ faßt hat. Wenn der Berichterſtatter hier ſagt, daß Tarifverträge für Privatbetriebe wohl ſegensreich wir⸗ ken, ſo wage ich zu behaupten, daß die in Betracht kom⸗ menden Tarifverträge genau ſo ſegensreich auch für die Kommunen wirken können. Der beſte Beweis dafür iſt, daß in den letzten Jahren, 1912 und 1913, ver⸗ ſchiedene Kommunen nicht nur mit den hier genannten Verbänden Tarifabſchlüſſe getroffen haben, ſondern mit allen in Frage kommenden Organiſationen. Wenn der Berichterſtatter weiter ſagt, daß auch die geringe Zahl der Organiſierten mit ein Grund ſei, einen Tarifver⸗ trag nicht abzuſchließen, daß es den Nichtorganiſterten gegenüber — ſo muß ich das auffaſſen — eine Unge⸗ rechtigkeit ſei, wenn ein Tarifvertrag geſchloſſen wird,