Sitzung vom 26. Februar 1914 viel düſterer darſtellt, als es nötig iſt. Herr Kollege Dr Liepmann hat geſagt, daß wir eigentlich 120“% (Gemeindeeinkommenſteuer bewilligen müßten, eine Behauptung, die ich nicht als zutreffend anerkenne. Wir kommen mit den 110% aus und nehmen damii den Satz, den jetzt eine Kommune Großberlins nach der anderen, auch von den weſtlichen Kommunen, einzuführen gezwungen iſt. Wir haben darum keinen Anlaß zu übermäßiger Schwarzſeherei, ſondern wir können auf beſſere Zeiten hoffen, in denen wir die Früchte früherer Ausgaben wieder, ernten werden, und vielleicht wird es uns gerade dadurch in Zukunft erſpart bleiben, über den jetzigen Satz von 110% hinauszugehen. (Bravo!) Stadtv. Hirſch: Meine Herren! In einem Punkte weiche ich von meinem Herrn Vorredner ab. Wenn Herr Kollege Meyer meint, daß Herr Dr. Liep⸗ mann uns nicht ſchon früher geſagt hätte, wo wir Abſtriche vornehmen könnten, ſo irrt er ſich. Wir haben die rückſchrittlichſten Anſchauungen, die Herr Dr Liepmann heute hier vorgetragen hat, ſchon oft aus ſeinem Munde gehört; er hat uns ſchon ſehr oft gepredigt, natürlich immer am unrechten Ort. Ich will — nicht etwa wegen der vorgerückten Zeit, denn die würde mich daran nicht hindern, — aber mit Rückſicht auf die geringe Bedeutung, die ich den Ausführungen des Herrn Dr Liepmann beimeſſe, darauf verzichten, näher auf ſeine Rede einzugehen. Ich möchte nur feſtſtellen, daß ein Mitglied der Char⸗ lottenburger Stadtverordnetenverſammlung es fertig bekommen hat, uns zu empfehlen, wir ſollten Spar⸗ ſamkeit üben an den Ausgaben für die Volksſchulen, für das Armenweſen, für Fortbildungsſchulen und für Krankenhäuſer. Ich glaube, das genügt voll⸗ kommen, um zu zeigen, auf welchem vorſintflutlichen Standpunkt Herr Dr Liepmann ſteht; denn ſolche 41.4 paſſen in die moderne Zeit wahrhaftig nicht hinein. Meine Herren, Herr Kollege Dr Liepmann hielt es für geboten, uns jetzt um die Mitternachtsſtunde eine Gardinenpredigt zu halten. Das iſt ja ſehr freundlich von ihm, es iſt auch ſehr freundlich von ihm, urs u raten, wir ſollten uns nach der Decke ſtrecken. Ich muß für meine Perſon und für meine Freunde, obwohl wir nicht zur Mehrheit gehören, erklären, daß wir uns bisher immer bemüht haben, uns nach der Decke zu ſtrecken, daß wjr es aber rund⸗ weg ablehnen müſſen, die Sparſamkeit zu üben, die Herr Kollege Dr Liepmann empfiehlt; denn das wäre eine Sparſamkeit am unrechten Ort, eine Sparſam⸗ keit, die dazu führen würde, daß Charlottenburg ſchließlich nicht mehr mit an der Spitze der deutſchen Gemeinden marſchieren, ſondern von den kleinſten und rückſtändigſten Gemeinden übertrumpft würde. Stadtv. Dr Stadthagen: Meine Herren! Die Ausführungen der beiden Herren Vorredner veran⸗ laſſen mich, noch einmal das Wort zu ergreifen. Herr Kollege Meyer hat geſagt, wir hätten die 100 000 M nur gewiſſermaßen als Proteſt nach außen hin ſtreichen wollen, wären aber ganz davon überzeugt geweſen, daß ſie verbraucht werden, nachdem der Ma⸗ giſtrat die betreffende Erklärung abgegeben hätte. Wir ſind davon nicht überzeugt, daß ſie gebraucht werden. (Sehr richtigt bei der Vereinigten Alten Fraktion.) 109 Wir ſind der Anſicht, daß man mit dem Etat, da er ohne die 100 000 %ℳ relativ noch bedeutend höher iſt als der Armenetat von Berlin und der übrigen großen Vororte in unſerer Nähe, wohl hätte auskommen können. Wenn wir dieſe Ueberzeugung nicht hätten, hätten wir heute nicht ſo geſtimmt, wie wir es getan haben. Meine Herren, Kollege Hirſch, der hier nun noch wieder eine Rede von einer Stunde von mir hören muß — wobei ich bemerken möchte, daß er, glaube ich, noch niemals in der Lage geweſen iſt, mich hier eine Stunde reden zu hören, denn ich habe noch niemals, ſoviel ich weiß, länger als eine halbe Stunde geſprochen, während ich häufig das Vergnügen hatte, mitunter war es auch kein Vergnügen, Herrn Kollegen Hirſch über eine Stunde reden zu hören — und ſeine Freunde machen es ſich leicht; ſie ſagen: wir erhöhen die Steuern. Sie wollen keine indirekten Steuern wie ja überhaupt keine Sonderſteuern aufer⸗ legen. Es gibt ja ein einfaches Mittel, um das zu erreichen: Sie nehmen einfach 100 Prozent Ein⸗ kommenſteuern ſeitens des Reiches, des Staates und der Kommune. (Stadtv. Hir ſch: Wer hat das empfohlen?) Das iſt die Konſequenz Ihrer Ausführungen. Nun hat Herr Kollege Meyer vorhin beſonders an meine Freunde einen Aypell gerichtet, daß wir nun⸗ mehr, da ja durch Ihre Vorſchläge der Dispoſitions⸗ fonds um weitere 100 000 Mark gekürzt wird, auch dafür ſorgen möchten, daß im Laufe des Jahres ſparſam gewirtſchaftet wird. Ich kann Ihnen ver⸗ ſichern, daß meine Freunde es durchaus nicht daran fehlen laſſen werden, ſo weit wie möglich dabei mit⸗ zuwirken, daß auch dieſer Anſatz des Diſpoſttions⸗ fonds nicht überſchritten wird. Aber ich gebe Herrn Kollegen Meyer doch zu bedenken, ob es leichter ſein wird, im Laufe des Jahres den Diſpoſitionsfonds mit 200 000 ℳ gegenüber dem früheren Diſpoſitions⸗ „onds von 500 000 %ℳ als den Armenetat nach dem Abſtrich von 100 00) %%ℳ zu balancieren. Mir ſcheint das, wenn ich ſehe, was immer auf den Dispoſttions⸗ fonds geſchlagen worden iſt und geſchlagen werden muß, doch überaus ſchwierig zu ſein. Ich hoffe ja, daß der Magiſtrat in der Lage ſein wird, damit aus⸗ zukommen; wir werden ſicher nicht dazu beitragen, daß der Etat überſchritten wird. Wir werden aber, das kann ich Ihnen gleich verſprechen, in dieſem Jahre über den Stand des Dispoſitionsfonds genau Kontrolle führen und uns bei jeder Ausgabe, auch wenn es ſich manchmal um Ertrazulagen an Beamte, um eine Erhöhung der Penſion über das Ortsſtatut hin⸗ aus handelt, genau überlegen, ob wir zuſtimmen können, und werden bei den Fällen, die ich Ihnen eben angedeutet habe, wie ich glaube, zu einer Ab⸗ lehnung kommen. Wenn Sie ſolchen Anträgen aber folgen, werden Sie mit den 200 000 ℳ nicht aus⸗ kommen. Im übrigen aber kann ich Herrn Kollegen Meyer darin recht geben, daß es natürlich keinen Zweck hat, wenn wir uns hier gegenſeitig beſchul⸗ digen wollten, an der Finanzlage ſchuld zu ſein. Die Tendengz, ſparſam zu wirtſchaften, hat, glaube ich, ſeit längerer Zeit bei uns beſtanden. Ich erkenne allerdings vollkommen an — und ich glaube, auch meine Freunde —, daß auch die liberale Fraktion im Laufe des letzten Jahres zu ähnlichen Anſchau⸗