22 auf einen einzigen Punkt unterſchreiben. Ich möchte im voraus Herrn Kollegen Otto bitten, es mir nicht übel zu nehmen, wenn ich auch am Schluß meiner Ausführungen mein Bravo aufrechterhalte; denn ich freue mich darüber, daß er heute endlich zu der Ein⸗ ſicht gekommen iſt, daß der Standpunkt, den er vor 10 Jahren eingenommen hat, ein durchaus verkehrter war. Ganz ähnliche Zahlen wie heute hätte er auch vor 10 Jahren bereits anführen können, und wenn ich nicht irre, ſind die entſprechenden Zahlen in dem Ausſchuß, dem unſer damaliger Antrag überwieſen wurde, auch gegeben worden. (Zuruf: Beſitzwechſel!) — Nicht nur über den Beſitzwechſel, ſondern auch darüber, eine wie große Zahl von Charlottenburger Einwohnern überhaupt auf Grund der Städteordnung das paſſive Wahlrecht beſitzt, und das iſt der ſpringende Punkt. Für mich iſt nicht maßgebend, daß die Zahl der Häuſer, die in den Beſitz von nicht⸗ phyſiſchen Perſonen übergegangen iſt, ſich prozentual vergrößert hat, ſondern für mich iſt maßgebend, wie⸗ viel Perſonen es überhaupt in Charlottenburg gibt, die im Sinne der Städteordnung Hausbeſitzer ſind. Wenn Herr Kollege Otto angeführt hat, es ſeien 3735, ſo hat er ja ſchon ſelbſt zugegeben, daß davon noch eine große Anzahl von Perſonen abgeht, die überhaupt nicht wählbar ſind. Ich glaube, meine Herren, man kann da vielleicht 50 abrechnen; denn wir wiſſen nicht, wieviel Perſonen darunter ſind, die nicht die preußiſche Staatsangehörigkeit beſitzen, wiſſen auch nicht, wieviel Perſonen darunter ſind, die vielleicht den Nießbrauch abzutreten haben oder die ihr Haus in Gemeinſchaft mit anderen Perſonen, mit einem Bruder oder einem anderen Verwandten zuſammen, beſitzen. Das können wir eben nicht feſt⸗ ſtellen. Nehmen wir aber ſelbſt an, es blieben 3000 Perſonen überhaupt, ſo iſt das ein zwingender Beweis dafür, wie ungerechtfertigt das Hausbeſitzerprivileg iſt. Ich unterſcheide mich von Herrn Kollegen Otto darin, daß für uns die Frage der Beſeitigung des Hausbeſitzerprivilegs eine genau ſo grundſätzliche Frage iſt wie die der Einführung der geheimen Stimmabgabe. Wir haben uns in dieſem Jahre lediglich auf die beiden Forderungen beſchränkt, die in unſerm Antrage enthalten ſind; aber ich glaube, ich brauche nicht erſt die beſondere Verſicherung ab⸗ zugeben, daß wir ſelbſtverſtändlich nach wie vor an der Forderung der Einführung des all⸗ gemeinen, gleichen, direkten und ge⸗ heimen Wahlrechts auch für die Ge⸗ meindevertreterwahlen feſt halten. Wenn wir uns trotzdem eine gewiſſe Beſchränkung auſerlegt haben, ſo, meine Herren, aus dem Grunde, weil wir uns ſagen: wir wollen etwas Poſitives ſchaffen, wir wollen möglichſt ein einmütiges Votum der Stadtverordnetenverſammlung erzielen; ferner, meine Herren, auch aus dem Grunde, weil wir die Befürchtung hatten, daß, wenn wir wieder einen weitergehenden Antrag ſtellen würden, der Antrag einer Kommiſſion überwieſen würde, und daß, bevor ſich die Kommiſſion darüber ſchlüſſig machen würde, ob wir uns mit einer Petition an den Landtag wenden ſollen, die Seſſion bereits vorbei wäre. Wir wollen rechtzeitig mit einer Petition an den Landtag herantreten, namentlich mit Rückſicht auf das augenblicklich zur Beratung ſtehende Wohnungsgeſetz. Deswegen kann ich mich auch nicht damit befreunden, 4 Sitzung vom 21. Jannar 1914 daß der Magiſtrat die Angelegenheit möglicherweiſe erſt dem Vorſtande des Preußiſchen Städtetages über⸗ weiſt; denn bis der ſich darüber ſchlüſſig geworden iſt, werden auch Monate vergehen. Ich halte es für richtiger, wenn wir ganz unbekümmert darum, wie andere Gemeinden und andere Inſtitutionen darüber denken, unſere Petition ſelbſtändig abſenden. Ich ſtimme mit Herrn Kollegen Otto auch darin überein, daß nicht nur die beiden in unſerem Antrage erwähnten Punkte der Städteordnung re⸗ formbedürftig ſind, ſondern daß die Stätdeordnung noch in einer großen Reihe Punkte der Reform be⸗ darf. Aber ich will auf dieſe Dinge jetzt nicht ein⸗ gehen. Meine Herren, das unterliegt auch für mich gar keinem Zweifel, daß bei der Zuſammenſetzung des Landtages ſehr wenig Ausſicht beſteht, daß unſere Petition der Regierung zur Berückſichtigung über⸗ wieſen wird. Wir können froh ſein, wenn das Ab⸗ geordnetenhaus über die Petition nicht zur Tages⸗ ordnung übergeht. Das kann uns aber nicht davon abhalten, das, was wir einmal als richtig erkannt haben, auch zu fordern und immer und immer wieder aufs neue mit unſeren Wünſchen an den Landtag heranzutreten. Wenn ſich das Bürgertum und die Arbeiterklaſſe, die hinter dieſen Forderungen ſtehen, nicht rühren, wird der Landtag natürlich ſagen: es iſt alles ſchön und gut, die Städteordnung bedarf keiner Reform, die weiteſten Kreiſe des Volkes haben nicht einem Verlangen danach Ausdruck gegeben. Deswegen halte ich es für unſere Pflicht, uns zu rühren und unſere Forderungen immer erneut den geſetzgebenden Körperſchaften zu unterbreiten. Wie die Ausſichten im Herrenhauſe ſind, weiß ich nicht. Es iſt möglich, daß die Fraktion der Ober⸗ bürgermeiſter auf die übrigen Fraktionen einen ſo weitgehenden Einfluß ausübt, daß unſerer Petition entſprochen wird; denn es haben ſich eine große Reihe von Oberbürgermeiſtern bereits ſchriftlich und münd⸗ lich gegen das Hausbeſitzerprivileg erklärt und an der Hand ihrer Erfahrungen auf die Schädlichkeit dieſes Vorrechtes hingewieſen. Es iſt alſo ſehr leicht möglich, daß das Herrenhaus vielleicht zu einem anderen Votum kommt als das Abgeordnetenhaus; aber wir können das nicht vorausſehen. Meine Herren, ich will auch keineswegs an den Vertreter der Stadt Charlottenburg im Herrenhauſe die Bitte richten, für unſere Petition einzutreten. Der Herr Oberbürger⸗ meiſter wird tun, was er mit ſeinem Gewiſſen und mit ſeiner Ueberzeugung vereinbaren kann. Aber, meine Herren, wenn wir ihm auch keine Direktiven geben können — denn wir haben ja leider nicht das Recht dazu —, ſo muß ihm doch, glaube ich, daran gelegen ſein, zu wiſſen, wie die große Mehrzahl der Charlottenburger Einwohnerſchaft denkt, und da kann ich das, was Herr Kollege Otto geſagt hat, nur unter⸗ ſchreiben. Nicht nur ſeine politiſchen Freunde, ſondern auch meine politiſchen Freunde — und die ſind ja an Zahl in Charlottenburg weit größer als ſeine — ſind einmütig der Meinung, daß das Votum des Herrn Oberbürgermeiſters im Herrenhauſe bei der Abſtimmung über den Antrag Graf Yorck zu Warten⸗ burg nicht den Anſichten der Mehr⸗ heit der Charlottenburger Ein⸗ wohnerſchaft entſpricht. Meine Herren, ich will auf die Frage nicht weiter eingehen und wende mich nun zu dem, was die beiden