38 Vorſteher Dr. Frentzel: Es iſt der Antrag ge⸗ ſtellt worden, Punkt 7 und 8 in der Debatte zu ver⸗ einigen. Wenn ich keinen Widerſpruch höre, nehme ich an, daß die Verſammlung dem zuſtimmt. — Es iſt ſo beſchloſſen worden. Ich eröffne alſo auch gleich⸗ zeitig die Beſprechung über Punkt 8: Vorlage betr. Einführung einer Luſtbarkeitsſteuer⸗ ordnung. Druckſache 27. Stadtrat und Kämmerer Scholtz: Meine ſehr geehrten Herren! Nachdem wir uns heute wiederum ziemlich ausgiebig über das Hausbeſitzerprivileg un⸗ terhalten haben, ſind wir jetzt wieder einmal vor der Etatsberatung angelangt; wieder legt Ihnen der Ma⸗ giſtrat, nun ſchon zum dritten Male, einen Haus⸗ haltsplan für das nächſte Jahr mit der Forderung auf Erhöhung des Zuſchlages zur Staatseinkommen⸗ ſteuer von 100 auf 110 % vor. Meine Herren, faſſen Sie dieſen Antrag richtig auf, faſſen Sie ihn auf, wie er gemeint iſt. Er iſt nicht etwa aufzufaſſen als der Ausdruck des Willens des Magiſtrats, endlich durch immer wieder an Sie ge⸗ ſtellte Forderungen ſeien Willen durchzuſeten, ſon⸗ dern er iſt als der Ausdruck der Ueberzeugung aufzu⸗ faſſen, daß das, was wir im Jahre 1911 das erſtemal von Ihnen verlangt haben, das einzig Richtige ge⸗ weſen wäre, daß wir erkannt haben, daß die Enwick⸗ lung der Dinge ſo gegangen iſt, wie wir es Ihnen da⸗ mals prophezeit haben, und daß das, was wir damals finanzpolitiſch für das Richtige und Wünſchenswerte hielten, heute unſerer Meinung nach unumgänglich notwendig geworden i“ wenn wir nicht irgend welche Schäden über die Stadtgemeinde dadurch herauf⸗ beſchwören wollen, daß wir Einrichtungen unter⸗ laſſen, die wir ſchaffen müſſen. Ich will aber nicht auf die früheren Dinge ein⸗ gehen, ich will ſie nicht weiter berühren und zu be⸗ weiſen ſuchen, weshalb das richtig geweſen wäre; es kommt meiner Anſicht nach darauf heute nicht mehr an, denn dieſe Sachen gehören der Verganaenheit an. Aber das, was jetzt iſt, die Verhältniſſe, wie ſie zur⸗ zeit liegen, will ich mit Ihnen heute kurz beſprechen und auf Grund deſſen unſern nochmaliaen Antrag auf Erhöhung der Einkommenſteuer begründen. Ich werde mich kürzer faſſen, als ich es gewöhnlich bei dieſer Gelegenheit zu tun pflege, und will nur die wichtigſten Runkte hervorheben. Ich werde über alles nur einigermaßen Nebenſächliche aus dem Etat hinweggehen. Denn meine Herren, Sie haben Teile des Etats ſchon 14 Tage und den ganzen Etat ſeit 8 Tagen in den Händen und ſind in der Lage ge⸗ weſen, ihn eingehend zu ſtudieren. Bei einem Einblick in den Etat werden Sie un⸗ ſchwer erkannt haben, daß gewiſſe Einnahmen in die⸗ ſem Jahre nicht in dem Maße ſteigen, wie es ſonſt der Fall geweſen iſt. Aber auf der anderen Seite werden Sie erkannt haben, daß die Ausgaben ganz beſonders ſtark geſtieaen ſind. Wenn Sie die Ueber⸗ ſicht, die Ihnen mitgegeben iſt, zur Hand nehmen, ſo werden Sie das erkennen, wenn Sie vergleichen, daß der Geſamtetat für das Jahr 1914 nur um etwa 700 000 ℳ ſteigt. Er erreicht damit im Ordinarium die Höhe von 39,6 Millionen Mark. Danns ſtei⸗ gen die fortdauernden Ausgaben um über 2 Millionen Mark, und eine Balance iſt nur dadurch herbeia⸗führt worden, daß die einmaligen Ausgaben ſehr ſtark redu⸗ ziert worden ſind. Sie haben in dem geſamten Etat überhaupt nur 830 000 ℳ einmalige Ausgaben. Sitzung vom 4. Februar 1914 Meine Herren, dieſes Bild gibt zu denken, und wenn Sie, was Ihnen vielleicht nicht ſo leicht möglich iſt, die letztjährigen Etats, und zwar die Geſamtetats des Ordinariums und Extraordinariums zuſammen⸗ rechnen, ſo werden Sie ebenfalls einen gewiſſen Still⸗ ſtand finden. Seit dem Jahre 1909 iſt der Char⸗ lottenburger Etat ſtändig und gleichmäßig geſtiegen, und zwar von 64 Millionen bis auf 83,8 Millionen im Jahre 1913. In dieſem Jahre fällt er, und zwar auf 83,10 Millionen. Auch dieſer zweite Punkt zeigt Ihnen, daß ein Stillſtand auf gewiſſen Gebieten ein⸗ getreten iſt. Nun möchte ich Sie bitten, mit mir zuerſt die Einnahmen des Etats kurz durchzugehen. Bei dieſer Gelegenheit werde ich dann gleichzeitig auch auf das Jahr 1913 und ſeine Ergebniſſe eingehen müſſen. Zunächſt, meine Herren, finden Sie bei der Ein⸗ nahme in Kapitel 1 den Ertrag aus dem Jahre 1912 eingeſtellt; es war ein netter Ueberſchuß von rund 840 000 ℳ. Aber dieſe Summe können Sie an ſich erſt dann richtig verſtehen, wenn Sie ſie ſich in zwei Teile zerlegen. Da ſind es in der Hauptſache zwei Punkte, die für den Ueberſchuß ausſchlaggebend ge⸗ weſen ſind: einmal unſer glänzend arbeitendes Elektri⸗ zitätswerk, das 465 000 ℳ. mehr über den Voran⸗ ſchlag ergab, und ſodann Ueberſchüſſe bei der Finanz⸗ verwaltung, die ſich dadurch ergeben haben, daß wir einen ſehr ſchweren Geldmarkt hatten; es war möglich, disponible Gelder günſtig anzulegen. Dieſe beiden Punkte haben das günſtige Reſultat gezeitigt, und wenn Sie ſich überlegen, worauf alſo dieſer Ueberſchuß baſiert, werden Sie mir zugeben müſſen, daß das keine Gründe dauernder Natur ſind. Das Elektrizitätswerk gab damals den großen Ueber⸗ ſchuß, weil es erſt verhältnismäßig kurze Zeit in unſerm Beſitz war und weil wir die Erträgniſſe dieſes Werkes ſchon bei der Etatsaufſtellung nicht ſo faſſen konnten, wie wir ſie heute faſſen können. Und, meine Herren, die Verhältniſſe auf dem Geldmarkt ändern ſich. Noch im Jahre 1913 lagen die gleichen Verhält⸗ niſſe vor; ſie ſind in wenigen Wochen, das wiſſen Sie alle, völlig anders geworden. Das über den Ueber⸗ ſchuß, der bei Kapitel I unſeres Etats eingeſtellt iſt. Unſere ſonſtigen Einnahmen, die in der Haupt⸗ ſache aus den Steuern und den Erträgniſſen der Werke fließen, ſind völlig abhängig von der allgemeinen Ent⸗ wicklung der Stadtgemeinde, und bei dieſer Gelegen⸗ heit komme ich auf die Verhältniſſe des Jahres 1913 zu ſprechen. Wenn man von der Entwicklung der Stadt ſprechen will, ſo iſt natürlich in allererſter Linie der Blick auf die Bevölkerung, ihre Zunahme oder Ab⸗ nahme, zu richten, und es wird Ihnen nicht verborgen geblieben ſein, daß in dieſer Hinſicht im Jahre 1913 in (Groß⸗Berlin eine gewiſſe Aenderung eingetreten iſt. Groß⸗Berlin in ſeiner Geſamtheit iſt in dieſem letzten Jahre nur unmeſentlich gewachſen; innerhalb Groß⸗ Berlins aber ſind in der Bevölkerung ziemlich ſtarke Verſchiebungen dadurch eingetreten, daß Berlin nicht unerheblich an Bevölkerung abgegeben hat und die Zororte gewonnen haben. Die Statiſtik ergibt, daß Berlin rund 17 000 Einwohner abgegeben hat — das ſind 0,0 % — und daß dieſe Einwohner zum Teil nach Charlottenburg, zum Teil nach den anderen großen Vororten gezogen ſind. Charlottenburg iſt dabei verhältnismäßig am geringſten beteiligt; denn der Zuwachs von Charlottenburg betrug lediglich 2600 Einwohner; (Hört! hört!)