Sitzung vom 17. mit einem gewiſſen Recht — von der Aufſichtsbehörde verneint werden kann. Jedenfalls waren die Um⸗ ſtände noch günſtiger, ehe die direkte Bahnver⸗ bindung geſchaffen war. Ich mache darauf auf⸗ merkſam, daß ſeit 1. Juli d. I. dieſe verhältnismäßig gute Bahnverbindung nach Stahnsdorf exiſtiert und daß ſich die Vorzüge des Kommunalfriedhofs bis zu einem gewiſſen Grade auch auf den Stahnsdorfer Friedhof übertragen laſſen. In Stahnsdorf gibt es beiſpielsweiſe kein Klaſſenweſen; auf allen anderen Friedhöfen dagegen Beerdigungen erſter, zweiter und dritter Klaſſe; in Stahnsdorf nur eine Klaſſe. Ein weiterer Vorzug von Stahnsdorf iſt außerdem — meine Herren, ich will abſolut keine Lobrede für Stahnsdorf halten, (Zuruf: Das hört ſich aber ſo an!) daß die Gräber nicht eng zuſammengepfercht liegen und die Wege jetzt breit und ſchön angelegt ſind. In den beteiligten Kirchenvertretungen hat man ſich tatſächlich im weſentlichen mit der Stahns⸗ dorfer Friedhofanlage ausgeſöhnt. Jedenfalls können die weiteren Verhandlungen des Magiſtrats, infolge der jetzt im allgemeinen günſtigeren Beurteilung der dortigen Verhältniſſe, an maßgebender Stelle noch mehr erſchwert werden. Die Gebühren in Stahns⸗ dorf ſind auch erheblich geringer als auf den hieſigen Friedhöfen; auch werden keine Unterſchiede in bezug auf die Konfeſſion gemacht. Beiſpielsweiſe koſtet eine Wahlſtelle in Stahnsdorf einſchließlich Transport und ſämtlicher Gebühren 60 ℳ; eine ſo⸗ genannte Reihengrabſtelle ſogar nur 20 ℳ. für Er⸗ wachſene; Kindergrabſtellen ſind entſprechend billiger. Meine Herren, das ſind gegen früher weſentlich niedrigere Gebühren. Ich meine, das alles wird dem Magiſtrat jedenfalls, und ich glaube auch, mit einem gewiſſen Recht, entgegengehalten werden, und es wird ernſtlich zu prüfen ſein, ob wir unter dieſen Um⸗ ſtänden auch mit Rückſicht auf die Leichenverbrennung und unſere Finanzen noch daran denken können, ein vielleicht ſehr koſtſpieliges Terrain zu kaufen; dies um ſo mehr, als, wie ich ſchon ſagte, Stahnsdorf auch bis zu einem gewiſſen Grade ein interkonfeſſtoneller Friedhof iſt. Trotzdem möchte ich den Magiſtrat bitten, nach wie vor in der Sache bemüht zu bleiben. Allerdings muß ich wiederholen, daß ihm dies an maßgebender Stelle nicht leicht gemacht werden dürfte. Stadtrat Dr. Gottſtein: Meine Herren! Der Magiſtrat betrachtet die Frage der Errichtung eines Gemeindefriedhofs durch die Zulaſſung der Feuer⸗ beſtattung nicht als erledigt (Bravo!) und wird in eine erneute Prüfung der Angelegenheit dann eintreten, wenn die Vorbedingungen, um die es ſich handelt, erfüllt ſein werden. Stadtv. Dr. Borchardt: Meine Herren! Ich bin im äußerſten Maße erſtaunt, daß der Kollege Boll⸗ mann jetzt plötzlich der Regierung das Zugeſtändnis macht, daß ſie „mit einer gewiſſen Berechtigung“ die Bedürfnisfrage nach einem kommunalen Friedhofe für Charlottenburg verneine. (Sehr richtig!) Dezember 1913 461 Ausdrücklich hat der Kollege Bollmann den Ausdruck ſo gebraucht: mit einer gewiſſen Berechtigung, und er hat ſich dann in längeren Ausführungen ergangen des Inhalts, daß der Stahnsdorfer Friedhof in ge⸗ wiſſer Weiſe eben an die Stelle eines Gemeindefried⸗ hofs treten kann. Ich ſollte doch meinen, wir haben nicht den mindeſten Anlaß, deswegen, weil ſich die Regierung hartnäckig auf dieſen Standpunkt ſtellt, nun ſchließlich zu ſagen: „Na, jetzt ſehen wir doch ein, daß die Regierung klüger geweſen iſt als wir, daß wir doch eigentlich Unrecht gehabt haben, einen Gemeindefriedhof zu verlangen, wo wir den Stahns⸗ dorfer Friedhof ſo nett und ſchön als Gemeindefried⸗ hof benutzen können!“ Es bleibt doch vor allen Dingen beſtehen, daß der Stahnsdorfer Friedhof ein kirchlicher Friedhof iſt und daß die Art des Gemeinde⸗ friedhofs, die der Kollege Bollmann darin erblicken will, doch nur darin beſteht, daß Gemeindeleichen dort geduldet werden. Außerdem bleibt beſtehen, daß der Stahnsdorfer Friedhof, ganz gleichgültig, ob als Gemeindefriedhof oder als kirchlicher Friedhof, über⸗ haupt nicht für Charlottenburg geeignet iſt. Denn ob nun die Stellen dort etwas mehr oder etwas weniger koſten, ſo bleibt die große Entfernung beſtehen und die pure Unmöglichkeit einer pietätvollen Gräberpflege bei einem Friedhof, der in ſolcher Ent⸗ fernung liegt. Aber davon ganz abgeſehen kann durch die Ausführungen des Herrn Stadtverordneten Bollman doch gar nichts davon abgenommen werden, daß der Stahnsdorfer Friedhof ein kirchlicher iſt. Wir aber wollen und brauchen einen Gemeinde⸗ friedhof. Stadtv. Otto: Meine Herren! Auch mich haben die Ausführungen des Kollegen Bollmann auf den Plan gerufen. Er hat zwar gemeint, er wolle keine Lobrede auf den Stahnsdorfer Friedhof halten; aber ich glaube den Eindruck, den ſeine Rede auf die Ver⸗ ſammlung gemacht hat, richtig wiederzugeben, wenn ich ſage, es iſt doch, halbwegs wenigſtens, eine Lobrede geworden, und darum ſehe ich mich veranlaßt, hier ausdrücklich zu erklären, daß, wie ſeinerzeit einer unſerer Fraktionsgenoſſen zuerſt den Antrag in der Stadtverordnetenverſammlung ſtellte, einen Ge⸗ meindefriedhof zu errichten, die liberale Fraktion heute noch dieſer Forderung einmütig zuſtimmt (Sehr richtig!) und davon auch nicht ablaſſen wird. Eine Bitte möchte ich ferner an den Kollegen Wilk richten, wenn er meint, einige Grundſtücke zu wiſſen, die ſich eignen. Ich glaube, der Magiſtrat wird ſehr dankbar ſein, wenn er in diskreter Form ihm von dieſer ſeiner Wiſſenſchaft Kenntnis gibt. Denn das iſt der Punkt, über den wir bisher noch nicht hinweggekommen ſind. (Sehr richtig!) Stadtv. Bollmann: Meine Herren! Ich habe abſolut nicht die Abſicht gehabt, gegen den pro⸗ jektierten Kommunalfriedhof zu ſprechen, und wenn das ſo aufgefaßt iſt, ſo bedaure ich das außer⸗ ordentlich; ich bin es ja gerade geweſen, der immer energiſch dafür eingetreten iſt. Ich glaubte aber, den Magiſtrat auf die veränderte Situation, die ihm vielleicht nicht ſo genau bekannt geweſen ſein dürfte, hinweiſen zu ſollen; das war der Hauptzweck meiner