Sitzung vom 4. Februar 1914 Jahr leiſten, durchaus nicht als verloren angeſehen werden kann; wir nehmen im Gegenteil an, daß die Straße reüſſieren wird. Ich weiß nicht, weshalb der Herr Vorredner in dieſer Beziehung ein ſo großer Peſſimiſt iſt. Aber ſelbſt wenn das eintreten ſollte, wären, glaube ich, die Vorteile, die der Stadt aus dieſer Anlage in mehrfacher Beziehung entſtehen werden, nicht zu teuer erkauft. (Sehr richtig!) Wir haben die volle Verpflichtung, nicht nur dafür zu ſorgen, daß eine Automobilſtraße entſteht, ſondern auch dafür, daß der Verkehr geregelt wird. Denn ſo, wie es augenblicklich iſt, kann es ja auf die Dauer nicht weiter gehen. Gerade der Automobilverkehr geht nach dem Weſten und berührt in erſter Reihe Charlotten⸗ burg; die damit verknüpften Vorteile ſind nicht von der Hand zu weiſen. Es iſt unbedingt vorauszuſehen, daß ſich Automobilgeſchäfte und Händler mit Zubehör⸗ teilen dort in großer Zahl etablieren werden. Wir ſehen heute ſchon, wie in der Bismarckſtraße derartige Geſchäfte exiſtieren und florieren, und ich weiß nicht, weshalb wir nicht unſere Hand dazu bieten ſollten, daß eine derartige Straße gebaut wird. Die Gelder hat die Geſellſchaft erhalten, es fehlt nur noch der Teil, für den wir die Garantie der Zinszahlung überneh⸗ men. Wir haben uns ſchon ſo eingehend darüber un⸗ terhalten, und die Notwendigkeit der Herſtellung dieſer Straße iſt ſchon ſo oft betont worden, daß man, glaube ich, gar nicht nötig hat, noch ein weiteres Wort dar⸗ über zu verlieren. Ich kann dem Herrn Kollegen Gredy nur ſagen: die Befürchtung, daß wir das Geld auf jeden Fall zuſchießen müßten, iſt nicht vorhanden; es iſt weit eher möglich, daß wir frei von jedem pekuniären Opfer bleiben. Stadtv. Gebert: Meine Herren! Ich muß mich den Ausführungen des Herrn Kollegen Gredy an⸗ ſchließen. Ich ſtehe nach wie vor auf dem Standpunkt, daß wir uns hier wieder in ein Unternehmen einlaſſen werden, das meines Erachtens eines ſchönen Tages der Stadt Geld koſten wird, anſtatt daß ſie daraus einen Gewinn zieht. Mein Herr Vorredner ſagte: er glaube, ja, glauben iſt nichts, Wiſſen iſt Macht, ſagt ein altes Sprichwort, und ſo iſt es auch. Ich glaube, daß die Geſellſchaft, die die Straße jetzt ſertig geſtellt hat, ſchon wieder mit dem Klingelbeutel herumgeht. Wenn Sie ſich diejenigen Perſonen an⸗ ſehen, die bei dieſem Projekt beteiligt ſind, ſo werden Sie finden, daß es ſich dabei um lauter gutfundierte Leute handelt, die meines Erachtens eine derartige Privatſtraße ohne weiteres ſelbſt erbauen könnten. WWenn mein Herr Vorredner ſagte, daß dieſe Straße notwendig wäre, dann muß ich der Anſicht Ausdruck geben, daß es viel notwendiger wäre, wenn nach allen Richtungen der Himmelsroſe hin derartige Automobilausfallſtraßen geſchaffen würden. Die Be⸗ fürchtung, daß Charlottenburg ohne Unterſtützung dieſer Straße vom Automobilverkehr gemieden werden würde, kann ich nicht teilen, da ja Charlottenburg die eigentliche Einganspforte zu der Straße bildet. Und was haben wir davon, wenn auf der einen Seite wirk⸗ lich, wie ich ja zugebe, neue Geſchäfte entſtehen, auf der anderen Seite die Stadt aber nachher Zuſchüſſe an die Geſellſchaft leiſten muß? Ich bin der felſenfeſten Ueberzeugung, daß das ſpäterhin eintreten wird. (Zuruf: Hoffentlich nicht!) 59 — Hoffentlich nicht, aber ich fürchte, daß es ſo kommen wird, denn auf dieſem Gebiete bin ich durchaus klein⸗ gläubig, um ſo mehr, da ich im Laufe meiner ſechs⸗ jährigen Tätigkeit hier in dieſem Hauſe wiederholt feſt⸗ ſtellen mußte, daß wir bei Privatunternehmungen hin⸗ eingetrudelt ſind, und weil wir hineingefallen ſind, muß ich mich dieſem Unternehmen gegenüber auf einen durchaus ablehnenden Standpunkt ſtellen. Es heißt, daß wir unter Umſtänden 400 000 ℳ werden hergeben müſſen, — es heißt alſo nicht: unter allen Umſtänden; das iſt richtig. Ein oder zwei Jahre wird ja wohl die Automobilſtraße ganz gut flo⸗ rieren, aber nachher geht das Geſchäft nicht mehr, und dann müſſen wir zahlen und unter Umſtänden noch ſehr viel mehr, als wir jetzt annehmen. Ich habe das Empfinden, daß man hier mehr den Wünſchen ſehr hochſtehender Perſonen Rechnung tragen will. Ich bin deshalb der Meinung, daß dieſe Per⸗ ſonen einmal ſelbſt in ihren Privatſäckel hineingreifen könnten. Wenn dieſe Perſonen eine derartige Straße wünſchen, mögen ſie ſie auf ihre Koſten bauen laſſen. Wenn Herr v. Schorlemer geſagt hat, daß dieſe Straße auch nach Ablauf von 30 Jahren dem öffent⸗ lichen Verkehr nicht entzogen werden ſoll, ſo glaube ich ſeinem Ausſpruche wohl; aber ob der Herr Miniſter nach 30 Jahren noch lebt, können wir nicht wiſſen; an ſeiner Stelle kann dann längſt ein anderer ſtehen. Wir haben hier alſo abſolut keine Garantie, und da über⸗ haupt alle Garantien in Preußen auf außerordentlich ſchwachen Füßen ſtehen, glaube ich auch an dieſes ganze Verſprechen nicht. Etwas anderes wäre es, wenn die Stadt Charlottenburg in dieſe ganze Geſchichte mit hineinreden könnte. Aber wir haben kein Recht, die Kaſſenverhältniſſe zu prüfen, wir haben nur die Be⸗ rechtigung, eine Abrechnung verlangen zu können. Wir haben auch auf die Geſtaltung der Geſellſchaft durchaus keinen Einfluß, alles das iſt uns beſchnitten. Man hat uns ſeinerzeit geſagt: ja, ihr dürft nur zahlen, aber mitzureden habt ihr nichts. (Zurufe.) — Herr Kollege Otto ruft mir eben zu: machen Sie es doch kurz. Ich meine, ich halte mich in meinen Ausführungen gewöhnlich kurz. — Ich bin alſo der⸗ ſelben Meinung wie Herr Kollege Gredy: wir handeln im Intereſſe der Finanzen unſerer Stadt am beſten, wenn wir das ganze Projekt ablehnen. Stadtv. Erdmannsdörffer: Im Gegenſatz zu dem Herrn Kollegen Gredy habe ich mich, der ich bei der erſten Vorlage mit Nein geſtimmt habe, durch die Be⸗ ratungen des Ausſchuſſes, die außerordentlich gründ⸗ lich geführt wurden, dahin bekehren laſſen, daß man jetzt mit Ja ſtimmen müſſe. Ausſchlaggebend ſind dabei für mich folgende Erwägungen. Die Straße wird gebaut, iſt eigentlich ſozuſagen ſchon gebaut, und daher iſt es unter allen Umſtänden für uns als Stadt Charlottenburg, die wir unmittel⸗ bar vor dem Beginn dieſer Straße liegen, wünſchens⸗ wert, ja, ich möchte faſt ſagen, notwendig, daß wir an dieſem Unternehmen in irgend einer Form mitbeteiligt ſind. Zweitens wird durch dieſe Straße erreicht werden, daß wir einen Aut omobil⸗ omnibus⸗Verkehr erhalten. Für die Bevölke⸗ rung der Stadt Charlottenburg iſt es unzweifelhaft von außerordentlichem Nutzen und von großem Segen, wenn eine relativ billige Automobilomnibus⸗Verbin⸗ I dung nach dem Grunewald geſchaffen wird.