124 Punkt 15 der Tagesordnung: Anfrage der Stadtv. Ahrens und Gen. betr. Pflaſter⸗ 7 arbeiten. — Druckſache 46. Die Anfrage lautet: Beabſichtigt der Magiſtrat, Pflaſter⸗ arbeiten in eigener Regie auszuführen und iſt es richtig, daß der zu zahlende Lohn hinter den im Steinſetzergewerbe vereinbarten Tarifſätzen zurückoleibt? Frageſteller Stadtv. Scharnberg: Meine Herren! Anfang Februar erfuhren wir durch Zeitungsnotizen, daß der Magiſtrat beabſichtige, Notſtandsarbeiten vornehmen zu laſſen, und zwar Bürgerſteige zu regu⸗ lieren. Um dieſe Arbeiten beginnen zu können, wandte er ſich an den Arbeitsnachweis unſerer Stadt und verlangte 10 Steinſetzer und Rammer. Dieſen wurde bei ihrer Einſtellung erklärt, daß es ſich nicht um Berufsarbeiten, ſondern um Arbeiten handle, die jeder ſonſt auch verrichten könnte. Als ſie dann nach dem Bauamt kamen, ſahen ſie, daß es ſich um beruf⸗ liche Arbeiten handelte. Es wurde ihnen nun zuge⸗ mutet, daß ſie für einen Stundenlohn von 58 reſp. 48 § arbeiten ſollten, während der tarifmäßige Lohn 85 und 65 § beträgt. Unter dieſen Umſtänden wei⸗ gerten ſie ſich, die Arbeiten auszuführen. Ich möchte hier gleich einſchalten, daß ſich die Steinſetzer augenblicklich in Verhandlungen über den Abſchluß eines neuen Lohntarifs befinden. Der alte iſt am 31. März 1913 abgelaufen; eine Er⸗ neuerung hat noch nicht ſtattgefunden. Die Leute glaubten deshalb, daß ſie ſich etwas vergeben würden, wenn ſie die Arbeiten übernähmen. Ich komme dar⸗ auf noch näher zurück. Darauf wandten ſie ſich an ihre Organiſation hier am Ort, und dieſe wählte drei Leute, die beim Herrn Oberbürgermeiſter vorſtellig werden ſollten. Der Herr Oberbürgermeiſter iſt wohl anderweitig beſchäftigt geweſen, er war nicht zu ſprechen; Herr Baurat Bredtſchneider war ſo liebens⸗ würdig und hielt mit den dreien eine Konferenz. Sie ſtellten dem Herrn Baurat dar, wie die Sache läge, daß es unmöglich wäre, daß ſie die Arbeit unter dieſen Umſtänden für den gebotenen Lohn aufnehmen könnten, der tarifmäßige Lohn wäre ſo und ſo, ſie würden ſich bei ihren Kollegen Unannehmlichkeiten bereiten. Dar⸗ auf erklärte der Herr Baurat, daß dieſe Notſtands⸗ arbeiten auch nicht für gelernte Arbeiter, Stein⸗ ſetzer, Maurer und Zimmerer uſw., in Ausſicht ge⸗ nommen wären, ſondern nur für Arbeiter, die wirk⸗ lich in Not geraten ſind. Für gelernte Arbeiter wäre ein Lohn von 58 § im Bauamt vorgeſehen, und dar⸗ über könnten ſie nicht hinausgehen. Gleichzeitig ſoll der Herr Stadtbaurat geſagt haben, wer für dieſe angebotenen 58 § Stundenlohn die Arbeit nicht auf⸗ nehmen könne, befinde ſich auch ſeiner Anſicht nach nicht in Not. Wenn es wahr iſt, daß der Herr Bau⸗ rat das geſagt hat, was ich nicht annehme, ſo iſt das doch wohl nicht die Anſicht des geſamten Magiſtrats. Die drei Leute machten den Herrn Baurat noch wei⸗ ter darauf aufmerkſam, daß ſie an ſich ſelbſt und auch gegenüber den Unternehmern ein Vergehen begehen würden, wenn ſie zu dem ihnen zugemuteten Lohn von 58 § arbeiten würden. Sie müßten deswegen die Arbeit niederlegen. Wir fragen nun an, ob ſich der Vorgang wirklich ſo zugetragen hat. 29 22 Sitziuig vom 11. Märg 1914 Stadtbaurat Bredtſchneider: Meine Herren! Wir haben, wie Ihnen bekannt iſt, im Laufe dieſes Winters zur Linderung der Arbeitsnot zweierlei Ar⸗ ten von Arbeiten ausgeführt. Erſtens haben wir ſolche Arbeiten, für welche etatsmäßige Mittel zur Verfü⸗ gung ſtanden, vorweggenommen, wir haben alſo Ar⸗ beiten, die ſonſt im nächſten Sommer auszuführen geweſen wären, auf den Winter verlegt, um mehr Ar⸗ beitsgelegenheit zu ſchaffen. Wir haben auf dieſem Gebiet, wie ich bemerken möchte, nach meiner Auf⸗ faſſung viel Gutes geſtiftet. Zweitens haben wir noch Arbeiten vornehmen laſſen, die ich als eigentliche Not⸗ ſtandsarbeiten bezeichnen möchte, für die die Stadtver⸗ ordnetenverſammlung auf den Antrag des Magiſtrats außergewöhnliche Mittel bewilligt hatte. Das ſind Ar⸗ beiten, die wir ſonſt nicht ausgeführt haben würden, die lediglich dazu dienten, die Not zu mildern. Es war beabſichtigt, für die Ausführung dieſer Arbeiten die eigentlichen Arbeitsloſen, die keine Arbeit finden konnten, zu beſchäftigen. Wir haben ſolche eigentlichen Notſtandsarbeiten nicht allein in der Tiefbauverwal⸗ tung, ſondern auch in anderen Verwaltungen ausge⸗ führt und haben hierbei ſogar Mindererwerbsfähige beſchäftigt gegen einen verminderten Lohn. Zu dieſen Arbeiten, für die die Stadtverordnetenverſammlung beſondere Mittel genehmigt hat, gehörten auch Ar⸗ beiten, die ſich auf die Verbeſſerung oder Verſchöne⸗ rung von Bürgerſteigen bezogen. Dieſe Arbeiten waren ausſchließlich den Arbeitsloſen vorbehalten, ſie ſollten unter Ausſchaltung von Unternehmern in eigenem Be⸗ trieb der Stadtgemeinde ausgeführt werden. Als wir mit dieſen Arbeiten beginnen wollten und hierzu vom Arbeitsamt einige Steinſetzgeſellen anforderten, erklär⸗ ten dieſe, ſie könnten für den für Steinſetzer vom Magiſtrat ſeſtgeſetzten Lohn von 58 Pf. die Stunde nicht arbeiten. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Den Grund haben ſie nicht angegeben, ich habe ihn erſt nachher von der Kommiſſion, die bei mir war, und über die der Herr Stadtv. Scharnberg Mitteilung machte, erfahren. Die Arbeiter verlangten 85 Pf. für die Stunde. Das iſt derjenige Betrag, der in dem zurzeit gelten⸗ den Tarifvertrage zwiſchen den Arbeitgebern und Ar⸗ beitnehmern vereinbart worden iſt, und ich habe über⸗ legt, ob es möglich iſt, dieſen Lohn zu bewilligen. Die Ueberlegung mußte zur Ablehnung führen, und zwar aus folgendem Grunde. Wir geben unſeren Stadt⸗ arbeitern einen Lohn nach einer Skala, die von der Stadtverordnetenverſammlung gut geheißen iſt. Da⸗ nach erhalten beruflich vorgebildete Arbeiter — unter dieſe Kategorie fallen die Steinſetzgeſellen — pro Monat 125 ℳ. Es iſt ferner verfügt worden, daß beruflich vorgebildete Arbeiter, die vorübergehend an⸗ genommen werden, nicht mehr bekommen dürfen als die beruflich vorgebildeten Stadtarbeiter, in Stunden⸗ lohn umgerechnet. Daraus folgt, daß wir nicht in der Lage ſind, den Steinſetzern mehr zu bezahlen als pro Stunde ſo viel, wie, auf den Monat gerechnet, 125 ℳ ausmachen. Wenn Sie gefälligſt umrechnen wollen, ſo kommen Sie auf 58 Pf. die Stunde. An dieſe Marſchroute ſind wir gebunden, mehr konnten wir nach den vorhandenen Beſtimmungen nicht bewilligen. Dazu kam noch ein zweiter Grund. Der Ar⸗ beitsnachweis, der doch darüber zu wachen hat, daß die bewilligten Mittel ſorgfältig verwaltet und zweckent⸗ ſprechend verausgabt werden, legt Wert darauf, daß für die bewilligten Mittel ſoviel wie möglich Arbeiter