Sitzung vom 3. Dezember 1913 Stadtv. Jolenberg: Wenn ich auch dem künſt⸗ leriſchen Erfolg des Deutſchen Opernhauſes den gleichen Beifall zollen möchte, wie der Herr Vor⸗ redner es getan hat, ſo kann ich mich mit dem finan⸗ ziellen Ergebnis nicht in gleichem Maße einverſtanden erklären; ich finde, daß das finanzielle Ergebnis im erſten Jahr mancherlei zu wünſchen übrig läßt. Meine Herren, das Pachtjahr läuft vom 1. Sep⸗ tember 1912 bis 31. Auguſt 1913. Die Geſellſchaft hat laut Vertrag an jährlicher Pacht 252 000 % zu zahlen. Da die Eröffnung nicht am 1. September ſtattfinden konnte, ſondern erſt Anfang November erfolgte, alſo zwei ſehr wichtige Spielmonate — das muß ich ohne weiteres zugeben —, der September und Oktober, ausfielen, ſo wurde der Geſellſchaft die Freiſtellung von der Pacht laut Vertrag zugebilligt, und die Opernbetriebs⸗Geſellſchaft hat ſtatt deſſen nur den Gewinn des erſten Pachtjahres, nicht Ge⸗ ſchäftsjahres, wie ich hier ſehe, an die Stadtgemeinde abzuführen. Es handelt ſich vom 1. November bis zum 31. Auguſt immerhin um zehn Monate. Wenn ich annehmen darf, daß die Pacht, die monatlich 21 000 %ℳ beträgt, erwa den Aufwendungen an Zinſen und Amortiſationen, die die Stadt für die Anleihe zu machen hat, gleichkommt, ſo bedeutet das für die Stadt einen Betrag von zehnmal 21 000 ℳ das ſind 210 000 ℳ. Statt dieſer 210 000 ℳ, die die Stadt tatſächlich auszugeben hatte, werden 13 000 ℳ oder vielleicht 13 000 plus 5000 ℳ, das ſind 18 000 ℳ, eingehen. Es bedeutet das alſo für die Stadtgemeinde einen Ausfall von 197 000 ℳ. (Widerſpruch des Stadtv. Jaſtrow.) — Der Ausfall, Herr Kollege Jaſtrow, iſt effektiv da; denn Zinſen und Amortiſationen ſind bezahlt worden. Nun hat ſich die Stadtgemeinde bei der Auf⸗ ſtellung des Etats für 1913 geſagt, daß dieſer Betrag wohl nicht voll eingehen wird. Man hat ſtatt der monatlichen Pacht von 21 000 ℳ nur 53 000 ℳ im ganzen eingeſtellt. Man hat alſo von vornherein für zehn Monate mit einem Verluſt von 157 000 % ge⸗ rechnet. Dieſe 53 000 ℳ ſind aber auch nicht einmal eingegangen, ſondern der von der Geſellſchaft errech⸗ nete und abzuführende Gewinn beträgt, wie ich vor⸗ hin ſchon erwähnt habe und wie Sie aus der Vorlage erſehen, 18 000 ℳ reſpektive 13 000 ℳ. 53 000 % gegen 13 000 ℳ — denn mit den 5000 ℳ Grati⸗ fikation für Herrn Direktor Hartmann iſt ja zu rechnen — ergibt, daß die Abrechnung etatsmäßig mit einem Verluſt von 40 000 ℳ abſchließt. Das ſind erhebliche Summen. Wir haben, wie ich Ihnen ſchon ſagte, auf 157 000 ℳ von vornherein verzichtet und nunmehr kommen noch die 40 000 ℳ etatsmäßi⸗ ger Verluſt hinzu, ſo daß man wieder auf die Summe von 197 000 ℳ kommt. Nun iſt ein Lichtblick in dieſer Angelegenheit: denn es iſt feſtgeſtellt, daß die Geſellſchaft im neuen Pachtjahr ihre monatliche Pacht in voller Höhe be⸗ zahlt hat, und ich habe ſogar die freudige Mitteilung erhalten, daß bereits die Pacht für Dezember, die noch gar nicht fällig iſt, bezahlt worden iſt. Dieſe Mit⸗ teilung habe ich von autoritativer Stelle. Daraus kann man nun folgern, meine Herren, daß das Ge⸗ ſchäft ganz gut geht und auch weiter gut gehen wird, — man kann es folgern, man kann es allerdings nicht wiſſen. Aber wir freuen uns, daß dieſer Zuſtand * 431 nunmehr eingereten iſt und die Geſellſchaft die volle Pacht an die Stadtgemeinde abführen kann. Trotzdem, meine Herren, möchte ich Sie bitten, meinem Antrag auf Ausſchußberatung zuzuſtimmen; ich glaube, daß es nötig ſein wird, einige Poſten der Bilanz näher zu erklären. Es iſt ja hier nicht der Ort, auf die Einzelheiten einzugehen, und deshalb wäre es vielleicht ganz gut, wenn auch der Stadtver⸗ ordnetenverſammlung, nicht nur dem Magiſtrat, über die Bilanz Auskunft gegeben würde. Es iſt das der einzige Grund, weshalb ich eine Ausſchußberatung, gleichzeitig im Namen meiner Freunde, beantrage⸗ Was die Gratifikation an Herrn Direktor Hart⸗ mann anlangt, ſo glaube ich erklären zu dürfen, daß meine Freunde mit ihr einverſtanden ſind. — Ich bitte alſo, nach meinem Antrage zu beſchließen. Stadtv. Dr Stadthagen: Meine Herren! Ich möchte es doch vermeiden, in der Oeffentlichkeit eine falſche Anſchauung von der Lage des Deutſchen Opernhauſes aufkommen zu laſſen. Schon die Ver⸗ öffentlichung über die Bilanz „die durch die Zeitungen gegangen iſt, hat in ſehr vielen Kreiſen ein ſehr falſches Bild hervorgerufen. Ich muß ſagen, ich hätte ge⸗ wünſcht, daß in dieſem Falle auch wieder unſer Preſſebureau ſchneller in Tätigkeit getreten wäre und ſofort allen Zeitungen die nötigen Erläuterungen, die die Bilanz erſt im richtigen Lichte erſcheinen laſſen, gegeben hätte. Das große Publikum wird ſich ebenſo wie Herr Kollege Jolenberg ſo auasi auf den Standpunkt ſtellen: alſo ihr habt noch nicht einmal die 50 000 , die ihr in den Etat eingeſtellt hattet, bekommen, ſon⸗ dern nur 13 000 ℳ herausgewirtſchaftet. Ich be⸗ daure außerordentlich, daß dieſer Eindruck in der Oeffentlichkeit erweckt wird, und möchte ausdrücklich betonen, daß es bei einer eingehenden Prüfung der Sachlage gar keinem Zweifel unterliegt, daß das Unternehmen bereits im erſten Jahre ganz außer⸗ ordentlich gut abgeſchnitten hat. (Sehr richtig!) Wenn wir die Anfangsmonate, in denen nicht ge⸗ ſpielt werden konnte, abrechnen, kommen wir zu einem glänzenden Reſultat. Bedenken Sie, daß das Theater 68 Tage, vom 1. September bis zum 8. November, nicht hat ſpielen können. Nehmen Sie als Tages⸗ einnahme einen Durchſchnitt von 6000 ℳ an, der nicht ſehr hoch gegriffen iſt — es ſind teilweiſe viel höhere Einnahmen vorhanden —, dann kommen wir auf einen Betrag von 408 000 ℳ. Rechnen Sie ſo, dann kommen Sie zu einem Ueberſchuß von rund 430 000 ℳ, von dem allerdings noch die Mehraus⸗ gaben für die 68 Tage, wenn geſpielt wäre, abzuziehen ind. Meine Herren, Sie müſſen weiter bedenken, daß in dieſem erſten Jahr nicht nur die beiden Ferien⸗ monate des jetzigen Jahres, wie das künftig immer der Fall ſein wird, ausgefallen ſind, ſondern auch die ganzen vorbereitenden Monate, alſo zum Teil die Monate Juli, Auguſt, September, Oktober des Jahres 1912 hierbei in Abzug zu bringen ſind. Denn wenn das Theater auch erſt am 8. November eröffnet wurde, ſo mußte ſelbſtwerſtändlich dafür geſorgt werden, daß die Kräfte nicht nur vorhanden waren, ſondern daß ſie ſich auch einübten. Ein Orcheſter, ein Chor iſt nicht ohne weiteres aus dem Boden zu