146 den großen Feſten, ca. 30 000 ℳ pro Tag umgeſetzt; im Sommer dagegen ſind die Umfätze recht minimal. Ueber 2 Millionen Mark Umſatz kommt man nicht hinaus bei ca. 100 Markttagen im Jahr. Wenn wir die Hausfrauen hier in der Verſammlung hätten das Vertrauen habe ich zu ihnen, ſie ſind nicht ſo eng⸗ herzig —, ſo würden ſie, wenn ſie wüßten, was auf der andern Seite für enorme Werte auf dem Spiele ſtehen, gern bereit ſein, auf die Bequemlich⸗ keit, auf dem Wittenbergplatz zu kaufen, zu ver⸗ zichten. Ich ſchließe mich dem Antrage an, die Vorlage einem Ausſchuß von 15 Mitgliedern zu überweiſen. Stadtv. Dr. Genzmer: Meine Herren! Meine Freunde wollten auch den Antrag ſtellen, die Vorlage an einen Ausſchuß von 15 Mitgliedern zu verweiſen. Im weſentlichen ſtehen wir auf dem Standpunkt, den Herr Kollege Bergmann entwickelt har und der im vorigen Jahre auf unſerer Seite von dem Herrn Kol⸗ legen Wenzke klargelegt worden iſt. Ich will Sie nicht damit aufhalten, daß ich alles das noch einmal wiederhole, was der Herr Kollege Bergmann geſagt hat; auch nicht damit aufhalten, daß ich eine Reihe der Erwägungen des Herrn Kollegen Dunck hier noch⸗ mals unter die kritiſche Lupe nehme. Es würde ſich dabei ein anderes Reſultat ergeben, als bei ihm her⸗ ausgekommen iſt. (Sehr richtig!) Ich möchte hier nur eine etwas neue Betrachtung an⸗ ſtellen und die Frage des Marktes losgelöſt vom Wit⸗ tenbergplatz erörtern. Meine Herren, meine geſamte Fraktion und ich ſtehen noch auf dem Standpunkt, daß ein offner Markt in dieſem Stadtteil eine Notwendigkeit iſt. (Sehr richtig!) Laſſen Sie den Markt eingehen, ſo werden ſich alle die Schädigungen, von denen Herr Kollege Dunck eben in anderm Sinne geſprochen hat, in dreifacher, ja in zehnfacher Weiſe bemerkbar machen. (Sehr richtig!) Der Strom der Leute, der aus dieſer Gegend wegzieht, wird ſich dann in hohem Maße verſtärken. Ich habe durch meinen Beruf viel Gelegenheit, in Familien zu kommen, und ſeit Monaten, ſeitdem man munkelt, daß der Markt eingehen ſoll, werde ich gefragt: wie iſt das möglich; das müſſen Sie verhindern. Im Publikum traut man mir zu, daß ich das verhindern kann; ich habe ſo viel Selbſtvertrauen zu mir nicht, daß ich das kann. Der Groll wächſt bereits wieder, und viele Leute kündigen und ziehen nach Wilmersdorf und Schöneberg, weil ſie ſich ſagen: hier in Charlottenburg bleiben wir nicht, die Lebensverhältniſſe ſind zu teuer. Auf dem Wittenbergplatz ſind zwar, wie Herr Kollege Dunck hervorgehoben hat und wie ich auch beſtätigen kann, die Preiſe teurer als auf dem Winter⸗ feldplatz; wenn aber die Begründung der Vorlage des Magiſtrats anführt, es könne damit nicht ſo ſchlimim ſein, denn man könne auf anderen Plätzen billiger kaufen, ſo verſtehe ich das nicht. Wir können doch nicht nach dem Küſtriner Platz fahren, um dort einzu⸗ kaufen, auch nicht nach dem Wilhelmsplatz, auch nicht einmal nach dem Winterfeldplatz können unſere Köchinnen und Hausfrauen gehen, um von dort aus Sitzung vom 8. April 1914 den gefüllten Marktkorb nach Hauſe zu ſchleppen. Wir brauchen in dieſem Stadtteil einen Markt, wenn anders es überhaupt möglich iſt, einen ſolchen zu errichten. Das haben wir bereits im vorigen Jahre durch unſere Reſolution ausgedrückt. Obwohl hier geſagt worden iſt, daß die Diskuſſion über die Wichtigkeit des Marktes überhaupt nicht hier⸗ her gehöre, ſo muß ich doch um die Erlaubnis bitten, die Frage noch einmal zu erörtern, da ſie ja auch von anderen Rednern berührt worden iſt. Denn ich bin feſt überzeugt, daß ſie unbedingt hierher gehört; und es wäre eine grobe Nachläſſigkeit von uns, wenn wir ſie nicht berückſichtigen würden. Wenn zwei entgegen⸗ ſtehende Intereſſen vorhanden ſind, ſo muß man ſie genau betrachten und gegeneinander abwägen. Man kann nicht ſagen: es iſt auch ein anderes Intereſſe da, ich ſpreche nur von dem andern Intereſſe, dieſes eine ſcheide ich aus. Einen ſolchen Standpunkt verſtehe ich nicht. Meine Herren, der Platz iſt jetzt dazu beſtimmt, ein Verkehrszentrum erſten Ranges zu werden. Ich lebe ſeit über 17 Jahren ganz in der Nähe des Platzes und darf für mich in Anſpruch nehmen, die Verhält⸗ niſſe dort zu kennen. Aber ſo arg, wie hier die Ver⸗ kehrsſtörungen geſchildert worden ſind, iſt es nicht ent⸗ fernt, wie ich das aus langjähriger eigener Anſchau⸗ ung verſichern kann. (Lebhafte Zuſtimmung.) Der ſtädtiſche Apparat arbeitet hier mit großer Erakt⸗ heit. Um 1 Uhr iſt der Markt zu Ende, und um 2 Uhr iſt der Platz ſauber und gewaſchen. Allerdings kommt es dabei gelegentlich vor, daß einmal ein Wagen eine halbe oder ganze Minute länger an dieſer Stelle verzögert wird, weil gerade ein Marktwagen umkehrt, der, mit Vorräten beladen, abfährt. Das iſt ein Not⸗ ſtand, der aber wahrlich im Vergleich zu dem gering iſt, was die Haushalte dieſes Stadtteils bedroht, wenn Sie den Markt in jener Gegend nicht belaſſen. Es bedeutet, wie Herr Kollege Jaſtrow im vorigen Jahre geſagt hat, die Aufhebung des Marktes in dieſem Stadtteil eine Extrabeſteuerung der Einwohnerſchaft dieſer Gegend, die Sie hierbei berückſichtigen wollen. Es iſt ja ſo, daß der Wittenbergplatz ein wenig teurer iſt als der Winterfeldplatz; es beſteht aber nicht der gerinaſte Zweifel für den, der damit Beſcheid weiß, darüber, daß überall in der Gegend in den Geſchäften die Preiſe höher ſind als auf dem Wittenbergplatz, und jede verſtändige Hausfrau weiß ganz genau, an welchen Ständen die Waren auf dem Platz mindeſtens ebenſo gut und billiger gekauft werden können als in den Läden. Sie können doch nicht annehmen, daß nun die Frauen zu ihren Männern gehen und ſagen⸗ ſie brauchten für die Beſtreitung des Haushalts nun ſo und ſo viel Mark mehr. Die Familien, die nicht mehr bezahlen können, ziehen einfach weg, und es werden das auch Leute ſein, die 4 bis 6 Zimmer und mehr bewohnen. Ich komme jetzt noch auf einen neuen Punkt. Wir haben vor einem Jahre dem Magiſtrat vorgeſchla⸗ gen, er möchte doch an den Gedanken herantreten, einen Markt auf dem Gebiete des Gaſometergrund⸗ ſtücks zwiſchen Augsburger Straße und Gei ſtraße einzurichten. Ich bin erſtaunt, daß ſich in dieſer Vor⸗ lage, obwohl uns damals geſagt wurde: ja, der Ge⸗ danke iſt ſehr beherzigenswert, wir wollen ihm einmal näher treten, auch nicht die leiſeſte Anſpielung darauf findet, wie denn nun die Verhandlungen, dort einen