Sitzung vom 3. Wenn nun weiter geſagt wird, daß Privat⸗ betriebe wohl in der Lage ſeien, Tarifverträge abzu⸗ ſchließen, daß ſie dort ſegensreich wirken könnten, — meine Herren, dann frage ich: haben wir nicht auch Privatbetriebe? Ich erinnere Sie an die Gasanſtalt: wir verkaufen Kohlen, wir geben die gewonnenen Er⸗ zeugniſſe an die Privatkundſchaft ab. Das Verhält⸗ nis iſt eigentlich genau ſo wie beim Privatmann; auch die Stadt muß kalkulieren beim Einkauf des Rohmaterials, ſie muß auch bei der Berechnung der Löhne die Kalkulation anſtellen. Alſo einen Unter⸗ ſchied zwiſchen einem Privatmann und einem Kom⸗ munalbetrieb vermag ich in keiner Weiſe zu finden. Wir ſehen denn ja auch, wie der Gemeindearbeiter⸗ verband in den letzten Jahren Tarifverträge abge⸗ ſchloſſen hat mit München, mit Rüſtringen, mit Bandt, — allerdings mit Berlin nicht. Aber das eine will ich Berlin gegenüber rühmlichſt aner⸗ kennen: Berlin ruft bei allen Fragen, ſei es bei Diffe⸗ renzen innerhalb des Betriebes oder auch bei Be⸗ ratungen über Lohn⸗ und Arbeitsbedingungen, den Staats⸗ und Gemeindearbeiterverband an, um ſich mit dieſem zu verſtändigen. Alſo da iſt gewiſſer⸗ maßen ſchon eine Art Bindemittel vorhanden, und es wird nur noch eine Frage der Zeit ſein, daß auf Grund der Verhältniſſe Tarifverträge abgeſchloſſen werden müſſen. Nun, meine Herren, wir ſind Ihnen ja eigent⸗ lich dankbar, und unſere Arbeiter müſſen Ihnen eben⸗ falls dankbar ſein, daß Sie ihnen ſagen: auf Grund eurer ſchlechten Organiſationsverhältniſſe ſchließen wir Tarifverträge nicht mit euch ab. Wäret ihr alle organiſiert, dann würden wir abſchließen müſſen. Es iſt gut, daß das ausgeſprochen wird: die Staats⸗ und Gemeindearbeiter werden daraus wohl den nötigen Schluß ziehen. Aber wie dem auch ſei⸗ die Zeit wird kommen, wo wir Tarifverträge abſchließen müſſen. Ich meine alſo, man ſoll ſich der neuen Be⸗ wegung nicht entgegenſetzen. Aber ich habe das Emp⸗ finden: weil eben der Antrag aus einer Organiſation gekommen iſt, die Ihnen und Ihren Anſchauungen vielleicht nicht angenehm iſt, ſteht man auf dem Standpunkt: keinen Abſchluß! Nun, meine Herren, die Zeit wird es lehren. Dann wird der Ab⸗ ſchluß von Tarifverträgen ohne weiteres kommen und kommen müſſen, um der Stadt die Sicherheit zu geben, daß Differenzen nicht eintreten können. Wir bitten Sie, den Antrag des Ausſchuſſes abzu⸗ lehnen und dem Magiſtrat unſeren Antrag zur An⸗ nahme zu empfehlen. Berichterſtatter Stadtv. Wöllmer (Schlußwort) Meine Herren! Nur einige Worte, ohne ausführ⸗ licher auf die Rede meines Herrn Vorredners zu replizieren. Er hat unter anderem darauf hinge⸗ wieſen, daß in verſchiedenen Städten ſchon Tarifver⸗ träge zwiſchen der Gemeinde und den Arbeitern be⸗ ſtehen. Alles dies haben wir in der Plenarſitzung vom 23. April und auch im Ausſchuß erörtert, und es iſt feſtgeſtellt worden, daß derartige Einrichtungen bis jetzt in Deutſchland nur in gan⸗ vereinzelten Fällen getroffen worden ſind. Jedenfalls fehlt es bei dieſer außerordentlich ſchwierigen ſozialpolitiſchen Frage durchaus an Erfahrungen, und die Mehrheit des Ausſchuſſes hat, wie ich nochmals betone, gerade den Geſichtspunkt des Intereſſes der Arbeiter im Auge gehabt und geglaubt, daß es nicht im Intereſſe der Arbeiter liegt, derartige kurze Verträge einzu⸗ Dezember 1913 427 gehen, ſondern einen Normallohnplan auf die Dauer bzw. auf Lebenszeit gelten zu laſſen. Ich empfehle Ihnen alſo, der Anſchauung der Mehrheit des Aus⸗ ſchuſſes beizutreten und den Antrag abzulehnen. (Die Verſammlung beſchließt hierauf die Ab⸗ lehnung des Antrages.) Vorſteher Dr. Frentzel: Punkt 13: Vorlage betr. Neubau der Sophie⸗ Charlottenſchule nebſt Frauenſchule. Stadtv. Bollmann: Meine Herren! Der Er⸗ läuterungsbericht zu der Vorlage behandelt beſonders die Dien ſt wohnung des Direktors, und es iſt darin ein Paſſus enthalten, der lautet: Bei der Direktorwohnung ſind von einzelnen Seiten Bedenken gegen die Größe der⸗ ſelben erhoben worden. Wie mir mitgeteilt iſt, ſtammen dieſe Bedenken aus der Hochbaudeputation. Dieſe Be⸗ denken teilt auch die gro ße Mehrheit meiner Freunde. Wir ſind der Anſicht, daß das, was die Hochbaudeputation urſprünglich in bezug auf die Größe der Wohnung vorgeſchlagen hat, voll ſt än⸗ dig ausreichend erſcheint. Durch ihre Ab⸗ ſtriche, durch die Verminderung um ein Zimmer würde die Wohnung immer noch 221 am groß ſein⸗ alſo immer noch größer ſein als die Direktorwohnung in der Realſchule Guerickeſtraße, im Schiller⸗Real⸗ gymnaſium, im Lyzeum 11I1 in der Danckelmann⸗ ſtraße, im Lyzeum 1 in der Nürnberger Straße und im Lyzeum IV in der Sybelſtraße. Es kommt hin⸗ zu, daß eine außerordentlich große Diele vorhanden iſt, außerdem noch zwei Manſardenzimmer und viel Zubehör. Unſerer Anſicht nach iſt das eine recht gute und völlig genügende Wohnung; ich glaube faum, daß unſer Herr Oberbürgermeiſter eine beſſere Wohnung gefunden hat. Meine Herren, die Ausſtattung dieſer großen Wohnung erfordert meines Erachtens ca. 45 bis 50 000 ℳ. Wir halten es für unbedingt nötig, die Vorlage an einen Ausſchuß zu bringen, den ich in einer Stärke von 11 Mitgliedern beantrage. Stadtv. Panſchow: Meine Herren! Der Herr Vorredner hat Ausſchußberatung beantragt, und zwar in erſter Linie wohl deshalb, weil die Bedenken, die ſeinerzeit in der Hochbaudeputation geltend gemacht wurden, bei dem uns vorliegenden Entwurf nicht be⸗ rückſichtigt worden ſind. Ich bin überzeugt, wenn der Magiſtrat dieſe Bedenken bei der Vorlage berück⸗ ſichtigt und die Direktorwohnung auf ein ange⸗ meſſenes Maß zurückgeſchraubt hätte, wenn man ferner diejenigen Aenderungen am Grundriß vorge⸗ nommen hätte, die ſchon in der Hochbaudeputation vorgeſchlagen worden ſind, dann würde die Sache hier glatt angenommen worden ſein, und es wäre nicht notwendig geweſen, hierüber noch einmal einen Ausſchuß in verſchiedenen Sitzungen zu hören. Nach⸗ dem das aber nicht geſchehen iſt, bitte ich nunmehr, den Antrag des Herrn Vorredners anzunehmen und den Ausſchuß einzuſetzen. Ich bin überzeugt, daß die von dem Vorredner vorgebrachten Bedenken im Ausſchuß zweifellos Berückſichtigung finden werden. Wir kommen zu