444 einen genau ſpezialiſierten Berechnungsanſchlag mit Rückſicht auf die Einwendungen des Herrn Wenzke vorlegen, ſo daß wir ſchon im Januar Gelegenheit haben, dieſen Koſtenanſchlag noch einmal in einem Ausſchuß zu prüfen. Ich ſtelle hiermit formell dieſen Antrag. Vorſteher Dr. Frentzel: Darf ich bitten, mir den Antrag einzureichen, Herr Kollege Otto! Das dürfte zweckmäßig ſein. Stadtv. Granitza: Meine ſehr verehrten Herren! Seit Jahren wird darüber geklagt, daß Charlotten⸗ burg zu teuer baut, und dieſer Tatſache kann man ſich nicht verſchließen, wenn man die einzelnen Rech⸗ nungen prüft. Man muß den Dingen gründlich nach⸗ gehen, woher das kommt. Ich habe nicht die Hoff⸗ nung, daß wir bei dieſem Bau 100 000 ℳ ſparen werden, denn die Art, wie in Charlottenburg gebaut wird, ſchließt Sparſamkeit aus. Wie wird denn in Charlottenburg gebaut? In Charlottenburg arbeiten die Baubeamten des Magi⸗ ſtrats ein einziges Projekt aus, machen den Koſten⸗ anſchlag und legen dieſes eine Projekt vor. Man iſt gar nicht in oer Lage, zu prüfen, wie auch andere Bau⸗ techniker ſich verhalten würden bei Löſung der der Stadt obliegenden Bauprobleme. Der Fehler, der hier gemacht wird, liegt im Syſtem, und wir werden es auch bei jedem Bau der Zukunft erleben. Daher würde ich mir erlauben, den Vorſchlag zu machen, daß bei den Kommunalbauten auf Grund eines ausgearbeite⸗ ten Bauprogramms eine öffentliche Ausſchreibung er⸗ folgt. Meine Herren, wenn das Bauprogramm ge⸗ wiſſenhaft durchgearbeitet und aufgeſtellt iſt, dann kann man auf Grund der vorliegenden ſtatiſtiſchen Koſtennachweiſe ſagen: ſo und ſo viel koſtet der Bau —, und Sie können überzeugt ſein: wir werden nicht ein einziges Projekt zu kritiſieren haben mit ſeinen mehr oder minder großen Vollkommenheiten oder Unvollkommenheiten, ſondern wir werden viel⸗ leicht 50, 60 Projekte zu prüfen haben. Nun, wir können natürlich nicht 50, 60 Projekte in der Stadt⸗ verordnetenverſammlung prüfen. Das müßte in einem Ausſchuſſe geſchehen, es müßte von den Bau⸗ beamten des Magiſtrats geſchehen, und dieſe müßten die hervorragendſten Projekte ausſuchen und ſie zur Genehmigung vorlegen. Seien Sie überzeugt, meine Herren, dann werden Sie 100 000 ℳ. ſparen. Die Idee eines einzelnen muß hier leider maßgebend ſein, weil uns nur ein einziges Projekt vorgelegt wird. Sonſt würden wir in der angenehmen Lage ſein, Ver⸗ gleiche zu ziehen, was wir aber jetzt nicht können. Auch ein anderer Fehler liegt noch in dem Syſtem. Der Inhaber der erſten Stelle in unſerer Hochbauverwaltung hat einen Anſtellungsvertrag, der ihm geſtattet, Nebenarbeiten auszuführen. Dar⸗ unter müſſen die Bauten der Stadt naturgemäß leiden, (Unruhe und Glocke des Vorſtehers) weil dieſer Herr dann nicht die Zeit hat, unmöglich die Zeit haben kann, ſich ſo um die ſtädtiſchen Bauten zu kümmern, daß die größtmögliche Sparſamkeit zur Geltung kommt. (Glocke des Vorſtehers.) Vorſteher Dr. Frentzel (unterbrechend): Herr Kollege Granitza! Sie ſchweifen nach meiner Mei⸗ Sitzung vom 17. Dezember 1913 nung hier in einer nicht richtigen Weiſe auf das per⸗ ſönliche Gebiet ab. Im übrigen darf ich Sie darauf aufmerkſam machen, daß Ihre Vorausſetzungen nicht zutreffen. Stadtv. Granitza: Es wurde vorhin vom Ma⸗ giſtratsvertreter hervorgehoben, aus welchen Gründen die Ueberſchreitung bei den Bauten in Charlotten⸗ burg kommt, und er hat angeführt, daß die Löhne daran ſchuld ſeien. Meine Herren, die Löhne ſind nicht daran ſchuld, ſondern das Syſtem iſt daran ſchuld, und ich kann das nicht anders erläutern, als wenn ich auf das Syſtem eingehe. Ich mußte alſo, wenn der Magiſtratsvertreter die Gründe anführt, meine Gründe vortragen. Ich glaube auch, daß das mein Recht iſt. (Glocke des Vorſtehers.) Vorſteher Dr. Frentzel: Ich darf Sie darauf auf⸗ merkſam machen, daß ſämtliche perſönlichen An⸗ gelegenheiten der Magiſtratsmitglieder nach unſerer Geſchäftsordnung in den geheimen Sitzungen zu be⸗ ſprechen ſind. Stadtv. Granitza (fortfahrend): Ich meine alſo: wenn man mehrere Projekte hat, wenn ſich die freie Künſtlerſchaft dabei betätigen kann, ihre Ideen ein⸗ reichen kann, und wenn man dann den Auftrag gibt, ſie für eine beſtimmte Koſtenſumme auszuführen, ſo würde die Stadt unendlich viel Geld ſparen. Ich werde mir vorbehalten, dieſe Ausführungen gelegent⸗ lich in einer geheimen Sitzung näher zu erläutern. Ich komme jetzt zu der Wohnung des Herrn Di⸗ rektors in der hier projektierten Schule. Der Aus⸗ ſchuß war, von einer ganz geringen Minderheit ab⸗ geſehen, durchaus damit einverſtanden, daß das ſechſte Zimmer zu ſtreichen ſei. Jedenfalls haben verſchiedene Stadtverordnete dieſe Wohnung ange⸗ ſehen, ich perſönlich auch. Ich wünſchte, daß alle unſere höheren Beamten eine derartige Wohnung zu ihrer Verfügung hätten. Es wird hier immer davon geſprochen, die Wohnung habe 6 Zimmer. Nein, meine Herren, die Wohnung hat 10 Zimmer, min⸗ deſtens aber 9, und dieſe 9 Zimmer liegen im Zu⸗ ſammenhange, nur daß ſie nicht in einem Geſchoſſe liegen. Dann wird hier von Manſardenzimmern ge⸗ ſprochen. Ich bitte Sie, ſich einmal dieſe Manſarden⸗ zimmer anzuſehen: ſie haben abſolut ſenkrechte Wände es iſt nichts von Manſarde darin zu bemerken, ſon⸗ dern es ſind ganz reſpektable Wohnzimmer. Dieſe Zimmer hängen unmittelbar mit dem darunter lie⸗ genden Geſchoß durch eine Treppe zuſammen. Es hindert ja den Herrn Direktor gar nichts, ſeine ge⸗ ſamten Schlafzimmer nach oben zu legen; denn er hat außer den vier Zimmern, die im Dachaeſchoß liegen, noch eine Mädchenkammer zur Verfügung. Alſo Raum iſt in Hülle und Fülle da. Nun wird ausgeführt: wir wollen das ſechſte Zimmer nur vorübergehend dem Direktor zur Ver⸗ fügung ſtellen. Glauben Sie denn wirklich ernſtlich daran, daß, wenn nachher einmal Not an Mann iſt, dieſes Zimmer geräumt werden würde? Was man hat, behält man. Nie wieder würde dieſes Zimmer von der Wohnung des Direktors getrennt werden! Es iſt lediglich ein Manöver, das hierbei ausgeführt wird, um die Durchſetzung des Magiſtratsvorſchlags zu ermöglichen. 2