Sitzung vom 26 Februar 1914 Wenn ich darauf hinweiſe, daß wir im letzten Jahrzehnte zu wirklich muſterhaft ausgeführten Krankenhäuſern folgende Koſten pro Bett aus⸗ gegeben haben, ſo werden Sie mir das zugeben müſſen. Wir haben für unſer ſehr großes, mo⸗ dern eingerichtetes, im Pavillonſyſtem er⸗ richtetes Krankenhaus in Caſſel für das Bett durchſchnittlich 3860 ℳ ausgegeben; (hört, hört 1 45 für ein ganz kleines Krankenhaus mit 50 be⸗ legten Betten, mit 75 belegbaren Betten, nach den modernen Erfahrungen erbaut, in Schmal⸗ kalden 3600 ℳe; in Fulda, wo wir jetzt nach den neueſten Anforderungen gebaut haben und noch weiter auszubauen im Begriffe ſind, koſtet uns das Bett 3300 ℳ, In dem teuren Hanau, Herr Kollege Wohlfarth, iſt es uns doch möglich geworden, mit 3500 ℳ4 pro Bett aus⸗ zukommen. Das ſind doch Ergebniſſe, die ſich ſehen laſſen können, auf die wir ſtolz ſein dürfen. (Sehr richtig!) Dabei haben wir nicht alle die Grundſätze be⸗ folgt, die uns in der Denkſchrift von Geheim⸗ rat Krohne beſonders warm ans Herz gelegt worden ſind. Wir haben z. B. mit Vorſicht beſonders darauf geſehen, nur das beſte und zuverläſſigſte Material für dieſe Kranken⸗ anſtalt zu wählen. Wir haben in einem Fall in früheren Jahren — aber das ſind ſchon 40 Jahre her — in Marburg eine große Heil⸗ anſtalt gebaut, wo wir das verſäumt haben; und die Erfahrungen, die wir dabei gemacht haben — allerdings hat uns das Bett da nur 3000 ℳ gekoſtet —, haben uns davor bewahrt, im letzten Jahrzehnt den Fehler wieder zu machen, mit zu billigem Material zu bauen. Auch darf man doch unſeren Architekten nicht ſo herabwürdigen, daß man ihm nicht einen weiten Spielraum in ſeiner künſtleriſchen Tätigkeit läßt. Es iſt oft nicht ſo ſehr eine Frage des Geldpunktes, ſondern es ſind in ge⸗ wiſſen Fällen auch Fragen des künſtleriſchen Verſtändniſſes, z. B. in Kombinationen von Maſſiv⸗ und Holzbau, billig zu bauen und doch architektoniſche Erfolge zu erzielen. Meine Herren, wenn Sie damit ver gleichen, daß wir für unſer Leicht krankenhaus über 10 000 ℳ pro Bett ausgegeben haben — gegen 3800 ℳ —, ſo zeigt das grell, woher unſere finanziellen Bedräng⸗ niſſe kommen. Meine Herren, daß bei den Krankenhausbauten bedeutend eeſtar werden muß, hat ja nicht nur der Miniſterialerlaß vom Ende vorigen Jahres, ſondern erneut wieder Herr Miniſterialdirektor Kirchner auch bei der jüngſten Debatte im Abgeordnetenhaus über das Medizinalweſen betont. Vorſteher Dr Frentzel (unterbrechend): Ich muß Sie jetzt noch einmal wirklich darauf aufmerkſam machen, daß wir bei Kapitel XV, Gemeindeſteuern, ſind und Krankenhausbauten durchaus nicht dazu ge⸗ hören. Wenn Ihre kleine Fraktion erſt zur großen und Sie ſelbſt dementſprechend Stadtverordneten⸗ 107 vorſteher geworden ſein werden, werden Sie die Schwierigkeiten einer ſolchen Situation am eigenen Leibe empfinden. Alſo ſchaffen Sie kein Präzedens, das Ihnen ſpäter vielleicht unangenehm werden könnte. (Heiterkeit.) Stadv. Dr Liepmann (fortfahrend): Das kann mir nicht widerfahren; denn ich ſehe ja an Ihrem Beiſpiel, daß man von Ihrem Platze aus die Rede⸗ freiheit arg beſchränken muß, was nicht in meinem Geſchmack und meiner Natur liegt; alſo ich würde mich weder zu dieſem Ehrenpoſten eignen noch drän⸗ gen. — Aber ich glaube doch, daß das, was ich anzu⸗ führen im Begriff bin, zur Sache gehört; denn ein großer Teil unſerer finanziellen Bedrängnis ent⸗ ſteht durch den Dienſt unſerer Anleihen, die wieder durch die teuren Bauten, insbeſondere durch unſere Krankenhausbauten, ſo in die Höhe geſchnellt ſind. Das wollte ich und darf ich hierbei ausführen. Fer⸗ ner iſt dabei nicht zu vergeſſen, daß auch unſere Schu⸗ len zum großen Teil viel zu teuer erbaut werden, wogegen wir ſchon häufig Widerſpruch erhoben haben, bisher aber ohne Erfolg. Alſo, meine Herren, wenn wir uns auch damit einverſtanden erklären müſſen, diesmal die Einkom⸗ menſteuer auf 110% zu erhöhen, ſo werden wir doch nicht unterlaſſen, immer wieder, ſei es auch bei klei⸗ nen Poſten, an das Sparen zu erinnern. Wir können unſere Hände in Unſchuld waſchen, wenn die Mehr⸗ heit unſere Mahnung nicht befolgt und Charlotten⸗ burg infolgedeſſen die Leiter der Steuererhöhungen immer weiter hinaufklettern muß. 6 Stadtv. Dr Borchardt: Meine Herren! Ich muß Herrn Kollegen Dr Liepmann ja inſofern recht geben, als das Kapitel Gemeindeſteuern auch in früheren Jahren immer zum Anlaß genommen wurde, einen Blick auf die ganze Finanzgebarung der Stadt zu werfen; denn ſie kommt ja zu einem Teil in dem Kapitel Gemeindeſteuern zum Ausdruck. Es wäre auch ſehr verlockend, dem Beiſpiele des Herrn Kollegen Liepmann zu folgen und nun auch dieſe finanzielle Gebarung vom Standpunkte meiner Freunde aus zu beleuchten, um ſo verlockender nach den Ausführungen, die ſoeben Herr Kollege Liep⸗ mann gemacht hat. Aber ich will dieſer Lockung doch widerſtehen, ſo reizvoll das an ſich auch wäre. Ich will den Wünſchen der großen Mehrheit Rechnung tragen und mich auf ſehr wenige Ausführungen, die ſtreng zum Kapitel Gemeindeſteuern gehören, be⸗ ſchränken. Ich will die Herren von der Mehrheit lediglich daran erinnern, daß ſie eine Reihe von Anträgen meiner Freunde, die ja allerdings erhöhte Ein⸗ nahmen notwendig gemacht hätten, niedergeſtimmt haben, um eben den Steuerſatz auf 110% halten zu können. Ich nehme dabei Akt von der Erklärung des Herrn Kollegen Liepmann, daß wir nach dem ganzen Stande unſerer Finanzgebarung eigentlich jetzt ſchon höher hätten gehen müſſen; er nannte den Steuerſatz von einigen 120%, der vieleicht ſchon im nächſten Jahr zu erwarten ſei. Aber wenn Sie nun auch unſere Anträge niedergeſtimmt haben und ide⸗ ſen Etat mit 110% balanzieren können, ſo werden Sie ſich ſelbſt doch darüber keiner Täuſchung hin⸗ geben, daß auch unſer ſo geſtalteter Etat noch einige 100 000 ℳ in den Einnahmen außerordentlich leicht