Sitzung vom 26. Februar 1914 niedrigeren Plätze nicht erhöhen, weil dann das Publikum, das bisher die billigen Plätze beſucht, fern bleibt. So unterliegt es für mich gar keinem Zweifel, daß dieſe Gewerbetreibenden wirt⸗ ſchaftlich ſchwer geſchädigt, ja teil⸗ weiſe dem Ruin entgegengeführt werden. Noch ſchwerer werden die Beſitzer von Sälen betroffen. Es iſt traurig, daß wir es jetzt in den Gemeinden genau ſo machen, wie es das Reich und die Staaten tun. Für das Reich und die Einzelſtaaten ſind die Gaſtwirte von jeher ein ſehr begehrenswertes Objekt der Beſteuerung Ich erinnere Sie an die gewaltigen Laſten, die erſt durch die letzte Reichsftnanzreform den Gaſtwirten, vor allem den Saalbeſitzern, auferlegt worden ſind, Laſten, die ſie unmöglich abwälzen können und die ſchon den Untergang einer großen Reihe von Gaſt⸗ wirten herbeigeführt haben. Ich erinnere Sie weiter an die Belaſtung der Gaſtwirtſchaften durch den Staat. Wir haben neben der Steuer, die für alle Gewerbe gilt und mit der wir ſelbſtverſtändlich auch nicht einverſtanden ſind, noch die ſtaatliche Be⸗ triebsſteuer, eine Sonderſteuer für Gaſtwirte, die man ſonſt in keinem andern Gewerbe kennt. Wir haben die Automaten⸗, Stempel⸗ und eine Reihe anderer Steuern, durch die die Gaſtwirte ſchwer be⸗ laſtet werden. Und nun kommt noch die Gemeinde und führt die Luſtbarkeitsſteuer ein. Wie lange wird es dauern, dann wird der Magiſtrat zu dem früheren Projekt der Schankkonzeſſionsſteuer zurück⸗ greifen, und dann werden Sie wahrſcheinlich bei der Wandlungsfähigkeit, die Sie ja von jeher an den Tag gelegt haben, auch dieſem Projekt zuſtimmen, um ſo vollends den Gaſtwirten den Garaus zu machen. Ich muß mich angeſichts der Aeußerung des liberalen Fraktionsredners bei der erſten Leſung wundern, daß Sie einer ſolchen Vorlage zuſtimmen. Herr Stadtv. Bergmann hat als Redner ſeiner Frak⸗ tion geſagt: Die Steuer darf nicht die treffen, die ſie ſchwer oder gar nicht tragen können, und dahin rechne ich in allererſter Linie die Schank⸗ und Gaſt⸗ wirtſchaften. (Sehr richtig! bei den Liberalen.) Ja, meine Herren, Sie ſagen: ſehr richtig, und trotz⸗ dem wird nachher Ihre Fraktion (Zurufe) — warum reden wir denn überhaupt, wenn Ihre Fraktion nicht zuſtimmt? Machen Sie uns doch nichts vor! — trotzdem wird nachher Ihre Fraktion 10 die Beſteuerung der Gaſt⸗ und Schankwirtſchaften timmen. Da werden Sie wieder zeigen, wie wenig liberale Worte mit liberalen Taten in Einklang ſtehen⸗ Sollte ich mich irren, ſollten Sie wirklich nicht für die Belaſtung der Gaſt⸗ und Schankwirt⸗ — ſtimmen, nun umſo beſſer. Wir können die Probe aufs Exempel machen. Wir haben, wie Sie wiſſen, namentliche Abſtimmung beantragt und werden dann ſehen, ob Sie zu Ihren Worten halten oder ob Sie der Vorlage zuſtimmen. Wenn Sie der Vorlage zuſtimmen, dann diskreditieren Sie ſich ſelbſt; dann tun Sie das, was Sie in der vorigen Sitzung bekämpft haben. geweſen. 67 Aber, meine Herren, die Schädigung beſchränkt ſich nicht nur auf die von mir angeführten Schichten, ſondern wie in den vielen uns zugegangenen Denk⸗ ſchriften und Petitionen ausgeführt wird, werden auch die Angeſtellten aufs erheblich ſte in ihrer Exiſtenz geſchädig t. Auch die Induſtrien, die mit den Kinos in Verbindung ſtehen, werden Schaden haben. Und nicht in letzter Linie werden auch die Hausbeſitzer, wenigſtens gewiſſe Hausbeſitzer, ſchwer getroffen. Nun bin ich der etwa für die Intereſſen der Hausbeſitzer eintritt, (Lachen bei den Liberalen.) ich habe durchaus nicht die Abſicht. Aber gerade die⸗ jenigen Herren, die ſonſt immer ſo tun, als ob ſie für die Intereſſen des Hausbeſitzes eintreten, ſollten doch einmal bedenken, wie ſchwer ſie eine ganze Reihe von Hausbeſitzern ſchädigen. Der Herr Refe⸗ rent ſagte, es könne den Hausbeſttzern doch nicht darauf ankommen, Mieter zu haben, deren Eriſtenz durch die Konkurrenz bedrängt iſt. Ja, ich frage Sie: Kann es den Hausbeſitzern denn darauf an⸗ kommen, Mieter zu haben, die infolge der hohen Be⸗ laſtungen überhaupt nicht mehr im ſtande ſind, Mieten zu zahlen? Nein, meine Herren, gerade Sie, die ſonſt vorgeben, Sachwalter der Intereſſen der Hausbeſitzer zu ſein, gerade Sie ſollten es ſich dop⸗ pelt und dreifach überlegen, ob Sie einer ſo verderb⸗ lichen Steuer zuſtimmen können. Dann aber, meine Herren, glaube ich auch, daß die Stadt ſelbſt nicht allzu viele Vorteile von der Steuer haben wird. Es iſt auch ſchon in den Petitionen darauf hingewieſen worden, daß der Ver⸗ brauch an elektriſcher Kraft erheblich zurückgehen wird, und ich glaube ferner, daß wir auch auf eine Mindereinnahme aus direkten Steuern zu rechnen haben werden; denn eine ganze Reihe von Leuten, die jetzt zu den kräftigen Steuerzahlern gehören, werden wirtſchaftlich geſchädigt, vielleicht an den Rand des Ruins gebracht, ſo daß ſie überhaupt nicht mehr imſtande ſind, Steuern zu zahlen. Meine Herren, die Erfahrung wird ja lehren, daß die 175 000 %ℳ, auf die Sie aus der Steuer rechnen, nicht einkommen werden. Ich ſehe ganz davon ab, daß ſchon durch die Beſchlüſſe des Ausſchuſſes eine erheb⸗ liche Ermäßigung eingetreten iſt; aber ſelbſt dieſe verringerte Summe wird nicht einkommen, weil eben auf der anderen Seite koloſſale Ausfälle zu ver⸗ zeichnen ſein werden. Meine Herren, ich will auf die Einzelheiten der Vorlage nicht eingehen; nur auf einen Punkt möchte ich hinweiſen. Es wird in der Begründung geſagt, daß die Bildungsbeſtrebungen nicht ge⸗ troffen werden ſollen; in Wirklichkeit beſteht aber doch die Gefahr, daß Bildungsbeſtrebungen, wenigſtens die Bildungsbeſtrebungen der Arbeiter⸗ ſchaft, von der Steuer betroffen werden. Nach § 2 ſind unentgeltliche Veranſtaltungen ſteuerfrei, welche ausſchließlich wiſſenſchaftlichen, belehrenden oder künſtleriſchen Zwecken dienen. Das nimmt ſich auf dem Papier ſehr ſchön aus; aber wie ſieht es in der Praxis aus? Von den Arbeiterorganiſationen, namentlich von den gewerkſchaftlichen Or aniſatio⸗ nen, wird heute ſehr viel getan, um unter ihren Mit⸗ gliedern Bildung zu verbreiten, und man bedient ſich dazu oft des Mittels der Lichtbildervorträge. Ich hatte vor noch nicht langer Zeit ſelbſt Gelegenheit,