122 Dagegen ſollen die öffentlichrechtlichen Verſicherungs⸗ unternehmungen erſt einmal die Wechſel einlöſen, die auf die Zukunft gezogen ſind. Ob ſie das können wer⸗ den, darüber können die Anſichten jedenfalls weit aus⸗ einandergehen. Alſo ich faſſe meine Anſicht dahin zuſammen, daß es bedauerlich iſt, daß ſich der preußiſche Sparkaſſentag in dem Sinne ausgeſprochen hat. Aber wir ſind ja hier nicht als der höhere Richter des Sparkaſſentages verſammelt, wir haben hierüber nicht zu Gericht zu ſitzen. Uns intereſſiert hier die Sparkaſſe der Stadt Charlottenburg, und wir werden ja vom Magiſtrat hören, wie er darüber denkt. Ich hoffe, daß mit dieſer Anfrage die Angelegenheit auch ſchon ihre Erlediaung gefunden haben wird. Ich wiederhole aber die Be⸗ merkung von vorhin: auch dann ſchadet dieſe Erörte⸗ rung nichts; es handelt ſich um einen Vorgang, der zeigt, daß man in Zukunft gut tun wird, agrariſchen Bewerbungen gegenüber eine gewiſſe Vorſicht walten zu laſſen. (Lebhafter Beifall.) Stadtrat und Kämmerer Scholtz: Meine Herren! Eine ſachliche Erklärung vermag ich auf die Anfrage des Herrn Stadtv. Dr Crüger nicht abzugeben; denn weder der Vorſtand der ſtädtiſchen Sparkaſſe Char⸗ lottenburg noch der Magiſtrat der Stadt Charlotten⸗ burg haben ſich bisher mit dieſer Frage befaßt. Wir haben dazu umſo weniger Veranlaſſung gehabt, als auch, wie mir bekannt iſt, ein Beſchluß des Vor⸗ ſtandes des Brandenburgiſchen Sparkaſſenverbandes, alſo desjenigen Unterverbandes, der zunächſt für uns in Frage kommt, noch nicht gefaßt iſt. Dieſer Ver⸗ band hat zwar die Frage ſchon einmal beraten, aber einen definitiven Beſchluß nicht gefaßt. Wir nehmen alſo ſowohl bei der Sparkaſſe Charlottenburg wie auch im Magiſtrat eine völlig abwartende Haltung in dieſer Frage ein. (Auf Antrag des Stadtv. Dr Crüger, der ge⸗ nügend unterſtützt wird, erfolgt die Beſprechung der Anfrage.) Stadtv. Neumann: Meine Herren! Wenn der Herr Kollege Dr Crüger nicht den Antrag geſtellt hätte, dieſe Anfrage zu beſprechen, ſo hätte ich es getan, und zwar auf Grund der Antwort, die ſoeben ſeitens des Magiſtratsmitgliedes gegeben worden iſt. Der Herr Kämmerer hat geſagt, man nehme in dieſer Frage nur eine abwartende Haltung ein. Da iſt es vielleicht ganz gut, wenn Magiſtrat und Sparkaſſe hören, was die Majorität der Stadtverordnetenverſammlung in dieſer Angelegenheit meint. Aus dieſem Grunde halten wir es für richtig, daß wir dieſe Angelegenheit hier be⸗ ſprechen, nachdem einmal die Anfrage des Herrn Dr Crüger geſtellt iſt, wofür wir dem Antragſteller nur dankbar ſein können. Meine Herren, man muß ſich das Abkommen, das die Sparkaſſen mit der öffentlichen Lebensverſicherung treffen wollen, nur näher anſehen, um zu wiſſen, was für eine enge Verbindung zwiſchen dieſen beiden In⸗ ſtituten geſchaffen werden ſoll: man verſchreibt ſich ja gleichſam gegenſeitig mit Haut und Haaren. Eine Sparkaſſe iſt ein Inſtitut, das in erſter Linie Anſpruch auf Vertrauen erheben muß, und wenn ſie eine beſtimmte Gruppe von Verſicherungsgeſellſchaften empfiehlt, ſo läßt ſich annehmen, daß ſie auch bei den⸗ jenigen Leuten, die an dieſer Sparkaſſe intereſſiert ſind, ein ſtarkes Vertrauen für ihre ten und Meinun⸗ gen finden wird. Sitzung vom 11. März 1914 Da muß man ſich zunächſt fragen: was ſtellt genn überhaupt eine Lebensverſicherung dar? Di⸗ Lebensverſicherung iſt ein Geſchäft, das ich heute ein⸗ gehe und das erſt nach 25 oder 30 Jahren oder mit meinem Tode perfekt wird. Da ſpielt natürlich der Gegenkontrahent, mit dem ich das Geſchäft machen will, eine ſehr große Rolle, und wenn ſich eine Spar⸗ kaſſe findet, die mir dieſen Kontrahenten warm emp⸗ ſiehlt, ſo beſteht die große Gefahr, daß der andere, der die Empfehlung bekommt, willig und kritiklos folgt. Wir könnten heute — das hat Herr Dr Crüger mit Recht ausgeführt — abſolut nicht überſehen, wie ſich die öffentlichrechtlichen Lebensverſicherungs⸗ anſtalten entwickeln werden. Wenn ſie ſich gut ent⸗ wickeln und gegenüber den privaten Verſicherungs⸗ geſellſchaften eine gewiſſe Konkurrenz darſtellen, ſo habe ich von meinem Standpunkte aus hiergegen nichts einzuwenden. Aber ein Urteil nach der Rich⸗ tung hin kann man nach Lage der Sache heute unter keinen Umſtänden fällen, und als Städter kann ich mich von vornherein nicht für eine Anſtalt erklären, die ihren Boden und ihr Fundament im Agrariertum gefunden hat und in erſter Linie doch auch deſſen In⸗ ſtitutionen nützen will. Aus dieſen Gründen würde ich mich ſtrikt da⸗ gegen ausſprechen, daß unſere ſtädtiſche Sparkaſſe und unſer Magiſtrat irgendeine Verbindung nach dieſer Richtung hin mit den öffentlichrechtlichen Verſiche⸗ rungsanſtalten eingehen. Ich würde mich auch ebenſo dagegen ausſprechen, wenn er ſich mit irgendeiner anderen Verſicherungsgeſellſchaft in gleichem Sinne verbrüdern würde. Es kann niemals Sache der Spar⸗ kaſſe ſein, derartige einzelne Inſtitute zu empfehlen. Wohl kann die Sparkaſſe auf Grund ihres ganzen Aufbaus die Lebensverſicherung als ſolche ganz all⸗ gemein empfehlen; aber nie und nimmermehr hat ſich die Sparkaſſe zu m Agenten einer ganz be⸗ ſt i mmten Gruppe von Verſicherungs⸗ geſell ſchaften zu machen. Aus dieſen Gründen habe ich namens meiner Freunde zu erklären, daß wir für eine derartige Ver⸗ bindung nie und nimmermehr zu haben ſein würden. Stadtv. Dr. Crüger: Nur eine ganz kurze Be⸗ merkung. Mir lag bei der Beſprechung auch nur daran — ich glaube, das für meine Fraktion aus⸗ ſprechen zu dürfen, die vollſtändig geſchloſſen hinter der Anfrage ſteht —, daß, wenn die Sache in dem Sparkaſſenvorſtand und etwa im Magiſtrat zur Er⸗ örterung kommt, man weiß, wie die Stadtverordneten⸗ verſammlung darüber denkt. Ich möchte auch noch einen kleinen Schritt weiter gehen und würde es lebhaft begrüßen, wenn die Stadt Charlottenburg auch im Brandenburgiſchen Sparkaſſentag in der gleichen Richtung wirken würde. Zur Sache ſelbſt habe ich weiter nichts hinzu⸗ zufügen, da ja der Magiſtrat gegen meine Ausfüh⸗ rungen nicht Stellung genommen hat. Ich muß alſo abwarten, ob es noch geſchieht. Sollte es nicht ge⸗ ſchehen, ſo würde ich umſo eher annehmen dürfen, daß die Behandlung der Frage in der Stadtverordneten⸗ verſammlung nicht ganz ohne Eindruck auf den Ma⸗ giſtrat geweſen iſt. Stadtv. Dr Borchardt: Meine Herren! Nach den Ausführungen ſpeziell des Herrn Kollegen Neumann könnte es ſcheinen, als ob bei dem zwiſchen Sparkaſſen und öffentlichrechtlichen Lebensverſicherungsanſtalten geplanten Abkommen die Sparkaſſen direkte Agenten