Sitzung vom 11. März 1914 ſchwimmen ſehen und hält nun nach einem neuen Stützpunkt Umſchau, um mit den weiteren Kreiſen der Bevölkerung für ihre Verſicherung Fühlung zu nehmen. Da haben nun die öffentlichrechtlichen Ver⸗ ſicherungsanſtalten bei den Sparkaſſen Anſchluß ge⸗ ſucht. Und auf dem letzten Sparkaſſentag haben die Sparkaſſen einen Beſchluß dahin gefaßt, daß zwiſchen den einzelnen Sparkaſſen und dem Verbande der öffentlichrechtlichen Verſicherungsanſtalten in Deutſch⸗ land hinſichtlich einer Arbeitsgemeinſchaft der öffent⸗ lichen Sparkaſſen und der öffentlichen Volksverſiche⸗ rung ein Abkommen getroffen werden ſoll. Die ſes Abkommen iſt verhältnismäßig kurz; es gipfelt darin, daß ſich die betref⸗ fende Sparkaſſe in den Dienſt der öffentlichrechtlichen Verſicherungs⸗ an ſtalten ſtellt. (Sehr richtig!) Die öffentliche Sparkaſſe wird gewiſſermaßen der Agent für die öffentlichrechtliche Verſicherungsanſtalt, ſucht deren Geſchäfte zu betreiben, erwartet ſelbſt⸗ verſtändlich aber auch für ſich einen gewiſſen Vorteil daraus, indem nämlich die öffentlichrechtliche Ver⸗ ſicherungsanſtalt die Verpflichtung übernimmt, ihrer⸗ ſeits für die Sparkaſſe Reklame zu machen. Da nun den öffentlichrechtlichen Verſicherungsanſtalten der ganze behördliche Apparat draußen auf dem Lande zur Verfügung ſteht und dieſe öffentlichrecht⸗ lichen Korporationen unter der ſehr rührigen Leitung des Generallandſchaftsdirektors Kapp bisher gezeigt haben, daß ſie ſich auf die Reklame ganz gut verſtehen, kann man ſich denken, daß für die ländlichen Sparkaſſen eine ſehr lebhafte Reklame betrieben werden wird. Daß für die ſtädtiſchen Sparkaſſen dabei ſehr wenig herausgeſchlagen wir d, iſtmeines Erachtens ſonnenklar; denn die ganzen öffentlichrechtlichen Verſicherungs⸗ anſtalten ſind, wie ich vorhin ſchon ſagte, ausge⸗ ſprochen agrariſch⸗ ſtaatsſozialiſtiſcher Natur. Einer der Ausgangspunkte der Bewegung war ja, daß man den prinaten Verſicherungsgeſellſchaften zum Vorwurf machte, daß ſie von ihren Kapitalien nicht genng dem Lande zukommen ließen. Die Deviſe der öffentlichrechtlichen Anſtalten iſt, „das Geld des Landes dem Lande zu erhalten“. Das iſt ja ihr gutes Recht; ob nun aber die Sparkaſſen Veranlaſſung haben, Unternehmungen ſolch ausgeſprochen agrari⸗ ſcher Natur, wie ſie hier betrieben werden, die ſehr wenig ſtädtefreundlich geſinnt ſind, zu unterſtützen, iſt mir im höchſten Grade zweifelhaft. (Sehr richtig!) Ich denke hier natürlich an die ſtädtiſchen Sparkaſſen, nicht an Kreisſparkaſſen. Wir haben es hier nicht mit Kreisſparkaſſen zu tun, ſondern mit einer ſtädtiſchen Sparkaſſe, und zwar der von Charlottenburg. Meine Herren, die Anfrage geht nun nur dahin: wie wird ſich die ſtädtiſche Sparkaſſe von Charlottenburg zu dem Beſchluß des Sparkaſſentages verhalten. Ich nehme ja eigentlich ohne weiteres an — ich weiß es allerdings nicht, vielleicht greife ich da auch allzu weit vor oder bin allzu großer Charlottenburger Epartaſe, vertreten durch den Ma⸗ giſtrat, ſagen wird, daß die ganze Anfrage überflüſſig wäre; man habe ſich gar nicht binden wollen, man gehe auf das Abkommen nicht ein. Dann iſt die An⸗ lichrechtlichen Optimiſt —, daß mir die 121 gelegenheit erledigt. Aberichmeine, auch dann iſt dieſe ganze Anfrage wohl nicht überflüſſig geweſen, (Sehr richtig!) ſondern dann wird anderen Kommunen gezeigt, in welche nicht ganz ungefährliche Arbeitsgemeinſchaft ſich die Sparkaſſen der Kommunen auf dem Sparkaſſentag hineinbegeben haben. (Sehr richtig!) Denn bei dieſer Arbeitsgemeinſchaft werden die Kom⸗ munen — und ich glaube, das wird mir jeder beſtäti⸗ gen, der die Herren kennt, die an der Spitze der öffent⸗ Verſicherungsgeſellſchaften ſtehen glatt eingewickelt werden. Dieſe Arbeitsgemeinſchaft iſt für die ſtädtiſche Sparkaſſe eine ocietas leonina, bei der der ganze Vorteil auf der Seite der öffentlich⸗ rechtlichen Lebensverſicherungsanſtalten liegt, — die öffentlichen Sparkaſſen ſollen nur Vorſpanndienſte leiſten. An einer Förderung ſtädtiſcher Einrichtungen iſt der öffentlichrechtlichen Verſicherungsanſtalt nicht gelegen, man will ſie nur für die eigenen Zwecke ge⸗ brauchen. Aber die Sache hat auch noch eine andere eigen⸗ artige Begleiterſcheinung. Ich weiß nicht, ob wir in den Städten Veranlaſſung haben, uns ſo ohne weiteres zu dem „öffentlichrechtlichen“ Moment zu bekennen, ob wir nicht alles Intereſſe vielmehr daran haben, das privatwirtſchaftliche Moment zu betonen, aus dem doch ſchließlich die ganze Steuerkraft unſerer Kommune erwächſt. Gewiß haben wir ja auch einzelne Einrichtungen, die wir vielleicht auch in die Gruppe der öffentlichrechtlichen Unternehmungen ſtellen können, ſo z. B. die Gasanſtalten, das Elektrizitätswerk uſw. Alle Werke der Stadt haben eben durch ihre Zugehörig⸗ keit zur Kommune öffentlichrechtlichen Charakter. Aber von derartigen Werken und von ſolchen öffentlichen Unternehmungen kann auf die Dauer keine Kommune beſtehen, ſie iſt auf die Steuerkraft der Be⸗ völkerung angewieſen und für dieſe liegen die Wurzeln wiederum in privat⸗ wirtſchaftlichen Betrieben. (Sehr richtig!) Deshalb iſt es mir unverſtändlich geweſen, daß der Sparkaſſentag in ſeinem Beſchluß gegen die privat⸗ wirtſchaftlichen Betriebe, wenigſtens ſoweit die Ver⸗ ſicherungsgeſellſchaften in Frage kommen, Stellung ge⸗ nommen und ſich ohne weiteres auf die Seite der öffentlichrechtlichen Unternehmungen gelegt hat. Hierin liegt eine gewiſſe Tendenz. Ob der Spar⸗ kaſſentag bewußt in dieſe Tendenz hineingeſteuert iſt oder wie ſonſt, entzieht ſich meiner Kenntnis. Viel⸗ leicht werden wir hierüber etwas hören. Ein Bericht iſt mir bisher noch nicht zur Kenntnis gekommen. Da⸗ gegen hat der geſchäftsführende Vorſitzende des Spar⸗ kaſſenverbandes, Herr Juſtizrat Götting, im Reichstag eine Rede gehalten, in der die öffentlichrechtliche Ver⸗ ſicherungsgeſellſchaft höher geſtellt wird als die privat⸗ wirtſchaftliche Geſellſchaft. Heute iſt es die Verſiche⸗ rungsgeſellſchaft — morgen kommen vielleicht andere Betriebe an die Reihe. Staatsſozialismus machen wir nicht mit. Die privaten Lebensverſicherungsgeſellſchaften ſind nicht minderwertig, ſie zeigen alle Tage, was ſie zu leiſten imſtande ſind. (Sehr richtig!)