Sitzung vom 21. Januar 1914 Antrag inſofern etwas mißverſtanden, als er ge⸗ meint hat, dieſe Neueinteilung ſollte in allernächſter Zeit vor ſich gehen. Ich habe es ſo aufgefaßt, daß die Neueinteilung nur für die im Jahre 1915 bevor⸗ ae Ergänzungswahlen ihre Wirkung äußern olle. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Es wird alſo dann den Wünſchen, die der Magiſtrat berechtigterweiſe hat, Rechnung getragen werden können. — Ich erkläre alſo nochmals im Namen meiner Freunde, daß wir dem Antrag zuſtimmen. Stadtv. Hirſch: Meine Herren! Die Annahme des Antrages iſt nach den Ausführungen des Herrn Kollegen Otto geſichert. Ich hätte deshalb auf das Wort verzichten können, wenn ich nicht Gewicht dar⸗ auf legte, auch meinerſeits zu erklären, daß der An⸗ trag nicht ganz ſo aufzufaſſen iſt, wie ihn Herr Stadt⸗ rat Seydel aufgefaßt zu haben ſcheint. Wir ſind von der Vorausſetzung ausgegangen, daß die Einteilung der Wahlbezirke ſo zeitig erfolgen ſoll, daß ſie ihre Wirkung bei den nächſten Ergänzungswahlen im Jahre 1915 ausübt, und wir haben ja auch in dem Antrag ausdrücklich geſagt: bis zu den nächſten Stadtverordnetenergänzungswahlen. Das ſind eben die Wahlen, die im Jahre 1915 ſtattfinden. Wir haben nur geglaubt, daß es richtig iſt, den Antrag jetzt unmittelbar nach den Wahlen zu ſtellen, weil ſich einmal bei den letzten Wahlen die Ungerechtigkeit der heutigen Bezirkseinteilung ſehr deutlich gezeigt hat und weil wir zweitens dem Magiſtrat Zeit laſſen wollen, die Vorarbeiten in Ruhe zu erledigen. Stadtrat Seydel: Ich möchte nur ganz kurz er⸗ klären, daß die Stadtbezirksgrenzen bei der Ein⸗ teilung bisher möglich ſt berückſichtigt worden ſind. Sollte etwa die Gerechtigkeit der Ab⸗ grenzung unter dieſem formalen Grunde leiden, ſo muß dieſer natürlich hinter den materiellen zu⸗ T ck 11 e ten. Stadtv. Gebert (Schlußwort): Meine Herren! Ich will Herrn Kollegen Otto ohne weiteres zu⸗ geben, daß eine gleichmäßige geometriſche Feſtlegung der Wahlbezirke oftmals mit einer gerechten Vertei⸗ lung der Kopfzahl kollidieren muß. Ich bin deshalb auch der Meinung des Genoſſen (Heiterkeit) des Herrn Kollegen Otto — ſie können es aber noch werden, Herr Kollege —, (Stadtv. Otto: Ich glaube kaum!) daß der Kopfzahl dann der Vorzug zu geben iſt. Herrn Stadtrat Seydel gegenüber möchte ich be⸗ tonen, daß wir den Antrag als verfrüht nicht be⸗ zeichnen können, ſondern wir haben es für ſehr not⸗ wendig gehalten, ihn jetzt einzubringen. Denn wenn uns erſt die Wahlen ſozuſagen auf den Pelz rücken, dann würden wir vielleicht vom Magiſtrat die Ant⸗ wort bekommen: ja, jetzt haben wir keine Zeit, uns mit der Sache zu beſchäftigen. Herr Stadtrat Sendel wird auch zugeben, daß Vorſicht die Mutter der Por⸗ zellankiſte iſt. 15 (Der Antrag der Stadtv. Ahrens und Gen. betr. Stadtverordnetenwahlbezirke wird angenommen.) Vorſteher Dr. Frentzel: Punkt 17 der Tages⸗ ordnung: Antrag der Stadtv. Ahrens und Gen. betr. Stadt⸗ verordnetenwahlen. — Druckſache 17. Der Antrag lautet: Die Stadtverordnetenverſammlung be⸗ ſchließt, in Gemeinſchaft mit dem Magiſtrat bei beiden Häuſern des Landtages um Ein⸗ führung der geheimen Stimmabgabe bei den Stadtverordnetenwahlen und um Beſeitigung des Hausbeſitzerprivilegs zu petitionieren. Antragſteller Stadtv. Dr. Borchardt: Meine Herren! Ueber die Ueberlebtheit des Hausbeſitzer⸗ privilegs läßt ſich wohl kaum noch etwas Neues ſagen, und ich kann vielleicht auch annehmen, daß Sie in dieſem Hauſe, wenn nicht ganz, ſo doch faſt einſtimmig von der Ueberlebtheit und Schädlichkeit dieſes Hausbeſitzerprivilegs überzeugt ſind. (Oho! bei der Vereinigten alten Fraktion.) — Ich ſagte: fa ſt einſtimmig; es war alſo doch vorſichtig, daß ich das hervorhob. — Als uns vor einigen Jahren ein entſprechender Antrag beſchäf⸗ tigte, wurde allerdings nicht nur von derjenigen Seite, von der jetzt das Oho erſcholl, ſondern auch aus der Mitte der liberalen Gruppe heraus ein Widerſpruch inſofern laut, als man dort nicht von einer Abſchaffung, ſondern von einer Modifikation, von einer Abänderung des Hausbeſitzerprivilegs ſprechen wollte. Allerdings wurde damals nicht näher erklärt, in welcher Weiſe man ſich die Abände⸗ rung dachte, ob ſtatt der Hälfte vielleicht nur ein Drittel oder ein Viertel der Stadtverordneten die Hausbeſitzereigenſchaft haben oder ob der Hausbe⸗ ſitzerparagraph der Städteordnung eine andere Faſ⸗ ſung bekommen ſollte, die zwar an der Hälfte der Hausbeſitzer nicht rüttelt, aber doch die, ſagen wir einmal, oft geſuchte künſtliche Auslegung des Ober⸗ verwaltungsgerichts über die weſentlichen Erforder⸗ niſſe einer Hausbeſitzereigenſchaft unmöglich machen ſollte. Ich laſſe das dahin geſtellt. Ich kann viel⸗ leicht annehmen, daß auch diejenigen Mitglieder der liberalen Fraktion, die damals nur von einer Al⸗ änderung des Privilegs etwas wiſſen wollten, in⸗ zwiſchen zu der Ueberzeugung gekommen ſind, daß es ſich bei derartig alten und überlebten Einrich⸗ tungen nicht mehr um ein Herumdoktern handeln kann, ſondern daß ſolche alten Zöpfe radikal abge⸗ ſchnitten werden müſſen. Ich würde mich freuen, wenn ſpeziell Herr Kollege Otto ein vollkommen frei⸗ mütiges Bekenntnis in dieſer Richtung für die libe⸗ rale Fraktion ablegen würde, ohne Rückſicht darauf, daß vielleicht in der liberalen Fraktion eine Gruppe von Mitgliedern vorhanden iſt, die aus ihrer Eigen⸗ ſchaft als Hausbeſitzer heraus doch der Meinung iſt, daß ſie in der Tat wegen dieſer Eigenſchaft beſon⸗ ders berückſichtigt werden müſſen und für die Vertre⸗ tung öffentlicher Intereſſen vornehmlich geeignet ſind.